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Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Titel: Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
Autoren: Iain Levison
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wirklich nicht, zurzeit können wir keine näheren Auskünfte erteilen.
    Na immerhin. Solange sie meinen Namen nicht rausgeben, besteht eine reelle Chance, dass ich meinen Job behalten kann, wenn diese Scheiße hier ausgestanden ist.
    Ich denke an die Arbeit. Sie waren natürlich schon in der Garage, zumal sie meinen Fahrtenstreifen haben und über die Dampfreinigung meines Taxiwagens Bescheid wissen. Mein Wagen wird wahrscheinlich auseinandergenommen und in einer dieser CSI-Werkstätten bis ins Detail untersucht, wo die Kriminaltechniker mit ihrem Blaulicht und Chemikalien zu Werke gehen. Eigentlich sollte ein neuer Kollege namens James, ein Sudanese, mein Fahrzeug für die Frühschicht übernehmen. Jetzt ist es in dieser Werkstätte. Ich frage mich, welchen Wagen ihm Donnie stattdessen zugeteilt hat.
    Ich stelle mir vor, wie Gerüchte durch die Luft schwirren. Wie Donnie, der Disponent, seinen Kopf schüttelt vor Abscheu, wenn er den Fahrern, die zur Schicht einrücken, erzählt, wie Jeff Sutton ein kleines Mädchen entführt hat. In meiner Vorstellung taucht kein Fahrerkollege auf, der sich weiß Gott wie für meine Unschuld starkmacht, auch nicht diejenigen, die mich besser kennen.
    »Ich will einen Anwalt«, wiederhole ich. »Ihr hört mir ja gar nicht zu.«
    »Wir hören ihm nicht zu, Dave. Hast du das gehört?« Power-Grinser zeigt ein derart aufgesetztes und maliziöses Lächeln, dass mir sofort klar wird, darauf kann nur ein Wut- oder Gewaltausbruch folgen. Instinktiv möchte ich zusammenzucken, versuche aber, standzuhalten. Power-Grinser kommt näher an mich ran, mit gefrorenem Lächeln, puren Hass ausstrahlend. »Vielleicht hören wir Ihnen deshalb nicht zu«, sagt er, beinahe wispernd, »weil wir gewundene Schwachsinngeschichten satthaben, in denen es um College-Studentinnen geht, die gar nicht existieren, oder wie Sie in den Häusern fremder Leute rumlaufen und völlig ohne Grund deren VERDAMMTE FENSTER ABGREIFEN!«
    »Sie haben dieses Fenster entriegelt, damit Sie später eindringen können«, sagt Dave jetzt mit ruhiger Stimme, vernünftig, seine Hände hinterm Kopf gefaltet.
    »Nein, das hab ich nicht.«
    »Haben Sie doch.«
    »Ich will einen Anwalt.«
     
    Power-Grinser und Inspektor Dave sind zur Ansicht gelangt, dass ich meine Schuld nur deshalb nicht eingestehen will, weil ich mächtig stolz darauf bin, eine Zwölfjährige entführt und getötet zu haben. Ich bin entzückt über die Enttäuschung, die meine Weigerung, ein Geständnis abzulegen, den beiden bereitet. Sie verstehen das … sie verstehen mich. Sie wissen, wie ich ticke. Sie sind in meinem Kopf drinnen.
    Das behaupten sie zumindest ohne Unterlass. Und ihre Methode könnte ja tatsächlich funktionieren, wenn ich die Tat begangen hätte. Allein durch die Tatsache, dass dies nicht der Fall ist, wird das Ganze lächerlich.
    Wären sie wirklich in meinem Kopf drinnen, würden sie erkennen, dass ich unschuldig bin, also machen sie sich mit ihrem Spielchen im Grunde nur zum Deppen. Sie kommen mir vor wie Bühnenzauberer, deren Trickmaschinerie rückwärts abläuft, sodass ihre sämtlichen Kunststücke durchschaubar vor mir liegen, während sie darauf warten, dass ich endlich in Begeisterung ausbreche.
    Ihrer Theorie gemäß habe ich im Haus dieser Frau Kinderspielzeug bemerkt, außerdem ist mir die Couch am Fenster aufgefallen, wo sich der Schlafplatz des Mädchens befindet. Ich habe die Fotos betrachtet (die mir in Wahrheit gar nicht aufgefallen sind) und konnte daraus auf das Alter des Kindes schließen. Dann bin ich zu einem Fenster gegangen, um es zu entriegeln (in Wahrheit war das Fenster gar nicht verriegelt), und habe es einen kleinen Spalt geöffnet, um mir für später in der Nacht den Zugang zum Haus zu sichern. Um circa elf Uhr kehre ich zurück, entführe das Kind, vergewaltige und ermorde es (so haben sie sich das jedenfalls vorgestellt), entsorge die Leiche und kehre zur Garage zurück, um das Taxi mit dem Dampfreiniger zu reinigen und damit allfällige gerichtlich verwertbare Spuren zu vernichten. Dann erfinde ich eine Geschichte über zwei College-Studentinnen, die sich übergeben haben.
    All dies haben sie einem einzigen Fingerabdruck entnommen.
    »Ich will einen Anwalt«, sage ich, als sie mit ihren Vorhaltungen fertig sind.
    »Die Dame des Hauses hat Sie in einer Fotogegenüberstellung erkannt«, sagen sie.
    »Als der Mann, der sie vom Flughafen nach Hause gebracht hat. Ich gebe zu, dass ich Taxifahrer bin. Ja, und ich habe
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