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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis
Autoren: Peter Mayle
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wütend wird, dann kann man ihm auch nicht helfen. Mr. Shaw muß die Sitzung verschieben. Wir hatten einen gräßlichen Tag. Unser Haus ist vor unseren Augen abgewrackt worden, und wir fühlen uns heute nicht so groß in Form.«
    Ernest warf Simon einen Blick zu und verdrehte die Augen, während er sich Liz’ Erwiderung anhörte. Dann unterbrach er sie.
    »Ich weiß, ich weiß. Wir werden uns morgen mit dem Kerlchen von Goodmans befassen, wenn wir wiederhergestellt sind. Gehen Sie diplomatisch vor, meine Liebe. Eine klitzekleine Notlüge. Ich weiß, daß Sie das können, wenn Sie nur wollen. Ich habe gehört, wie Sie sich mit Ihrem Verlobten unterhalten haben.«
    Bei ihrer Antwort zuckte Ernest zusammen und hielt den Hörer etwas vom Ohr weg.
    »Ihnen auch, meine Liebe. Bis morgen.«
    Dann legte er den Hörer auf, warf einen kurzen Blick auf die Teetasse vor Simon und runzelte die Stirn. Er öffnete einen Umzugskarton, nahm ein geschliffenes Glas heraus, polierte es mit dem Seidentaschentuch aus seiner Brusttasche und goß eine Riesenportion Whisky ein.
    »Hier.« Er nahm die Teetasse und stellte sie ins Spülbecken. »Ich weiß, daß wir schwere Zeiten haben, aber wir sollten uns deshalb nicht gehenlassen. Etwas Wasser?«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Ach, nur das übliche Heulen und Zähneknirschen.« Ernest zuckte die Achseln. »Offensichtlich wurde die Vorstandssitzung bereits zweimal verschoben, weshalb alle sehr aufgebracht sein werden. Vor allem Mr. Jordan. Aber wie wir wissen, braucht es ja nicht viel, daß unser Mr. Jordan aufgebracht reagiert.«
    Er hatte recht. Jordan, dessen Begabung, mit begriffsstutzigen Kunden umzugehen, nur noch von seinem ausgeprägten Sinn für Wichtigtuerei übertroffen wurde, würde gekränkt sein. Simon nahm sich vor, seinem Ego am nächsten Morgen ein paar Streicheleinheiten zu verpassen, und nahm einen Schluck Whisky. Er fühlte das Kribbeln bis in den Bauch, und ihm fiel ein, daß er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte.
    Nun, heute abend hatte er ausnahmsweise frei. Er konnte sich mit einem Buch an den Ecktisch im Connaught setzen, aber ihm war nicht danach zumute, allein essen zu gehen. Er konnte Freunde anrufen, aber ein Abendessen im Kreis von Freunden würde bedeuten, daß man immer wieder das Thema Caroline und die Scheidung umkreiste. Und wenn er mit jemandem aus der Agentur aß, würde sich das Gespräch auf den üblichen langweiligen Klatsch über Kunden, neue geschäftliche Perspektiven und die Firmenpolitik beschränken. Er sah auf den Tisch und mußte die Augen zusammenkneifen, weil die Flaschen die Sonnenstrahlen stechend wie Nadeln reflektierten. Dieses Zimmer würde ihm fehlen.
    »Ern, was tun Sie heute abend?«
    Ernest hob gerade einen Stapel Teller aus dem Schrank. Er stellte sie ab und stand nun, eine Hand an der Wange, die andere den Ellbogen stützend, in würdevoller, ein wenig theatralisch wirkender Pose da.
    »Nun ja, ich kann mich nicht so recht zwischen einem Maskenball in Wimbledon und einem Galacurry auf der Star of India entscheiden.«
    »Wie wär’s mit einem Abendessen hier in der Küche? Das haben wir noch nie gemacht, und nächste Woche ist das Haus vielleicht schon verkauft.«
    »Wie es der Zufall will«, erwiderte Ernest,«könnte ich mir heute abend eventuell frei nehmen.« Er lächelte. »Ja, das würde mir gefallen. Die Henkersmahlzeit. Was würden Sie gern essen?«
    »Ich habe noch schnell eine Flasche von dem dreiundsiebziger Petrus aus dem Keller geholt, bevor das auch noch alles verschwindet. Etwas, was dazu paßt.«
    Ernest warf einen Blick auf die Uhr. »Ich bin in einer Stunde zurück. Warum rufen Sie nicht inzwischen dieses Kerlchen von Goodmans an? Bringen Sie es hinter sich.«
    Simon hörte, wie die Eingangstür ins Schloß fiel und der große Mercedes davonbrummte, während er in sein Arbeitszimmer ging, das die Möbelpacker mit Beschlag belegt hatten und als Kantine benutzten. Das hübsche Zimmer war leer, mit Ausnahme eines Telefons auf dem Boden und Simons Aktenkoffer in der Ecke, in der bisher der Schreibtisch stand; außerdem ein umgedrehter Umzugskarton mit den Überbleibseln zahlreicher Teepausen: schmutzige Becher, ein alter elektrischer Wasserkocher, benutzte Teebeutel, eine offene Flasche Milch, eine Ausgabe der Sun und ein Aschenbecher aus Kristall — einer von zweien, die Simon bei Asprey’s gekauft hatte — , der von Zigarettenkippen überquoll. Es roch widerwärtig nach verschütteter Milch, Rauch und
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