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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis
Autoren: Peter Mayle
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nannte ihn den grünen Sekretär.
    Als Simon an einer offenen Tür vorbeiging, sah er einen über die erste Aktennotiz des Tages gebeugten Buchhalter, der sofort aufblickte, erfreut, daß sein Diensteifer bemerkt worden war. Simon nickte ihm einen Guten-Morgen-Gruß zu und überlegte, wie er hieß. Es gab inzwischen so viele von ihnen, und fast alle sahen sie gleich aus, mit ihren in gedeckten Farben gehaltenen, modisch geschnittenen Anzügen. Vielleicht sollte er sie dazu anhalten, Namensschilder zu tragen?
    Er ging weiter durch Liz’ Arbeitszimmer in sein Büro. Einmal hatte ihn ein Amerikaner besucht und ihm erklärt, daß es die Schaltstelle der Macht symbolisiere, weil es über Eck gehe und er so doppelt soviel Aussicht genießen könne wie niedere Angestellte, und zudem — ein wichtiger Aspekt, wie der Amerikaner betonte — nicht so etwas Devotes wie ein Schreibtisch zu sehen sei. Tiefe Ledersofas, niedrige Tischchen, ein Fernseh- und Computermonitor, Pflanzen, die auffallend größer und üppiger waren als in den Abteilungen der gewöhnlichen Sterblichen der Firma. Kurz, das Reich des Magnaten.
    Liz hatte den Papierstoß, der sich im Lauf des gestrigen Tages angesammelt hatte, auf ein Beistelltischchen gelegt, ordentlich in vier Stapel aufgeteilt: Nachrichten; Korrespondenz; Gesprächsprotokolle; und der abschreckendste Stapel von allen, Strategiepapiere und Marketingprojekte — Stunden gähnender Langeweile, ordentlich gebündelt zwischen dunkelblauen Glanzumschlägen.
    Nebenan surrte das Faxgerät, und Simon sah den Nachrichtenstoß durch. Ziegler hatte aus New York angerufen. Carolines Anwaltskanzlei. Vier Kunden. Der Leiter der Kreativabteilung, der kaufmännische Leiter, zwei Rechnungsprüfer und der Fernsehintendant. Und dann noch Jordan. O Gott, was für ein Tagesbeginn! Doch in diesem Augenblick fiel Simon ein, daß er ja gestern abend einen Entschluß gefaßt hatte, und seine Stimmung hellte sich auf. Er ging in Urlaub.
    Also nahm er als erstes Jordans Nachricht zur Hand — Muß Sie s. b. w. m. sprechen — und kritzelte darunter: Ich erwarte Sie. 8.00. Diese kleine Lüge würde Jordan in die Defensive drängen. Er kam nie vor halb neun ins Haus. Dann nahm Simon den Zettel und brachte ihn höchstpersönlich hinüber; so konnte er sich auch mit Jordans neuestem Hobby vertraut machen, denn dieser ließ immer — wie zufällig zwar, aber doch bestens sichtbar — irgendwelche Indizien seiner exklusiven Freizeitbeschäftigungen im Büro zurück. Es mußte höllisch anstrengend sein, ging es Simon durch den Kopf, wenn man den anderen immer um eine Nasenlänge voraus sein wollte. Tennis hatte Jordan schon vor langer Zeit aufgegeben, als nämlich die kleinen Angestellten sich dieser Sportart bemächtigten. Dann hatte er sich seinen Landsitz zugelegt, und es kam eine Phase mit Schrotflinten und Jagdtaschen; Boote und Ölhaut kennzeichneten die darauf folgende nautische Epoche. Im Augenblick war Polo dran.
    Drei Poloschläger standen gegen die Wand hinter Jordans Schreibtisch gelehnt, darüber hing ein urtümlich aussehender Helm neben einem schwarzen Brett, auf dem die Liste der Mitglieder des Ham-Polo-Clubs steckte. Sie verdeckte eine Karte, auf der dazu eingeladen wurde, das Glas auf die Parlamentsreform zu erheben. Natürlich war Polo das höchste der Gefühle für den gesellschaftlich ambitionierten Werbefachmann — ruinös teuer, eine ausgesprochen noble Ausrüstung und, mit etwas Glück zumindest, die Chance, an der Seite königlicher Hoheiten Flüche auszustoßen. Simon grinste und fragte sich, wann Jordan einen Stellplatz für seine Ponys beantragen würde — und einen Firmenhubschrauber, mit dem er mal eben nach Windsor fliegen konnte.
    Da hörte er hohe Absätze auf den Fliesen klappern, und so steckte er seine Nachricht in den Bilderrahmen, den eine Fotografie der durchaus hübschen und, zumindest Gerüchten nach, sehr reichen Frau Jordan zierte.
    Liz sortierte gerade die Telefaxe, die nachts aus den USA eingetroffen waren; vor dem Fenster zeichnete sich ihre Silhouette ab, das lange, dunkle Haar fiel ihr ins Gesicht. Ihre bemerkenswert langen Beine wurden durch die geschäftsmäßig strenge Kleidung noch unterstrichen. Simon hielt sich für einen echten Kenner, was Frauenbeine anging; Liz brauchte ihre wahrlich nicht zu verstecken. Trotz all seiner guten Absichten, farblose, ältliche Jungfern mit Mundgeruch und Plattfüßen einzustellen, machte am Ende doch immer eine attraktive
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