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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)
Autoren: Mark Twain
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Nöten
    Der Doktor war ein freundlicher, gutmütig aussehender, alter Mann, den ich natürlich erst aus seinem besten Schlaf wecken mußte. Ich erzählte ihm, wie ich und mein Bruder gestern zusammen ausgezogen waren zum Jagen nach Spanish Island und wie wir dort die Nacht auf einem gefundenen Stück Floß kampierten und daß mein Bruder wahrscheinlich um Mitternacht einen bösen Traum gehabt haben müsse, denn sein Gewehr sei losgegangen und habe ihn ins Bein geschossen und er möge doch mitkommen und nachsehen, was sich tun ließe, aber ja nichts verraten, denn wir wollten am Abend wieder heim und unsere Leute überraschen.
    »Wer sind denn eure Leute?«
    »Ei, die Phelps' drunten auf der Mühle.«
    »So, so«, macht er, und nach einer Minute fragt er: »Wie hast du gesagt, daß er den Schuß kriegte?«
    »Er hat geträumt, und da ging das Gewehr los.«
    »Sonderbarer Traum!« brummt er.
    Dann zündete er sich eine Laterne an, nahm seinen Messerbeutel, und wir machten uns auf den Weg. Als er aber das Boot sah, traute er ihm nicht recht und sagte, das sei wohl genügend für einen, aber nicht für zwei.
    Platz' ich los: »Ach, Sie brauchen keine Angst zu haben, wir sind da drin zu dritt gefahren und ganz bequem.«
    »Zu dritt? Wer war denn der dritte?«
    »Ei, ich und Sid und – und – und die Gewehre; hab' mich eben versprochen.«
    »Ah, so?« war alles, was er sagte.
    Er setzte seinen Fuß auf die Bank und wiegte das Boot hin und her und probierte, wie fest es sei, und meinte dann, er wolle sich doch lieber nach einem größeren umsehen. Die waren aber alle angekettet, und so stieg er allein ins Boot und meinte, ich könne ja warten, bis er wiederkäme, oder am Ufer nebenher laufen; das beste sei, ich würde heimgehen und meine Leute auf die Nachricht vorbereiten. Das aber wollte ich nicht und sagt's ihm auch und sagt' ihm dann noch, wie er das Floß finden könne, und er stieß ab.
    Mir ging ein Licht auf. Sag' ich zu mir selbst: Wenn der nun mit dem Bein doch nicht so im Handumdrehen fertig wird? Wenn er am Ende drei oder vier Tage braucht, was dann? – Dort bleiben und warten, bis er die Katze aus dem Sack läßt? Nein, Herr Doktor, ich weiß, was ich zu tun habe, Sie sollen's schon erfahren! Ich bleib' hier und warte, bis er zurückkommt, und wenn er dann sagt, er müsse bald wieder nachsehen, dann paß' ich auf und gehe mit, und wenn ich schwimmen muß; dann nehmen wir ihn fest, binden ihn, treiben den Fluß hinunter und geben ihn erst frei, wenn er mit Tom fertig ist. Wir belohnen ihn dann königlich, das heißt, wir geben ihm, was wir haben, und rudern ihn dann ans Ufer. Man sieht, ich hatte doch ein wenig von Toms Unterricht profitiert und war stolz darauf!
    Einstweilen kroch ich nun bei einem alten Holzhaufen unter und muß fest eingeschlafen sein, denn wie ich die Augen wieder aufmache, ist's heller Tag, und die Sonne brennt mir auf den Schädel. Vom Doktor war weit und breit nichts zu sehen. So renn' ich denn zu seinem Haus und höre, daß er in der Nacht gerufen worden und seitdem nicht wieder heimgekommen sei. Armer Tom, denk' ich, da sieht's bös aus, und setz' mich wieder in Trab, und wie ich um die nächste Ecke biege, renn' ich mit dem Kopf beinah auf Onkel Silas' Magen.
    Er ruft: »Junge, Tom, wo habt ihr denn gesteckt all die Zeit, Bengel, he?«
    »Ich – ich hab' gar nicht gesteckt«, stotter' ich, »Sid und ich sind nur immer hinter dem durchgebrannten Nigger hergewesen.«
    »Ja, aber wo denn in aller Welt, wo habt ihr ihn denn gesucht? Eure Tante ist in schöner Angst und Aufregung euretwegen!«
    »Das braucht sie gar nicht zu sein«, sag' ich, »uns ist nichts passiert. Wir liefen hinter den Männern und den Hunden drein, konnten aber nicht Schritt halten und verloren sie. Dann dachten wir, wir hörten sie auf dem Wasser, nahmen das Boot und setzten hinter ihnen her, ruderten hierhin und dorthin, konnten sie aber gar nicht finden. Wir aber immer weiter am Ufer hin, bis wir müde und schläfrig waren, und dann legten wir an, banden das Boot fest und legten uns selbst aufs Ohr und wachten erst vor einer Stunde wieder auf. Da dachten wir, wir wollten zur Stadt rudern, um zu hören, wie's gegangen sei, und nun ist Sid zur Post, um zu sehen, ob er nichts erfahren könne, und ich wollte eben sehen, ob sich was zu essen auftreiben ließe, und dann wären wir heimgekommen.«
    Wir gingen also zur Post, um nach Sid zu sehen, aber der war natürlich nicht dort. Der Alte bekam einen Brief
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