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Horror Cocktail

Horror Cocktail

Titel: Horror Cocktail
Autoren: Robert Bloch
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das?«
    »Nicht mehr. Aber im Jahre 1929 …«
    »Tut mir leid. Das war nach meiner Zeit.«
    »Nach?«
    »Vier Jahre. Ich bin 1925 abgereist.«
    »Ach, wirklich? Und was ist noch neu?«
    »Nun, einfach alles. Ich bin eben erst angekommen, und ich muß zugeben, daß die Veränderungen verblüffender sind, als ich angenommen hatte. Genau auf dem Grund der Universität befindet sich heute diese Fernseheinrichtung und …«
    »Machen Sie einen Punkt, Claymore.«
    »Wie bitte?«
    »Es ist nicht komisch. Wir sind in keiner Weise erheitert.«
    »Ich versichere Ihnen, es ist mein voller Ernst.«
    Don blickte ihn kurz prüfend an. »Das ist kein Quatsch? Sie sind nicht aus irgend einer Anstalt entflohen?«
    »Ich bin in keiner Weise entflohen, mein Herr. Ich bin ein Besucher.«
    »Sie, Herbert Claymore, sind mit einer Zeitmaschine aus dem Jahre 1925 hierhergekommen?«
    »So könnte man sagen, ja.«
    Don seufzte leise. »Dann brauche ich, Don Freeman, noch einen Drink. So könnte man sagen, ja.«
    Er winkte dem Barkeeper.
    »Das gleiche?« fragte der Keeper.
    »Nein. Jetzt brauche ich einen Miltown Special.« Er wandte sich an seinen Tischgenossen. »Und wie ist’s mit Ihnen?«
    »Was ist das – ein Miltown Special?«

    11

    »So was wie ein gewöhnlicher Martini, aber in der Olive ist ein Beruhigungsmittel.«
    »Nun…«
    »Kommen Sie. Ich wette, dort, wo Sie herkommen, konnten Sie so was nicht bekommen. Damals herrschte doch noch die Prohibition, nicht wahr?«
    »In der Tat, ja.« Claymore sah wieder den Barkeeper an.
    »Das gleiche.« Der Keeper verschwand. »Kein Scherz«, murmelte Don. »Aus dem Jahre 1925, wie? Einfach so …«
    »Nicht ›einfach so‹. Ich habe achtzehn Jahre darauf ver-wendet, den modus operandi zu vervollkommnen. Steinmetz und Edison haben mir den Gefallen getan, mich anzuhören, aber sonst interessierte sich niemand für meine Arbeit.«
    »Nicht einmal Einstein?«
    »Meinen Sie Albert Einstein, den deutschen Mathematiker?
    Ich habe den Herrn nie getroffen. Ich war noch nie in Europa, müssen Sie wissen.«
    Der Barkeeper stellte die Drinks vor sie hin, und Don zeichnete den Beleg ab.
    »Sie meinen’s wirklich ernst, wie?« sagte Don. »Zeitreisen.
    Tolle Sache! Wie kommt es, daß Sie sich ausgerechnet diesen Platz als Ziel ausgesucht haben?«
    »Ich hatte angenommen, die Universität existerte noch«, erklärte Claymore. »Nun habe ich erfahren, daß sie während der Zeit der Depression, wie sie es nennen, verschwunden ist.«
    »Depression. Ich bin eine Kapazität auf dem Gebiet der Depressionen, besonders meiner eigenen«, sagte Don.
    »Aber das hier scheint eine wundervolle Gegend zu sein.«
    »Ach, wirklich? Passen Sie auf, ich werde Ihnen den richtigen Eindruck vermitteln. Bleiben Sie hier, und ich kehre für Sie ins Jahr 1925 zurück. Ich meine, falls Sie das Ganze nicht als Witz erzählt haben.«
    »Das wäre nicht fair«, sagte Claymore. »Das war ein barbarisches Zeitalter.«

    12

    »Ich stelle fest, daß Sie die Zeitungen noch nicht gelesen haben«, antwortete Don. »Vielleicht gibt’s im Irrenhaus keine Zeitungsjungen.«
    »Mein Herr, ich muß Sie doch bitten …«
    »Na, schön, keine Beleidigungen. Aber jeder, der die Dinge, wie sie heute sind, in Ordnung findet, muß verrückt sein.
    Betrachten Sie doch bloß einmal die Lage: Kalter Krieg, Gewerkschaftsskandale, Streiks, Weltraum-Wettrennen, ein ganzes Alphabet von Bomben, warum Johnny nicht lesen kann, die Sicherheit, Zensur … Es ist mörderisch!«
    »Ich kann nicht sehen, was daran schlimmer sein sollte als das, was ich hinter mir gelassen habe«, sagte Claymore. »Im Jahre 1925 hatten wir die bolschewistische Bedrohung, den Teapot-Dome-Skandal und den Alkoholschmuggel. Und was Zensur und Kontrolle anbelangt – was ist mit der Prohibition?
    Und was halten Sie von dem Gesetz unten in Tennessee, das es verbietet, in der Schule von Evolution zu sprechen? Und die Lynchmorde? Und die Morde überhaupt? Unsere Zeitungen sind voll von Berichten über Al Capone.«
    »Na schön, es reicht schon«, sagte Don. »Betrachten wir mal die andere Seite. Sind Sie schon lange genug hier, um unsere Urwaldmusik zu hören, die Autos mit den unmöglichen Formen zu sehen, die miesen Anzeigen, die schrecklichen Filme?
    Wird der Erfolg Frankensteins Ungeheuer verderben – kann ich Sie da nur fragen.«
    Claymore nippte an seinem Drink. »Ich habe von Rock’n’Roll gehört. Aber ist Ihnen schon jemals einer unserer Wo-do-di-do-Songs zu Ohren gekommen,
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