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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
Autoren: Anthony Horowitz
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steht im Dorf.“
    Der Junge sah mich an, als hätte er keine Ahnung, wovon ich redete. Dann gab er es auf. „Das ist nicht richtig“, murmelte er. „Ich muss zurück.“
    „Wohin zurück?“
    Aber er hörte mir gar nicht zu. Er war bereits aufgestanden und zur Tür zurückgegangen. Er schloss sie und öffnete sie wieder. Ich weiß nicht, was er auf der anderen Seite zu finden hoffte, aber wie schon erwähnt, lag dort dieser kleine Kirchhof mit den mickrigen Grasbüscheln, die sich durch den Kies gekämpft hatten. Der Junge ging durch die Tür und zog sie hinter sich zu. Ich ging um die Mauer herum, um ihn auf der anderen Seite sehen zu können. Er stand dort und atmete schwer. Seine Kopfwunde schien er ganz vergessen zu haben. Dann fiel ihm auf, dass ich ihn beobachtete. „Sie ist kaputt“, sagte er.
    „Was ist kaputt?“
    „Die Tür. Sie hätte mich zurückschicken sollen.“
    „Moment mal, nicht so schnell.“ Ich trat vor und hätte ihn beinahe gepackt, überlegte es mir aber noch rechtzeitig. „Das ist nur eine Tür. Sie öffnet und schließt sich. Was sollte sie denn sonst noch tun?“
    „Das sagte ich doch gerade. Ich will, dass sie mich dorthin zurückbringt, wo ich hergekommen bin. Ich muss meinen Bruder finden. Ich muss zurück.“
    „Wohin zurück?“
    „Nach Hongkong.“
    Ich hatte befürchtet, dass der Junge für seine Kopfwunde einen Arzt brauchen würde, was ein Problem wäre, weil er dann erklären musste, wie er ins Dorf gekommen war, und bevor unser Arzt ihn überhaupt zu sehen bekam, würden sie ihn vermutlich zusammenschlagen und verhören. Aber das war nicht alles. Er schien geisteskrank zu sein. Er hatte gesagt, dass er aus Hongkong käme, was auf der anderen Seite der Erde liegt, und selbst wenn es noch Passagierflüge gegeben hätte – was nicht der Fall war –, war das unmöglich.
    Außerdem war da noch etwas, das mir erst jetzt auffiel. Sein Akzent. Er stammte eindeutig nicht aus dem Dorf oder der näheren Umgebung. Er klang nicht einmal wie ein Engländer.
    Ich hatte mittlerweile eine Entscheidung getroffen. Ich würde mich verziehen. Der Junge war verletzt und verrückt und niemand hatte ihn eingeladen – und damit steckte er in ernsten Schwierigkeiten. Aber das waren nicht meine Schwierigkeiten. Ich würde nach Hause gehen und es konnte sich jemand anders um ihn kümmern. Doch als ich diesen Entschluss in die Tat umsetzen wollte, schaute er zu mir auf, als hätte er meine Gedanken gelesen, und sah plötzlich so verloren und verzweifelt aus, dass mir klar war, dass ich ihn nicht alleinlassen konnte.
    „Hermione?“, fragte er.
    Ich konnte mich nicht erinnern, ihm das gesagt zu haben. „Das ist mein Name“, sagte ich. „Aber meine Freunde nennen mich Holly.“
    „Holly …“ Er sah verwirrt aus.
    „Wie hast du dich verletzt?“, fragte ich.
    Er hob die Hand an den Kopf und betrachtete das Blut an seinen Fingerspitzen, als sähe er es zum ersten Mal. „Ich weiß es nicht. Ich schätze, dass mich irgendetwas getroffen hat. Das ganze Gebäude ist eingestürzt – dieser Tempel in Hongkong. Da war ein Taifun. Das hast du bestimmt im Fernsehen gesehen.“
    „Es gibt kein Fernsehen. Nicht mehr.“ Da war noch etwas, das nicht passte. „Wann warst du in Hongkong?“, fragte ich.
    „Gerade eben. Vor einer Minute.“
    Da wusste ich, dass er verrückt war, und wollte gehen, doch genau in diesem Moment hörte ich Stimmen: Zwei Männer überquerten den Friedhof von der Nordseite her. Ich wusste sofort, wer sie waren – Mike Dolan und Simon Reade. Sie arbeiteten zusammen als Wachen an der äußeren Begrenzung und waren anscheinend auf dem Weg dorthin, denn sie hatten ihre Waffen dabei. Wenn sie den Jungen entdeckten, war alles vorbei. Er war ein Fremder. Er gehörte nicht hierher. Sie würden ihn abknallen, ohne auch nur nach seinem Namen zu fragen – was ich übrigens auch noch nicht getan hatte.
    „Versteck dich“, zischte ich.
    „Was?“
    „Mach schon!“ Ich schubste den Jungen weg und er duckte sich in den Winkel, wo die alte Mauer auf die der Kirche traf. Es war dunkel dort, kein Sonnenlicht drang dorthin, und der Schatten legte sich über ihn wie eine schützende Plane. Eine Sekunde später entdeckten mich die beiden Männer. „Was machst du hier, Holly?“, fragte Dolan. „Solltest du nicht zu Hause sein?“ Das war typisch für ihn. Nur weil er eine Waffe trug, bildete er sich ein, jeden herumkommandieren zu können. Er war ein großer, kräftiger Kerl mit
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