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hot directions (German Edition)

hot directions (German Edition)

Titel: hot directions (German Edition)
Autoren: Juan Santiago
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aber bitte pronto«, sage ich dem Taxifahrer, als ich einsteige. Keine zehn Minuten später bin ich am Tatort. Der Länderweg verläuft etwas unterhalb der Offenbacher Landstraße durch die Mainauen, aber der tatsächliche Tatort ist in unmittelbarer Nähe der S-Bahn-Station Mühlberg, was auch erklärt, dass die Leiche des Mannes so schnell gefunden wurde. Der Notarzt, der noch da ist, sagt mir, dass der Tote noch vor einer knappen Stunde gelebt hat. Nett... Eine Stichwunde in der Brust, genau ins Herz, wenigstens war das Opfer sofort tot. Mein Homo-Gen springt sofort an - der Tote ist einwandfrei schwul. Ob es sich um eine schwulenfeindliche Tat handelte, oder um eine so genannte »rote Scheidung«, einen Totschlag aus Effekt wegen einer »Ehestreitigkeit«, ich habe noch keine Ahnung.

    »Hier.« Kollege Brüller ist auch anwesend, und hält mir die Brieftasche des Opfers entgegen. »Wolfram Meyer aus Offenbach, wohnt in der Anton-Brecht-Straße 72a, das ist an der Stadtgrenze, wo die Endstation von der 16 ist. 35 Jahre alt, ledig, Journalist beim Offenbacher Tageblatt.«
    »Woher weißte denn das schon wieder?« Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Kollege Brüller ist wirklich derselbe, Wahnsinn!
    »Von seinem Presseausweis. Ich weiß aber auch noch mehr«, sagt Kollege Brüller vielsagend und lächelt mich an.
    »Wasn?«, grummele ich zurück.
    »Meyer ist offensichtlich dem homosexuellen Milieu zuzuordnen, denn er hatte das hier einstecken.« Mit diesen Worten überreicht Brüller mir zwei visitenkartengroße, graue Kärtchen, so genannte Dating-Cards.
    »Willst Du mich treffen?« steht darauf, darunter »Wolfi« und eine Handynummer. Dann noch ein Link zu Wolfis Gayromeo-Profil: SmallCock30. Hab ich alles mit Kennerblick schon festgestellt. Das Opfer hatte nicht viel in der Hose. Als Schlampe erkennt man so was auf den ersten Blick. Und er ist... war passiv. Okay, ein Konkurrent weniger, denke ich mir, schiebe den Gedanken allerdings sofort wieder beiseite. Auf dem Kärtchen stehen noch ein paar mehr Details zu »Wolfis« Sexleben: Passiv, Schwanzlänge: 10 x 2,5 cm, 30 Jahre alt (Ha ha ha!), gutsituierter Journalist (bei DER Adresse?), nur soft-S/M, Fisten nur passiv. Zu Deutsch: Einer von der Sorte, der mit seiner Kohle angeben muss, um noch anzukommen. Bei mir hätte er keine Chance. Zu alt, zu klein bestückt und vor allem zu passiv. Ich rolle mit den Augen. Ein »bitte, bitte, triff Dich mit mir« auf der Karte wäre ehrlicher gewesen - und vor allem realistischer. Wie auch immer - DER hat’s hinter sich.

    »Okay, hast Du die Gerichtsmedizin informiert?« frage ich den Kollegen.
    »Jup, sobald die Spurensicherung fertig ist, nehmen die den mit in die Pathologie. Kannst ja morgen da vorbeigehen, ich hab gehört, die haben nen neuen Arzt in Ausbildung.« Wieder eine dieser Anspielungen, für die ich den lieben Horst Brüller irgendwann mal nachts in eine unbeleuchtete Faust laufen lasse, wenn er mich mal auf dem falschen Fuß erwischt. Ich sag ja auch nichts über die neue Telefonistin im Polizeipräsidium, der er so nachhechelt. Dafür soll er gefälligst seine Klappe zu meiner Partnerwahl halten. Der böse Blick, den ich ihm zuwerfe, reicht offensichtlich, und er zuckt zusammen.
»Schon okay, Olaf, war ja nicht so gemeint.« Leck mich - oder nein, besser nicht. Lass mal gut sein.

    Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es viertel nach zwei ist, also inzwischen Freitag. Na prima. Die Spurensicherung wird bestimmt bis halb sechs beschäftigt sein, also passiert vor halb acht eh nichts mehr - da kann ich auch wieder heimgehen. Morgen... nein, heute... muss ich eh zum Dienst, demzufolge passt das. Ist sowieso mein Fall, der Fall, spätestens jetzt. Der Chef gibt mir ja grundsätzlich alles, was im Schwulenmilieu spielt, ich kenn mich da ja auch am besten aus.

    Für einen kurzen Augenblick überlege ich mir, ob ich zurück ins Nordend zu dem kleinen Schwarzhaarigen fahre und die zweite Runde einläute, dann aber siegt die Vernunft und ich rufe mir ein Taxi, das mich nach Hause bringt. Zumal ich sowieso keinem nachlaufe, mache ich nie, werde ich auch nie. Sooo umwerfend war er nämlich auch nicht... wobei, wenn ich es mir so recht überlege, irgendwie schon... egal. Auch den obligatorischen Stopp beim Frühbäcker in der Niddastraße schenke ich mir heute. Da gibts zwar schon ab halb drei frische Brötchen und vor allem Kaffee, aber ich will schlafen und nicht durchfeiern oder vögeln. Wobei, letzteres will
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