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Hotel der Sehnsucht

Hotel der Sehnsucht

Titel: Hotel der Sehnsucht
Autoren: Michelle Reid
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über die Ansammlung von
    Geschmacklosigkeiten schweifen ließ, mit denen das einst im Viktorianischen Stil errichtete Tremount bei der letzten Renovierung vor über dreißig Jahren eingerichtet worden war, verzog sich sein Gesicht immer mehr zu einem unverhohlenen Ausdruck des Missfallens.
    Das änderte sich schlagartig, als er sich endlich der Rezeption zuwandte und sein Blick auf Samantha fiel, die wie angewurzelt vor dem Tresen stand. Im selben Augenblick wich die Skepsis aus seinem Gesicht, um von blankem Entsetzen abgelöst zu werden.
    Samantha spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenschnürte. Doch so gern sie es gewollt hätte, war sie außer Stande, sich von dem Flegel abzuwenden, der sie ungeniert anstarrte und mit seinem Blick ihr Gesicht abtastete, um unvermittelt zusammenzuzucken.
    Instinktiv riss sie die Hand hoch und bedeckte die Schläfe, um die leichte Unebenheit der Haut, die kaum mehr als Narbe erkennbar war, vor ihm zu verbergen.
    Doch mit ihrer Bewegung schien sich auch die Starre des Fremden gelöst zu haben. Ohne den Blick von ihr zu lassen, kam er langsam auf Samantha zu. Statt dem Impuls nachzugeben, sich einfach umzudrehen und davonzulaufen, erwartete sie wie gelähmt jeden weiteren Schritt, mit dem er sich näherte.
    Schon glaubte sie, ersticken zu müssen, als er schließlich wenige Zentimeter vor ihr stehen blieb. Überwältigt von seiner bloßen Gegenwart, sah Samantha hinauf in das dunkle Gesicht des Mannes. Alles, was in diesem Moment noch existierte, war der Sog seiner braunen Augen, der sie in einen nie erlebten Taumel versetzte.
    „Samantha ..." hörte sie den Fremden wie aus großer Ferne sagen. Den Klang ihres Namens im Ohr, schloss sie die Lider ihrer grünen Augen und ergab sich der erlösenden Dunkelheit, die sie plötzlich umfing.

2. KAPITEL
    Als Samantha die Augen aufschlug, lag sie auf einem Sofa in der Halle des Hotels. Carla saß an ihrer Seite und hielt ihr die Hand. „Geht es dir wieder besser?" erkundigte sie sich.
    Erst der besorgte Blick ihrer Freundin machte Samantha klar, was geschehen war. Die quälenden Schmerzen, die sie seit dem Unfall erdulden musste, die Mühen, die es gekostet hatte, wieder gesund zu werden, vor allem aber die Unsicherheit, nicht zu wissen, wer sie war
    - all das hatte sie nur ertragen, weil sie nie den Glauben daran verloren hatte, dass eines Tages jemand kommen und sie erkennen würde.
    Und nun, da genau das eingetreten war, hatte die Begegnung sie im wahrsten Sinne des Wortes umgeworfen.
    „Er hat mich erkannt", flüsterte sie. „Er weiß, wer ich bin."
    „Das ist mir nicht entgangen", erwiderte Carla lächelnd, als plötzlich eine große, dunkle, faszinierende Gestalt hinter ihr auftauchte und sich zu Samantha hinunterbeugte.
    „Entschuldige bitte", sagte der Fremde mit heiserer Stimme, „ich war so überrascht, dich zu sehen ..." Er verstummte und räusperte sich. „Wie fühlst du dich, cara ?“
    Samantha war unfähig zu antworten. Wie sie unfähig war, sich darüber zu freuen, dass sie endlich jemand wieder erkannt hatte. Hatten sie die Ärzte denn nicht in der Hoffnung gelassen, dass sich ihre Erinnerung genau in dem Moment wieder einstellen würde, in dem ihr das widerfahren würde?
    Das Gegenteil war der Fall. Denn der Mann, der sie so gut zu kennen schien, dass er sie mit einem Kosenamen bedachte, war ihr völlig fremd. Der Verzweiflung nahe, schloss sie wieder die Augen.
    „Samantha ...!" drang das Flehen seiner sonoren Stimme an ihr Ohr, und im nächsten Moment spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter.
    Es war, als hätte ihr die Berührung einen Stromschlag versetzt, der ihren ganzen Körper durchfuhr. In ihrer Panik richtete sich Samantha auf und schlug die Hand des Fremden beiseite.
    „Fassen Sie mich nicht an!" stieß sie mit letzter Kraft hervor. „Ich kenne Sie nicht!"
    Der Fremde machte Anstalten, etwas zu entgegnen, als Mr. Payne an seiner Seite
    auftauchte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Und zwar auf Italienisch, wie Samantha überrascht feststellte - derselben Sprache, in der der Fremde antwortete, bevor er sich kraftlos auf einen Stuhl fallen ließ.
    Erst als sie seinen verzweifelten Gesichtsausdruck sah, wurde sich Samantha darüber klar, was ihn so schockiert hatte. Wenn er sie tatsächlich kannte - und alles sprach dafür -, dann musste es ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen haben, dass sie steif und fest behauptete, ihn nicht zu kennen.
    Vor Entsetzen schlug sie die Hand vors Gesicht, um
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