Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holunderküsschen (German Edition)

Holunderküsschen (German Edition)

Titel: Holunderküsschen (German Edition)
Autoren: Martina Gercke
Vom Netzwerk:
Autsch! Ich reibe mir die Stelle am Schädel. Benni hat es ebenfalls am Kopf erwischt . Auch er hat einen feuerroten Fleck auf der Stirn.
    „`Tschuldigung“, murmele ich leise und fange gleich wieder an zu kichern. Ich kann nichts dafür. Es ist so ein innerer Drang, als ob ich Brausepulver auf den Handflächen habe.
    „Na, das muss ja komisch sein“, murrt er etwas ungehalten. „Ich schlage vor, ich hole uns etwas zu trinken. In Ihrem ...“ Er sieht, wie ich ermahnend den Zeigefinger hebe. „Ähm ... in I h rem Zustand ist es vielleicht besser, wenn du hier wartest.“
    Ich nicke huldvoll. Der Mann weiß, was sich gehört. Wobei, was meint er eigentlich mit »meinem Zustand«? Zugegeben, ich habe vielleicht ein bisschen viel getrunken, aber deswegen bin ich immer noch voll und ganz Herr meiner Sinne.
    „Prima“, sage ich.
    „Gut, dann bis gleich.“ Er dreht sich um und ich erhasche einen kurzen Blick auf seinen Hintern. Es gibt ja leider viele Männer, die von hinten so aussehen, als wäre ihnen der Po i r gendwo auf dem Weg nach draußen abhanden gekommen. Die Jeans wirken dann, als ginge der Rücken in gerader Linie in die Oberschenkel und dann in die Kniekehlen über. Und das, obwohl die meisten Frauen zuerst auf den Po eines Mannes sehen – zumindest laut einer Umfrage, die ich kürzlich gelesen habe . Also Benni braucht sich jedenfalls darüber keine Sorgen zu machen . Sein Po ist ein absolutes Prachtexemplar und knackig rund. Schon ist er aus der Tür. Da fällt mir auf, dass er mich gar nicht gefragt hat, was ich eigentlich trinken möchte.
     
     
    Es dauert ewig, bis Benni wiederkommt. Der Zug setzt sich langsam in Bewegung, zumi n dest glaube ich das. Zur Sicherheit sehe ich aus dem Fenster. Tatsächlich zieht der Bahnhof am Fenster vorbei und der Zug rattert über die Gleise hinaus in die Dunkelheit.
    Ich fahre – ich fahre tatsächlich nach Hamburg! – summt es leise in meinem Kopf. Herr J o hann Hartmann, ade! Instinktiv hangele ich nach meinem Handy, um Katja anzurufen. Kein Netz, nur Notruf möglich. Unglaublich! Die ganze Welt ist miteinander vernetzt, nur hier in Freiburg gibt es Funklöcher. Frustriert lasse ich es zurück in die Tasche gleiten.
    Mein Gott, wie lange braucht der denn? Gelangweilt stehe ich auf und gehe zu dem kleinen Spiegel. Erschreckt weiche ich zurück, als ich mein bleiches, mit schwarzer Mascara verschmie r tes Gesicht darin erblicke. Ich schnappe mir meine Schminktasche, ohne die ich nie aus dem Haus gehe. Als ich sie öffne, quellen mir bereits die verschiedenen Tübchen und Stifte entgegen. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht sämtliche Proben zu sammeln, die man so in Zei t schriften und Drogerien findet. Die Dinger sind nämlich ungemein praktisch, wenn man unte r wegs ist. Ich wühle nach dem Einmalabschminktuch.
    Enthaarungscreme! Ich stecke das kleine Tütchen zurück in die Tasche und wühle weiter. Ah, da ist es. Hastig beginne ich mit den Restaurationsarbeiten, was sich bei dem Geschaukel als gar nicht so einfach gestaltet. Ein paar Minuten später sehe ich wieder aus wie ein Mensch.
    „Sehr geehrte Fahrgäste“, dringt eine Stimme zu mir. Ich hebe den Kopf. „Hier spricht ihr Zugführer. Wir haben soeben Freiburg verlassen und befinden uns nun auf direktem Weg nach Hamburg über ...“
    Wo sind denn die Lautsprecher versteckt?
    Ich taste mit den Augen meine Umgebung ab. Schon nach kurzer Zeit habe ich die typischen Membranen in der Zugdecke entdeckt. Die Bahn ist deutlich moderner geworden, das muss ich schon sagen. Wer weiß, was die noch alles versteckt haben, ohne dass es der Kunde weiß?! Vie l leicht sind hier sogar Kameras eingebaut, die jeden unserer Schritte überwachen? „Reine Siche r heitsmaßnahmen!“ Natürlich! Keine schöne Vorstellung. Ich drehe mich auf der Stelle, was sich als gar nicht so leicht herausstellt und suche meine Umgebung nach verdächtig aussehenden Kleinteilen ab.
    Wo haben die das blöde Ding versteckt?
    Mein Blick fällt zufällig auf den schwarzen Rimowakoffer meines Begleiters. Johann hatte die gleichen Koffer. Mmh, für einen Studenten ganz schön teuer . D en hat bestimmt sein Vater spendiert. Ob ich mal einen Blick hinein riskieren soll? Ich persönlich finde Schnüffelei erst dann verwerflich, wenn man dabei Spuren hinterlässt. In diesem Fall ist es mehr eine Informationsb e schaffungsmaßnahme.
    Ich würde niemals die Post fremder Menschen öffnen oder anderer Leute E-Mails lesen, aber hier geht es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher