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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 01 - Blutzoll
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sie
gemindert, aber nicht genug. Er unterdrückte einen Schrei, wirbelte herum und
schlug mit der Handfläche gegen die Kunststoffwand. Der Schlag hallte wie ein
Schuß in dem abgeschlossenen Raum, und Henry starrte auf das Muster an
Sprüngen, das sich unter seiner Hand gebildet hatte. Seine Handfläche
schmerzte, aber die Gewalt schien der Unruhe die Spitze genommen zu haben.

Niemand wartete in der Eingangshalle, um nach der
Ursache des Lärms zu forschen, und Henry verließ das Gebäude fast unbekümmert.
    Es war kalt. Er zog seinen Schal ein wenig enger um
den Hals und schlug den Mantelkragen hoch. Seine Natur machte ihn weniger empfindlich
gegen Witterungseinflüsse als die meisten Menschen, aber er mochte es trotzdem
nicht, wenn ihm ein kalter Wind den Rücken hinunterwehte. Der Saum seines
Ledertrenchcoats flatterte um seine Beine, als er den kurzen Block bis zur
Bloor hinunterlief, sich nach Osten wandte und heimging.
    Obwohl es fast ein Uhr an einem Donnerstagmorgen
war und der Frühling beschlossen zu haben schien, in diesem Jahr sehr spät zu
erscheinen, waren die Straßen noch nicht leer. Der Verkehr floß immer noch
beständig entlang der Ost-West-Achse der Stadt, und je näher Henry der Kreuzung
von Yonge und Bloor kam, der Hauptkreuzung der Stadt, an desto mehr Leuten kam
er auf dem Bürgersteig vorbei. Das war eines der Dinge, die er am meisten an
diesem Stadtteil mochte: die Tatsache, daß er niemals wirklich schlief, und das
war auch der Grund, warum er sein Heim so nah wie möglich daran hatte. Zwei
Blocks hinter Yonge bog er in eine Ringstraße ein und folgte der Kurve bis zur
Tür seines Anwesens.
    Im Laufe seiner Existenz hatte er in Burgen aller
Art, einer großen Zahl privater Landsitze und sogar ein oder zwei Grüften
gelebt, als die Zeiten schlecht waren, aber es war schon Jahrhunderte her, seit
er ein Heim gehabt hatte, das ihm so gut gefiel wie die Eigentumswohnung im
Herzen Torontos.
    „Guten Abend, Mr. Fitzroy."
    „Guten Abend, Greg. Irgend etwas los?"
    Der Wachmann lächelte und griff nach dem Türöffner.
„Grabesruhe, Sir."
    Henry Fitzroy hob eine rotgoldene Augenbraue, aber
wartete, bis die Tür geöffnet war und der Summer seine elektronischen Blähungen
beendet hatte, ehe er fragte: „Und woher wollen Sie das wissen, Greg?"
    Greg grinste. „Ich war Wachmann auf dem Mount
Pleasant-Friedhof."
    Henry schüttelte den Kopf und lächelte auch. „Ich
hätte mir denken können, daß Sie eine Antwort parat haben würden."
    „Jawohl, Sir, das hätten Sie wohl. Gute Nacht,
Sir."
    Die schwere Glastür schloß jede weitere
Unterhaltung aus, und als Greg daher seine Zeitung nahm, winkte Henry ihm einen
stummen Gruß

zu und ging zu den Aufzügen. Dann blieb er stehen
und drehte sich um, blickte auf das Glas.
    „VAMPIR SUCHT STADT HEIM."
    Greg, der beim Lesen die Lippen bewegte, legte die
Zeitung auf den Schreibtisch und verdeckte die Schlagzeile.
    Henry, dessen Welt sich auf vier Worte reduziert
hatte, schob die Tür auf.
    „Haben Sie etwas vergessen, Mr. Fitzroy?"
    „Ihre Zeitung. Lassen Sie mich mal sehen."
    Erschrocken, aber dem Befehl gehorchend schob Greg die
Zeitung nach vorn, bis Henry sie ihm entriß.
    .VAMPIR SUCHT STADT HEIM."
    Langsam, ohne hastige Bewegungen, schob Greg seinen
Stuhl zurück, um so viel Abstand wie möglich zwischen sich und den Mann auf der
anderen Seite seines Schreibtischs zu bringen. Er war sich nicht sicher warum,
aber in dreiundsechzig Jahren und zwei Kriegen hatte er nie zuvor einen
Gesichtsaudruck gesehen, wie Henry Fitzroy ihn jetzt hatte. Und er hoffte, daß
er ihn auch nie wieder sehen würde, denn der Zorn war mehr als menschlicher
Zorn, und der Schrecken, den er erzeugte, war mehr, als ein menschlicher Geist
ertragen konnte.
    Bitte, Gott, laß es ihn nicht an mir auslassen...
    Die Minuten dehnten sich, und Papier zerriß unter
sich verkrampfenden Fingern.
    „Mr. Fitzroy... "
    Haselnußbraune Augen, wie gefrorener Rauch, hoben
sich von der Lektüre. Von ihrer Intensität gefangen, mußte der zitternde
Wachmann erst ein-, zweimal schlucken, bevor er weitersprechen konnte.
    „... Sie können die Zeitung behalten."
    Die Angst in Gregs Stimme drang durch seine Wut.
Angst barg Gefahr. Henry fand die sorgfältig konstruierte zivilisierte
Fassade, die er über dem Raubtier trug, und zwang sich, sie wieder zur Schau zu
stellen. „Ich hasse solche Sensationsmache!" Er klatschte die Zeitung auf
den Schreibtisch.
    Greg zuckte zusammen, und sein Stuhl
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