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Hoellischer Verrat

Hoellischer Verrat

Titel: Hoellischer Verrat
Autoren: Kira Licht
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zu gut?«
    »Wie bitte?«
    »Dein Vater und ich tun alles für dich! Und du benimmst dich so undankbar und vergraulst unseren Gast.«
    »Ich habe ihn nicht vergrault. Er hat gar kein Interesse an mir. Ich glaube, er ist bereits verheiratet. Sie heißt ‚Arbeit‘ und fordert die volle Aufmerksamkeit von ihm.« Mein Ton klang verletzter als beabsichtigt. Bei Mutter jedoch zeigte er sofort Wirkung. Ihr Blick wurde weicher und sie strich sacht über meinen Oberarm.
    »Ach Kind. Es muss ja nicht dieser sein. Wir finden schon jemanden für dich.« Das »wir« in diesem Satz gefiel mir nicht, doch um der guten Stimmung willen nickte ich. Sie strich kurz über meine Haare und legte dann einen Arm um meine Taille.
    »Komm, wir gehen noch ein bisschen hinein. Sei nicht enttäuscht, wir finden jemand anderen für dich.«
    Ich ließ die Schultern hängen und versuchte, nicht daran zu denken, dass dieses Gespräch eben den Verkupplungswahn meiner Eltern vermutlich noch verstärkt hatte.
    Im Esszimmer ließen die Gesprächsfetzen vermuten, dass es immer noch um Politik ging. Wie spannend.
    »Nikka«, sagte Vater mit von der angeregten Konversation geröteten Wangen. »Zeig Tarsos doch bitte die Bibliothek. Er sammelt ebenfalls Erstausgaben menschlicher Autoren.«
    Meine Mutter schickte Vater einen eindeutigen Blick, doch er verstand nicht. Tarsos beobachtete meine Reaktion, deshalb nickte ich möglichst wertungsfrei.
    »Folgen Sie mir bitte.« Als wir losgingen, hörte ich Mutter eifrig mit Vater tuscheln.
    Unser Weg verlief schweigend, ich ging immer einen halben Schritt voraus und er machte sich keine Mühe, mich einzuholen. Als ich die schwere Tür in der oberen Etage aufstieß, empfing uns der Geruch nach altem Papier und Leder.
    Tarsos schien sofort voll in seinem Element zu sein, was dazu führte, dass er meine Anwesenheit scheinbar vergaß. Er griff in die Regale, zog Bücher hervor und murmelte anerkennend. Fast ehrfürchtig schlug er ein paar von ihnen auf oder las einen kurzen Abschnitt. Ich sah ihm ungewollt fasziniert dabei zu. Bisher hatte er abweisend und undurchsichtig gewirkt, doch nun, da er so viel Begeisterung zeigte, kam er deutlich sympathischer rüber. Als sein Blick wie zufällig auf mich fiel, die ihn immer noch beobachtete, kehrte er in die Realität zurück.
    »Faszinierend!«
    Ich nickte zustimmend, obwohl ich ernsthaft daran zweifelte, dass wir über dasselbe Thema redeten. Er legte das Buch zurück und kam auf mich zu.
    »Müssen Sie da öfter durch?« Wieder war sein Blick undurchdringlich und emotionslos.
    »Wie bitte?«
    »Sie wissen doch sicherlich genauso gut wie ich, warum wir einander vorgestellt wurden.«
    Ich zuckte die Schultern. »Es ist ein Hobby meiner Eltern.«
    Er nickte und sah mir forschend in die Augen. »Sie hätten ja nicht kommen müssen.«
    »Sie kennen meine Eltern nicht.«
    Fast hätte er gelächelt, da war ich mir sicher, doch stattdessen wanderte sein Blick einmal an mir hinunter bis zu den schlammbespritzten Schuhen und dann wieder hinauf zu meinem Gesicht.
    »Etwas an Ihnen ist … ungewöhnlich«, sagte er dann. »Ich glaube, es ist die Art, wie Sie Ihr Kleid tragen.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Sie wirken nicht wie ein Püppchen, das den ganzen Tag vor dem Spiegel sitzt.«
    Wenn das eine Anspielung auf meine dreckigen Schuhe sein sollte, dann würde ich sie einfach überhören. Ich sah ihn misstrauisch an. Machte er sich etwa lustig über mich?
    »Ich sitze ja auch nicht den ganzen Tag vor dem Spiegel«, erwiderte ich deshalb.
    »Und was machen Sie dann?«
    Nun steckte ich in einer Zwickmühle. Meine Eltern hatten mir verboten, in ihrem Haus über meine Arbeit zu sprechen. Es war ihnen peinlich, weil es unschicklich war, und für eine geborene Ekishtura gehörte es sich schon gar nicht. Ich blickte auf den Boden, damit er mir den Kampf in meinem Inneren nicht ansah. Als ich wieder aufsah, hob Tarsos provozierend die Augenbrauen.
    »Also doch ein Püppchen«, sagte er dann.
    Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, konnte mich aber in letzter Sekunde bremsen und klappte ihn nur wütend wieder zu.
    »Schade«, murmelte er, dann wandte er sich zum Gehen. »Würden Sie mich zurück zu Ihren Eltern begleiten, ich muss leider aufbrechen.«
    »Ich bleibe noch ein wenig hier«, erwiderte ich kalt.
    Tarsos nickte kurz und wirkte nicht einmal sonderlich überrascht. »Dann noch einen guten Abend.« Sobald er die Tür hinter sich zugezogen hatte, ließ ich mich auf
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