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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut
Autoren: Barbara Brinkmann
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einer noch recht frischen Beziehung, wo man sich nie ganz sicher seinkann. Immer abwechselnd anrufen oder e-mailen. Ganz wenige Ausnahmen verträgt die Regel zwar, aber nur ganz selten.
    Eine E-Mail hat sie auch nicht bekommen, das hat die Katharina schnell gecheckt. Notebook hochgefahren, nach dem fünften Einwahlversuch ins Internet, E-Mails abgerufen, aber nur Werbung und Spam. Dann hat sie sich vors Haus in die Abendsonne gesetzt mit ihrem Wein und ihren Broten.
    Die Tierärztin hatte noch nicht zurückgerufen bis jetzt.
    Aber der Peter ist recht schüchtern dahergekommen und hat aus ein paar Metern Entfernung gefragt: »Servus, Kathi. Wia is’n glaffa heit, an deim ersten Tag?«
    Da hat die Katharina sich irgendwie gefreut, dass da jemand ist, der sich quasi nach ihrem Befinden erkundigt.
    »Geht scho. Recht ruhig eigentlich. Magst di ned hersetzen?« Sie hat Platz gemacht auf der Bank, und der Peter hat sich ein bisschen zögerlich zu ihr gesetzt. »Magst a Brot?«, hat sie gefragt und ihm den Teller hingehalten. Er hat kurz auf den Teller geschaut, dann auf die Kathi und dann wieder auf die Brote.
    »Du, i wuj dir nix wegessen.«
    »Schmarrn! I hab scho no mehra da«, hat die Katharina gelacht und ihn ein bisschen gedrängt: »Jetz nimm hoit, du hast doch an Hunger, oder?«
    Und dann hat er sich doch eins von den Leberwurstbroten genommen, Danke gesagt und reingebissen. Und dabei ausgesehen wie ein kleiner Bub, wie er da so sein Brot gegessen hat, in seiner Arbeitshose, in seiner blauen, die so wunderbar nach Kuhstall gerochen hat. Auf der Katharina ihr Drängen hin hat er auch einen Schluck Wein aus ihrem Glas getrunken. Recht wortkarg. Aber trotzdemschön, wenn du Gesellschaft hast beim Essen oder Rumsitzen, grad, wenn du sonst immer alleine bist. Da ist es den beiden im Prinzip gleich gegangen.
    Und gegangen ist dann auch das Telefon, also der Katharina ihr Handy. Und der Peter hat so getan, als wär er gar nicht da. Er hat in die andere Richtung geschaut. Aber zuhören tut man ja trotzdem, wenn der Telefonierende zwei Meter von einem entfernt sitzt. Nur verstanden hat er nichts, weil das Telefonat auf Italienisch stattgefunden hat.
    Pronto?   – Cara mia! Come mi manchi!   – Mi manchi anche tu.   – Come va, bella? Com’è andato il tuo primo giorno in polizia?   – Abbastanza bene   …
    Der Anruf, auf den sie seit zwei Tagen gewartet hatte, war nicht besonders lang, aber hinterher hat die Katharina ganz glücklich gewirkt. Und dem Peter hat das Leberwurstbrot dann gar nicht mehr so gut geschmeckt wie vorher. Noch bevor ihr Handy ein zweites Mal gegangen ist, ist der Peter aufgestanden, hat noch einmal Danke gesagt und »I muaß de Heena no in’n Stoj doa. Pfiat di!«
    Das zweite Telefonat war von
Teilnehmer unbekannt
.
    »Katharina Berger, hallo?«
    Eine angenehme tiefe Frauenstimme hat sich gemeldet.
    »Frau Berger, entschuldigen Sie meinen späten Anruf. Hier ist Sabine von Hohenstein.«
    Die Tierärztin! Halb neun Uhr abends noch im Dienst? Aber ihren Doktor hat sie nicht genannt, und Ärzte machen das eigentlich immer, vor allem, wenn sie im Dienst sind. Es gibt nur zwei Ausnahmen: Privatanruf oder Understatement.
    »Danke für Ihren Anruf, Frau Dr. von Hohenstein. Ich war heute   –«
    »Sie waren heute in meiner Praxis, die Sprechstundenhilfe hat es mir ausgerichtet, ja. Und auch Ihre Bitte um Rückruf. Wie kann ich Ihnen helfen?« Die Tierärztin hat dermaßen Hochdeutsch gesprochen, dass die Katharina gleich gewusst hat, die kommt aus der Stadt, aber was sie wohl aufs Land raus verschlagen hat, wer weiß.
    »Ich hatte Ihrer Sprechstundenhilfe gesagt, die Hühner meiner Vermieter hätten Milben«, hat die Katharina jetzt umständlich angefangen, aber nicht dass die Hohenstein schwer von Begriff gewesen wäre.
    »Ein netter und durchaus plausibler Vorwand, um ein Gespräch mit mir zu suchen, Frau Berger. Aber ich hab auch gehört, Sie seien in Ihrer Polizeiuniform erschienen.« Schon wieder ein Zivilist, der die Katharina auf eine ihrer Unachtsamkeiten hingewiesen hat. »Ich nehme an, es geht um das Verschwinden von Thomas Altmann.«
    Auf den Punkt gebracht von einer anscheinend resoluten Frau mit Doktor- und Adelstitel. Nicht unsympathisch eigentlich, diese direkte Art. Wenn die Katharina sich nicht plötzlich so klein, deppert und unbedeutend gefühlt hätte.
    »Sie haben vollkommen recht, Frau von Hohenstein«, hat die Katharina mit offenen Karten weitergespielt, und den
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