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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues
Autoren: Petra Gabriel
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sie? Vielleicht lag es an der Brille mit den
dicken Gläsern, die seine Augen vergrößerten und ihm das Aussehen eines ewig
erstaunten Jungen gaben, obwohl er schon eine ganze Weile jenseits der vierzig
war. Unwillkürlich fuhr sie sich durch die Haare. Sie fühlten sich an wie ein
Pelz. Seit ihrem letzten Mordfall und dem Besuch in Berlin trug sie sie in
Streichholzlänge. Mit hellen Strähnchen. Wegen der »Lichter« im Naturmausblond,
wie es die Friseurin neulich freundlich formuliert hatte. Bevor sie ihr eine
Rechnung von rund fünfzig Euro präsentierte.
    »Aber was hat Frau Terheyde denn damit zu tun?«, mischte sich Tanja
ein. Linda schaute interessiert.
    Iris klappte den Mund auf, um endlich kundzutun, dass sie dringend
wegmüsse, doch Trautmann kam ihr zuvor. »Ach, hat sie das noch nicht verraten?
Da hab ich wohl was ausgeplaudert. Wir werden zusammen ein Detektivbüro
eröffnen.«
    »Ohhhh. Wie in-te-res-sant !«
Elenas Stimmlage war um eine Oktave gestiegen. »Ein Detektivbüro in Laufenburg!
Haben Sie Frau Terheyde nicht geholfen, im Kosovo
diese Leichenschänder zu schnappen? Das stand in allen Zeitungen. Ich meine,
als sie noch Kommissarin bei der Polizeidirektion Lörrach … aber wollten
Sie nicht eine Galerie aufmachen?«, fragte Elena, nun wieder an Iris gerichtet.
    Iris schielte zu Linda hinüber. Die Geschichte vom großen Traum von
der eigenen Galerie war ihre vorgeschobene Begründung für den erstaunlichen
Umstand gewesen, dass sie den Dienst bei der Kriminalpolizei quittiert hatte.
Linda durfte wie alle Außenstehenden natürlich nicht wissen, dass sie seit
vorgestern sehr unfreiwillig als verdeckte Ermittlerin arbeitete und nur
deshalb um den Job als Aushilfskraft gebeten hatte, weil Lindas Laden als die
beste Nachrichtenbörse der Umgebung bekannt war.
    »Es wird eine Galerie mit Straßen- und Internetkunst und vielleicht einer angeschlossenen Detektei«,
antwortete sie und hoffte, dass ihrer Stimme die innere Anspannung nicht
anzuhören war. Warum konnte Trautmann nicht einfach mal die Klappe halten? Dann
meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Was hatte sie da nur angerichtet! Es war
vorgestern Abend eindeutig keine gute Idee gewesen, ihren Unmut über die neue
Situation im Restaurant des Hotels »Rebstock« in Rotwein zu ersäufen.
    Als sie sich gerade so richtig leidgetan hatte, war Trautmann ins
Lokal gekommen. Sie musste sehr trostbedürftig gewirkt haben. Jedenfalls hatte
er sich zu ihr gesetzt und sich nach der Ursache ihres Kummers erkundigt. Und
sie? Nach drei Gläsern Rotwein und dem zweiten Schlehenschnaps, mit demzufolge ziemlich
viel Alkohol im Blut, hatte sie ihn nicht verprellen wollen, sondern sich
gewünscht, dass er blieb. Es war angenehm gewesen, einmal nicht allein im
Wirtshaus zu sitzen. Und gemütlicher, sich zu zweit zu betrinken, mit einem
Menschen, den man schon so lange kannte. Sie hatte es genossen, einmal, nur
einmal nicht mehr allein zu sein, keine Einzelkämpferin, sondern mit einem Mann
an ihrer Seite. Einem, an dessen Schulter sie sich ausweinen konnte. Andere
Frauen hatten so was doch auch. Was hätte sie auf seine Nachfrage hin auch
sagen sollen, außer bei der offiziellen Version zu bleiben? Dass sie nun ihren
großen Traum von der eigenen Galerie zu verwirklichen gedachte, deshalb bei der
Polizei gekündigt hatte und übergangsweise, also bis sie die angemessene
Lokalität gefunden hatte, als Aushilfe bei Linda arbeiten würde.
    Trautmann hatte sie zunächst ungläubig angeschaut und gefragt
»Stimmt das? Oder binden Sie mir einen Bären auf?«
    Iris hatte sich ertappt gefühlt. Das mochte sie nicht. »I wo, dasch
würd ich nie tun«, hatte sie mit möglichst treuherzigem Blick genuschelt.
    Er war begeistert gewesen, hatte etwas über Träume geschwurbelt,
darüber, dass man sie unbedingt verwirklichen müsse. Und ihr gleich darauf
erklärt, dass er schon lange von einer eigenen Detektei träumte. Was sie denn
davon hielte, wenn er sich ihr anschlösse? Rein räumlich natürlich. Vielleicht
mit Internetcafé? Um Miete zu sparen. Und überhaupt, ein gemeinsames Projekt,
wäre das nicht toll, bei allem, was sie schon zusammen erlebt hätten? Iris
führte es lieber auf den Rotwein zurück, dass sie rot geworden war. Er hatte
sie mit seiner Begeisterung völlig überrumpelt.
    Und sie dummes Huhn, was hatte sie in ihrer Verwirrung getan?
Anstatt ihm zu sagen, er solle sich das aus dem Kopf schlagen, hatte sie ihm in
ihrem halb benebelten Zustand zu verstehen
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