Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
außer Rand und Band sein? Statt dessen stand er da und fühlte nur einen leichten Druck auf der Seele, wenn er an die Zukunft dachte, einen Druck, der ihn bei der Vorstellung befiel, daß er nun für immer hier leben sollte, und der sich in ausgesprochenen Widerwillen verwandelte, wenn er sich erinnerte, daß er alljährlich die elegante Saison in London verbringen mußte. Nicht einmal die Aussicht, ständig mit Barbara zusammenzusein, vermochte diese Empfindungen zu mildern oder gar zu wandeln.
    Plötzlich fuhr Hornblower aus seinen schweifenden Gedanken auf. War da nicht eben ein Wort gefallen, das nicht fallen durfte? Da der Pfarrer der einzige war, der sprach, konnte es kein anderer gesagt haben als er. Offenbar ahnte er aber nichts von seinem Mißgriff, da seine Rede ohne Stocken weiterfloß.
    Hornblower warf einen verstohlenen Seitenblick zu Barbara hinüber und sah, wie sie sich eine Sekunde mit ihren weißen Zähnen auf die Unterlippe biß; das war für jeden, der sie kannte, ein sicheres Zeichen, daß sie sich über irgend etwas ärgerte.
    Sonst aber zeigte sie auch jetzt die stoische Ruhe, die alle Angehörigen der führenden Schicht Englands auszeichnete.
    Über welche Worte mochte sie sich so aufgeregt haben?
    Hornblower strengte sein unterbewußtes Erinnerungsvermögen an, um sich ins Gedächtnis zu rufen, was der Pfarrer gesagt hatte. Er hatte wohl hingehört, aber ohne alle Aufmerksamkeit.
    Halt! Richtig, das war es! Dieser Esel hatte ja von Richard gesprochen, als ob der Junge ihrer beider Kind wäre, und Barbara konnte es doch nicht vertragen, wenn man ihren Stiefsohn für ihr eigenes Kind hielt. Merkwürdigerweise gingen ihr solche Verwechslungen um so stärker auf die Nerven, je mehr ihr das Kind selbst ans Herz wuchs. Schließlich konnte man aber dem Pfarrer seinen Irrtum kaum zum Vorwurf machen. Da trat ein verheiratetes Paar mit einem sechzehn Monate alten Kind neu in Erscheinung. War es da ein Wunder, wenn man allgemein annahm, daß dieses Kind beiden Eltern gehörte?
    Endlich hatte der Pfarrer geendet, und nun entwickelte sich eine peinliche Pause. Offenbar erwartete man von ihm eine Antwort, es war also seine, Hornblowers, Sache, die richtigen Worte zu finden und zu sprechen. »Hahm«, begann er - noch war er nicht lang genug mit Barbara verheiratet, als daß er dieser alten Gewohnheit schon völlig Herr geworden wäre - und suchte verzweifelt nach einigen passenden Phrasen. Darauf hätte er natürlich gefaßt sein müssen, es wäre entschieden besser gewesen, sich auf diese Ansprache vorzubereiten, als bis zum letzten Augenblick in den Tag hineinzuträumen.
    »Hahm. Voll Stolz schweift mein Blick über diese liebliche englische Landschaft...«
    Er schaffte es schließlich doch, alles zu erwähnen, was erwähnt werden mußte, den korsischen Tyrannen, das freie englische Bauerntum, den König und den Prinzregenten, Lady Barbara und Richard. Als er geendet hatte, entstand wiederum eine peinliche Pause, die Leute sahen einander an, bis endlich einer der Bauern vortrat: »Drei Hurras für Mylady!«
    Alle stimmten ein, so laut sie konnten, so daß Richard heftig erschrak und in lautes Gebrüll ausbrach.
    »Drei Hurras für Sir Horatio! Eins, zwei, drei und ein Tigergebrüll!« Nun hatten sie nur noch die Pflicht, sich mit Anstand ins Haus zurückzuziehen, dann würde sich die versammelte Pächterschaft von selbst zerstreuen. Und damit war die Geschichte dann Gott sei Dank überstanden. In der Halle erwartete ihn der Diener John in einer Haltung, die dieser selbst wahrscheinlich für einwandfrei hielt. Er wollte ihm bald beibringen, seine Ellbogen am Körper zu halten, jedenfalls nahm er sich das etwas gelangweilt vor. Wenn er sich schon einen Diener hielt, dann wollte er auch etwas Richtiges aus ihm machen. Da war auch die Kinderfrau und stürzte sich auf Richard, um nachzusehen, ob er sich nassgemacht hatte. Und nun kam der alte Butler herbeigehumpelt und überreichte ihm auf einem Tablett einen Brief. Als Hornblower das Siegel erblickte, fühlte er, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Ein solches Siegel und dieses dicke Leinenpapier benutzte, soviel er wußte, nur die Admiralität. Monate waren vergangen, Monate, die ihm wie endlose Jahre vorgekommen waren, seit er das letztemal ein Schreiben der Admiralität in Händen gehabt hatte. Erregt und hastig griff er nach dem Brief und erinnerte sich nur dank einer gnädigen Vorsehung im letzten Augenblick daran, von Barbara mit einem kurzen Blick
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher