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HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

Titel: HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
Autoren: JOANNA MAITLAND
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geduldig. „Und außerdem hat mein rechter Arm die meiste Arbeit geleistet.“
    Sie wandte sich ab. Eigentlich müsste sie sich für diesen zweiten Fauxpas entschuldigen, doch das würde alles noch schlimmer machen. Was war aus der Emma geworden, die man Debütantinnen als Muster für weibliche Anmut und gutes Benehmen vorhielt? Innerlich litt sie wahre Qualen. Aus irgendeinem Grund ließ Hugo Stratton sie alles vergessen, was sie je über damenhaftes Verhalten gelernt hatte.
    Das Schlagen der Standuhr in der Halle durchbrach die Stille.
    „Gütiger Himmel“, rief Emma aus, „wie spät es geworden ist! Ich muss aufbrechen.“ Rasch stand sie auf. „Ich fürchte, über der Aufregung, euch alle wiederzusehen, habe ich versäumt, eine Nachricht zu hinterlassen, wohin ich geritten bin. Papa wird sich Sorgen machen. Ich hoffe, er hat keinen Suchtrupp ausgesandt.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln eilte sie zur Tür. „Oh bitte, bleibt ruhig sitzen“, sagte sie schnell, als sowohl Jamie als auch Hugo Anstalten machten, sich zu erheben. „Ich kenne den Weg.“
    Richard konnte ihr gerade eben noch rechtzeitig die Tür aufhalten.
    Richard hatte Emma zu den Stallungen begleitet, und als er zurückkehrte, traf er Hugo allein im Salon an. Der Freund lehnte an dem Schreibtisch am Fenster, während er seinen Blick über den Park schweifen ließ.
    „Miss Fitzwilliam hält sich hervorragend im Sattel“, äußerte er, als Richard sich zu ihm gesellte.
    Richard nickte. „Beinahe so gut wie Jamie. Dabei fällt mir ein: Wo ist meine liebe Gattin?“
    „Lady Hardinge ging nach oben, um sich auszuruhen.“ Hugo konnte den Blick nicht abwenden von Emmas allmählich kleiner werdenden Gestalt. Die wilde Göre war eine echte Schönheit geworden. Ihre Manieren waren nicht ganz tadellos, indes zeigte ihr Verhalten eine deutliche Besserung gegenüber dem unmöglichen Kind, an das er sich erinnerte. Sie hatte getan, was sie konnte, um zu verbergen, wie abstoßend sie ihn fand – was ihr gewiss nicht leichtgefallen war. Er sollte sie nicht verurteilen.
    Richard legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Was hältst du davon, wenn wir uns in die Bibliothek begeben, Hugo? Dort ist es gemütlicher, und außerdem wartet ein guter Madeira auf uns.“
    Hugo wandte sich halb von dem Fenster ab. „Lieber nicht, wenn es dir nichts ausmacht“, erwiderte er mit leisem Bedauern. „Bald ist es Zeit, mich zum Dinner umzukleiden, und …“
    „Und dein Gastgeber zeigt wenig Einfühlungsvermögen, wenn er dich zu ständigem Treppensteigen nötigt. Entschuldige meine Gedankenlosigkeit, Hugo.“ Richard ging zum Klingelzug. „Ich lasse den Madeira hierherbringen.“
    Hugo sah den Freund an und lächelte. Er schuldete ihm so viel – genau wie Lady Hardinge. Wer sonst hätte sich des menschlichen Wracks angenommen, das aus ihm geworden war?
    „Wann hast du Emma zum letzten Mal gesehen?“, fragte Richard, ließ sich auf das Sofa fallen und streckte die langen Beine aus.
    Hugo hinkte langsam quer durch den Raum. Er bemerkte, dass Richard inzwischen darauf verzichtete, ihm zu helfen. „Vor mehr als zehn Jahren.“ Schwerfällig ließ er sich auf demselben hochbeinigen Stuhl nieder, den Lady Hardinge vorhin verlassen hatte. „Genauer gesagt, war es der Tag, an dem ich von Harding abreiste, um mich meinem Regiment anzuschließen. Ich werde diesen Tag niemals vergessen. Ich war so gespannt – auf Abenteuer, Ruhm und …“ Er verstummte.
    Sie sprachen nicht weiter, bis der Butler mit dem Madeira erschien.
    Während Richard ihnen einschenkte, schien er beschlossen zu haben, dem Gespräch wieder eine heitere Wendung zu geben. „Und, was hältst du heute von ihr? Du musst zugeben, dass sie sich verändert hat.“
    Hugo nickte. „Damals war noch nicht zu erkennen, dass sie einmal eine Schönheit werden würde.“
    Richard lachte. „Wo hättest du das sehen wollen, unter all dem Schmutz?“
    Hugo zog die Brauen hoch. „Deine Erinnerung trügt dich, alter Freund. Ich fand sie immer einigermaßen sauber. Und sie benahm sich auch recht gut, in Anbetracht der Tatsache, dass sie auf Bäume kletterte.“
    „Tat sie das?“ Nachdenklich trank Richard seinen Madeira. „Du könntest recht haben. Emma war immer zu jeder Schandtat bereit – und doch war sie immer schmutzig. Bis ihr Vater dafür sorgte, dass sie den notwendigen Schliff bekam. Bei ihrem Debüt war sie völlig verändert. Eine blonde Schönheit mit makellosem Auftreten in jeder Lebenslage. In
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