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Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Titel: Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)
Autoren: Manfred Weinland
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wenn ich nach einem kurzen Blick auf Martha wieder gehe.
    Nach meiner Theorie – und auch allen bislang gemachten Erfahrungen – überträgt sich der volle Zauber der Gruft auf ein Lebewesen erst nach längerem Aufenthalt. Nicht schon nach Minuten oder einer Stunde (wahrscheinlich nicht einmal nach zwei), sondern es braucht bedeutend länger. In jener Nacht, als ich in Scheintodstarre fiel, war ich wohl wahrhaftig zuvor eingenickt, sodass ich um ein Vielfaches länger in der Gruft weilte als an allen Tagen davor und danach.
    Wie lange die vermeintlich tote Ratte im Familiengrab der Crowleys herumtrippelte, bis die Kraft dort sie tötete, vermag ich nicht zu schätzen. Aber Martha wird mir, wenn alles nach meinen Vorstellungen verläuft, darüber verlässlich Auskunft geben. Und zwar bis auf ein paar Minuten genau.
    Der Welpe wirkt von Mal zu Mal lethargischer, aber das mag andere Gründe haben, als dass die Gruft schon ihren Zauber webt. Vielleicht ist ihm kalt, und gar so herzlos will ich nicht sein, deshalb bringe ich bei der nächsten Inspektion der Lage eine dicke Decke mit, in die ich Martha einwickele, als wäre es ein Menschenkind, das nach Zuwendung schreit.
    So vergeht halbe Stunde um halbe Stunde.
    Mit Beginn der dritten vollen merke ich, wie meine Nervosität wächst. Stimmt mein Verdacht? Vermag dieser Ort tatsächlich das, was ich ihm an Macht zuspreche?
    Auch zur vierten Stunde blickt Martha mir mit offenen Augen und leise fiepend entgegen. Es ist Abend geworden, draußen dämmert es bereits. Von nun an betrete ich die Gruft wieder mit der Lampe in der Hand, und da ich merke, dass die Dunkelheit dem Welpen zusetzt, lasse ich das Licht neben ihm stehen, als ich wieder gehe.
    Dann kommt die fünfte Stunde, und in der Gruft ist es bei meiner Wiederkehr mucksmäuschenstill. Martha liegt tot neben der Lampe.
    Ich triumphiere. Aber noch ist das Experiment nicht beendet. Ich hebe Martha auf und trage sie ins Haus.
    Und wieder rinnt die Zeit durchs Stundenglas…
    Martha erwacht kurz nach Mitternacht – übergangslos. Eben halte ich noch, in meinem Sessel sitzend, einen toten Welpen im Arm, und im nächsten Moment schon zucken seine Beine, und ein Winseln löst sich aus seiner Kehle.
    Mein Blick findet die Uhr.
    Fünf Stunden!
    Genauso lange, wie es dauerte, Martha in den Tod zu wiegen, dauerte es auch, den Welpen wieder aus dessen Umarmung zu befreien.
    Am nächsten Morgen gebe ich dem Hündchen zunächst eine Schale mit lauwarmer Milch; es nimmt sie gut an, lässt keinen Tropfen übrig.
    Gleich danach schaffe ich Martha erneut in die Gruft; das Procedere ist genauso wie am Vortag. Ich wiederhole das Experiment in einem zweiten Durchgang, um herauszufinden, wie verlässlich die gewonnenen Resultate sind.
    Bis zum frühen Abend kann ich sagen: sehr verlässlich. Die fünf Stunden finden ihre Bestätigung, sowohl in der einen als auch in der anderen »Richtung«.
    Danach aber stellt sich mir die Frage, wohin jetzt mit Martha. Ich brauche sie nicht mehr, sie hat ihre Schuldigkeit getan.
    Ich weiß, dass manche Leute ihre Hunde oder Katzen ertränken, wenn sie ihrer überdrüssig werden oder sich zu viel Nachwuchs einstellt. Ich hörte sogar von Fällen, wo sich Landarbeiter damit brüsteten, ihren »Köter« in eine ausgehobene Grube gestellt und dann bei lebendigem Leib Erde darüber geschaufelt zu haben, bis das klägliche Jaulen verstummt und nichts mehr von ihm zu sehen war.
    Bin ich auch zu dergleichen fähig, mit anderen Worten: ein Unmensch?
    Ich brauche nur in Marthas Hundeaugen zu blicken, um die Antwort zu kennen: Nein! Niemals!
    Gott mag ich keine Rechenschaft mehr schuldig sein, aber meinem eigenen Gewissen – und Liz! Wie sollte ich je wieder vor sie treten, wenn ich eine solch herzlose Tat beginge?
    Und so sehe ich Martha in den folgenden Wochen heran- und mir mehr und mehr ans Herz wachsen. Indes finde ich auf die Frage, was ich denn nun mit meinem gewonnenen Wissen über Mechanismen des Zaubers, der in der Gruft wirkt, keine zufriedenstellende Antwort.
    Und so fängt etwas anderes an, in den Fokus meines Denkens zu rücken – obwohl ich davor die Augen lieber verschließen würde. Das aber gelingt mir nicht. Denn von Tag zu Tag fühle ich mich schlechter, kränker …

6
     
    Gegenwart
    Es schellt an der Tür. Ich gehe und öffne. Die »Notfalltasche« habe ich unter zwei lockeren Dielen im Schlafzimmer verstaut. Ich rechne mit allem, selbst mit einer Hausdurchsuchung.
    Für einen Moment
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