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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis
Autoren: Peter Mayle
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aneinander.
    Jetzt kam der Kellner mit den Getränken, und Jojo wartete, bis er ins Café zurückgegangen war, bevor er weitersprach. »Neulich kommt dieser Kerl — Jean-Louis heißt er — zum chantier, und er lacht, als ob er den besten Witz seines Lebens gehört hätte. Ich arbeitete gerade auf dem Dach, und sie unterhielten sich direkt unter mir. Ich konnte also jedes Wort verstehen.«
    »War es der mit dem Pariser, dem Transvestiten und dem Briefträger?«
    Jojo zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch einem Hund an den Kopf, der unter dem Tisch nach Zuckerstückchen Ausschau hielt. »Es war zwar lustig, aber es war kein Witz. Hör zu: Sie haben gerade eben erst eine neue Alarmanlage in der Caisse d’Epargne eingebaut — elektronische Augen, Drucksensoren im Boden, Metalldetektoren an der Tür, all so’n Zeug. Eine von den großen Firmen in Lyon hat sie eingebaut. Kostet Millionen.«
    Der. General sah ihn verständnislos an. Es war immer eine Freude zu hören, daß eine Bank Millionen Francs ausgeben mußte, aber selbst bei Beerdigungen hatte er schon Dinge gehört, die ihn mehr zum Lachen gebracht hatten. »Und was war daran so lustig? Sind die Schecks der Bank geplatzt?«
    Jojo grinste und wackelte abwehrend mit dem Finger. »Noch besser. Sie haben zur größeren Sicherheit den Tresorraum — alle coffres-forts — ganz nach hinten verlegt. Fünf Zentimeter »dicke Stahlstäbe an der Tür, Dreifachschlösser...«, Jojo machte eine Pause, um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen, »... aber keine elektronischen Augen. Nicht ein einziges.«
    »Ah bon?«
    »Nein. Und warum nicht? Weil die Kunden, die an ihre Tresorfächer gehen, nicht wollen, daß sie im Büro des Filialleiters auf dem Bildschirm zu sehen sind, während sie ihr Geld zählen.«
    Der General zuckte die Achseln. »C’est normal, non?«
    »Aber das Beste dabei ist« — Jojo nippte an seinem pastis und blickte noch einmal nach rechts und links, bevor er sich vorbeugte — , »das Beste dabei ist, daß der neue Tresorraum direkt über dem alten Kanal liegt. Wirklich direkt darüber.«
    »Dem alten Kanal?«
    »Dieser Steinbogen, den wir uns gerade angesehen haben.
    Dort kommt das Wasser raus. Zwanzig, fünfundzwanzig Meter darüber, und du bist direkt unter dem Boden des Tresorraums. Ein bißchen plastique und boum! Schon bist du durch.«
    » Formidable. Und dann kannst du auf den Sensoren tanzen, bis die flics kommen.«
    Jojo schüttelte den Kopf und grinste erneut. Er amüsierte sich köstlich. »Nein, das ist das nächste, was so lustig daran ist. Es gibt keine Sensoren. Der Boden ist nicht gesichert. Sie haben gemeint, daß die Tür genügt. Jean-Louis konnte es gar nicht fassen.«
    Unbewußt zupfte der General sich am Bart, eine Angewohnheit, die, wie seine Frau meinte, sein Gesicht ein wenig schief aussehen ließ. Isle-sur-Sorgue war, das wußte er, eine reiche kleine Stadt, voller Antiquitätenhändler, die ihre Geschäfte meist in bar abwickelten. Sich ein paar Stunden ihre Tresorfächer vorzunehmen war sicher keine Zeitverschwendung. Allmählich spürte er, wie sich sein Interesse regte. Mehr als Interesse, mußte er zugeben. Es war dieser alte erregende Kitzel, den er immer dann spürte, wenn er einen Coup plante. Das war seine Stärke, das Planen. Deshalb nannten die anderen ihn General, weil er seinen Kopf zu gebrauchen wußte.
    Jojo sah ihn an wie ein Kuckuck, der auf einen Wurm wartet, die dunklen Augen glänzten in seinem hageren, braunen Gesicht. »Alors? Was meinst du?«
    »Woher sollen wir wissen, daß es stimmt? Die ganze Sache stinkt.« Er sah sich nach einem Kellner um. »Aber wir sollten auf jeden Fall noch etwas trinken.«
    Jojo lächelte. So war er, der General. Ein echter Pessimist, immer auf der Suche nach Problemen. Aber er hatte nicht nein gesagt.
    Als die Menschenmenge sich lichtete, weil alle sich zum Mittagessen auf den Heimweg machten, waren die beiden Männer noch immer in ihr Gespräch vertieft; auf dem Platz war es vollkommen still — bis auf das Schlagen der Kirchturmuhr.

3
     
     
     
     
    S imon war um halb neun im Büro. Die geschmackvollen, kühl wirkenden langen Korridore waren ruhig und leer; lediglich Palmen und Ficusbäumchen standen inzwischen in so großer Zahl herum, daß die Firma eigens einen Gärtner angestellt hatte, der sich um sie kümmerte. Es handelte sich um einen behenden jungen Mann, der Baumwollhandschuhe trug und seine Tage damit verbrachte, Blätter zu polieren. Ernest
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