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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
Autoren: Anthony Horowitz
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Bart und schmutzigen Sachen. Also, wir trugen alle schmutzige Sachen, aber seine waren schlimmer als die der meisten anderen. Ich hatte ihn noch nie gemocht.
    „Ich bin auf dem Weg“, sagte ich.
    „Was hast du da an den Händen? Hast du dich verletzt?“
    Ich schaute hin und bemerkte das Blut des Jungen. Ich musste etwas davon abbekommen haben, als ich ihn geschubst hatte. „Ach, das ist nichts“, sagte ich. „Ich habe mich geschnitten.“
    „Am Apfelbaum?“ Die beiden lachten.
    Dann richtete Reade seine Laseraugen auf mich. Er war der Kleinere der beiden, ein dünnes, blasses Kerlchen. Er hing gern mit Dolan herum, weil er sich dann wichtig fühlte. Er war immer misstrauisch, wie ein Hund, der einem ständig um die Füße herumschnüffelt. „Habe ich dich nicht gerade mit jemandem reden gehört?“
    „Nein“, sagte ich.
    „Ich denke doch.“
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Aus dem Augenwinkel konnte ich den Jungen in der Ecke hocken sehen und fragte mich, wieso ich für ihn log. Was hätte ich hier tun können, das die beiden Männer dazu brachte, mich in Ruhe zu lassen? Ich suchte hektisch nach einer Ausrede, die mir schließlich die Kirche lieferte. „Ich habe gebetet“, behauptete ich.
    Die beiden nickten. Sie hatten beide Ehefrauen, die ebenso gut Nonnen hätten sein können, wenn sie nicht verheiratet wären. Es war die Art Frauen, die sich zehn Mal am Tag bekreuzigten und tatsächlich weinten, wenn sie die Bibel lasen. So waren viele Leute im Dorf. An den freien Nachmittagen gab es sogar Gebetsgruppen. Ich lächelte und versuchte, ganz heilig auszusehen. Unglaublicherweise funktionierte es.
    „Beten ist eine gute Sache“, sagte Dolan. „Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können. Aber es wird bald dunkel. Dann musst du zu Hause sein.“
    „Auf jeden Fall, Mr Dolan.“
    Die beiden setzten plaudernd ihren Weg fort und ihre Gewehre ragten ihnen über die Schulter. Ich wartete, bis sie weg waren, dann eilte ich zu dem Jungen. Zu meiner Verblüffung war er eingeschlafen – vielleicht hatten ihn Schock und Erschöpfung aber auch ohnmächtig werden lassen. Ich rüttelte ihn wach.
    „Scott?“, murmelte er.
    „Wer ist Scott?“, fragte ich.
    „Mein Bruder.“
    „Tut mir leid, ich bin nicht Scott. Ich bin Holly. Wie fühlst du dich?“
    „Keine Ahnung. Irgendwie verwirrt.“
    „Du hast mir nicht gesagt, wie du heißt.“
    „Du hast nicht gefragt.“
    „Ich frage jetzt.“
    „Jamie. Ich heiße Jamie Tyler.“ Er versuchte aufzustehen, aber er war zu schwach und zu benommen. „Du musst mir helfen“, sagte er.
    „Ich habe dir schon geholfen. Ich habe dich davor bewahrt, erschossen zu werden. Und vielleicht helfe ich dir auch noch etwas mehr. Aber du musst mir sagen, woher du kommst – woher du wirklich kommst – und wer du bist. Du weißt gar nicht, welchen Ärger ich kriegen kann, nur weil ich mit dir rede.“
    „Okay.“ Er schluckte und ich konnte ihm ansehen, dass er Schmerzen hatte. „Hast du Wasser dabei?“
    Ich griff nach meinem Rucksack und öffnete ihn. Als ich mit der Arbeit anfing, hatte ich eine volle Flasche Wasser gehabt, aber jetzt war nicht mehr viel übrig. Ich reichte sie ihm und er trank sie mit einem Zug leer, als hätte er keine Ahnung, wie kostbar Wasser war. Zumindest schien es ihn ein bisschen zu beleben. Er richtete sich auf. Sein Blut trocknete bereits unter den letzten Strahlen der Nachmittagssonne. „Welches Land ist das hier?“, fragte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte denn das für eine Frage sein? „Was glaubst du denn, welches Land es ist?“, rief ich aus. „England natürlich, was denn sonst?“
    „Sind wir in der Nähe von London?“
    „Ich war noch nie in London. Ich weiß es nicht.“ Ich verlor zusehends die Geduld. „Sag mir, was ich wissen will, oder ich verschwinde und lasse dich hier zurück.“
    „Nein, tu das nicht.“ Er streckte eine Hand nach mir aus, um mich aufzuhalten. „Ich erzähle dir, was ich kann. Aber es wird dir nichts nützen, weil du mir nicht glauben wirst.“
    „Versuch’s zumindest.“ Und zwar schnell, hätte ich am liebsten hinzugefügt. Die Sonne versank hinter dem Kirchturm. Die Grabsteine warfen Schatten, die immer länger wurden. Ich wurde längst zu Hause erwartet.
    „Können wir irgendwo anders reden? Irgendwo drinnen?“
    „Erzähl es mir sofort.“
    Aber dazu kam es nicht … jedenfalls nicht jetzt. Ich hatte die Schritte hinter mir nicht gehört. Mir war nicht aufgefallen,
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