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Horror Factory - Der Behüter(German Edition)

Horror Factory - Der Behüter(German Edition)

Titel: Horror Factory - Der Behüter(German Edition)
Autoren: Malte S. Sembten
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wuchs eine dritte Gestalt aus seinem breiten Rücken hervor. Die vom Fausthieb getroffene Albinofrau ließ Jeliel los. Sie verschwand im selben Moment – als hätte die Luft sie verschluckt. Jeliel griff mit beiden Händen über die Schulter und packte das andere Wesen. Ob es weiblich war oder männlich, konnte Alenka nicht erkennen. Zu rasch riss Jeliel es fort und schleuderte es mit einer Armbewegung von sich. Dabei löste es sich so abrupt in Luft auf wie zuvor die Albinofrau.
    Alenka begriff, dass Jeliel gegen andere Behüter kämpfte. Offenbar machte der Körperkontakt mit ihm sie für menschliche Augen ebenfalls wahrnehmbar. Sobald die Berührung abriss, wurden sie wieder unsichtbar.
    Jeliel stand aufrecht auf dem Benz-Boliden. Frische Wunden zeichneten sein Gesicht und seinen Körper. Sie glitzerten feucht, ohne zu bluten.
    Dann hingen wie aus dem Nichts drei bleiche Leiber an ihm. Einer der Angreifer war fast so hünenhaft wie Jeliel selbst. Groteskerweise handelte es sich bei diesem Goliath um ein weibliches Geschöpf.
    Alenka sah, wie Jeliel einem Gegner den Kopf auf dem Hals verdrehte. Der feindliche Behüter fiel von ihm ab wie reifes Obst – und war verschwunden. Sodann rollte das Knäuel aus verschlungen Gliedern vom Wagendach über die Frontscheibe auf die lange Motorhaube des Mercedes. Der schmächtigste der drei Körper erschlaffte. Noch bevor er über den Kotflügel zu Boden geglitten war, entzog er sich menschlichen Blicken.
    Das Ringen zwischen Jeliel und dem hünenhaften weiblichen Behüter dauerte an. Doch schließlich erhob sich Jeliel einsam auf dem Kampfplatz. In seiner Faust hing etwas Feuchtes, Tropfendes. Jeder Tropfen, der sich von dem Etwas löste, verschmolz sofort mit der klaren Luft.
    Jeliel hob den Arm und schleuderte das glitzernde Ding fort. Wo es auftraf, sah nur er selbst.
    Unter den Pfefferspray-Opfern hatten nur der Kurze und der Dünne einen Teil des Schauspiels mitbekommen. Schockiert blinzelten sie das Monster auf der Motorhaube an.
    Arslan Hanssen lag noch immer röchelnd da und presste die Handballen auf die Augen. Alenka holte eine Rolle Gaffer- Tape aus einer ihrer Hosentaschen. Sie beugte sich über Hanssens rot angelaufenes Gesicht, riss einen Streifen ab und klebte ihn auf Hanssens Mund. Mit weiteren Streifen band sie seine Hände hinterm Rücken zusammen und fesselte seine Beine und Füße. Er wehrte sich nur schwach.
    Alenka fuhr den BMW vor und öffnete den Kofferraumdeckel. Unter großer Anstrengung schleifte sie Hannsen heran und bugsierte ihn hinein. Nicht umsonst war er ›der Bullige‹ für sie gewesen. Aber sie hatte auch nicht umsonst in der Reha und später zu Hause Krafttraining betrieben.
    Alenka knallte die Kofferraumklappe zu. Sodann baute sie sich vor dem ›Kurzen‹ und dem ›Dünnen‹ auf. Beide hockten auf dem Asphalt und rieben sich die Augen. Sie hatten weniger Pfefferspray abbekommen als ihr Anführer, und die Wirkung des Reizmittels verflog schon.
    »Steh auf!«, gebot Alenka dem ›Kurzen‹.
    Er rappelte sich hoch. Sie deutete auf die offene Tür des BMW. »Fahrstunde«, verkündete sie knapp.
    Der ›Kurze‹ sah furchtsam zu Jeliel empor. Bedeckt von frischen, dunklen Fleischwunden und umflossen vom Mondlicht, ragte der weiße Leib des Behüters wie ein turmhoher Albtraum von der Motorhaube des Mercedes auf.
    Gehorsam setzte der ›Kurze‹ sich in Bewegung.
    Einem silbrig-hellen Schatten gleich, glitt Jeliel vom Mercedes herab und schloss sich Alenka an.
    Der ›Kurze‹ schob sich hinter das Lenkrad. Jeliel stieg hinten ein, Alenka setzte sich auf den Beifahrerplatz. Mit einem Nicken bedeutete Alenka dem ›Kurzen‹, die Fahrertür zuzuziehen.
    »Start frei!«, sagte sie wie in alten Fahrlehrertagen. Ihr einstiger Schüler besann sich auf die Anschnallpflicht. So viel immerhin hatte der Totalversager behalten. Doch die Zunge rastete nicht im Gurtschloss ein.
    »Leider kaputt«, kommentierte Alenka, während sie selbst den Sechspunktgurt anlegte, den sie hatte einbauen lassen. Sie fragte sich, was der ›Kurze‹ davon hielt. Ihre Hoffnung war, dass er sich vor Angst das Herz in die Hose kackte.
    Eingepfercht im Fond des Coupés, wirkte Jeliels Goliathkörper noch gewaltiger als ohnehin schon. Sein Gesicht ragte zwischen den Vordersitzen hervor wie eine Wasserspeier-Fratze. Alenka drehte den Innenspiegel so, dass der ›Kurze‹ Jeliel direkt ins Gesicht sah.
    »Dies wird eine Fahrstunde der etwas anderen Art«, erläuterte Alenka.
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