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Hoellischer Verrat

Hoellischer Verrat

Titel: Hoellischer Verrat
Autoren: Kira Licht
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stummer Schrei durch den Raum.
    Der Engel betrachtete uns durch die Glasscheiben der Balkontür, ohne sich zu rühren. Er war groß gewachsen, mit breiten Schultern und langen kräftigen Beinen. Seine dunklen Haare fielen ihm glatt über den Rücken und sein Gesicht war so ebenmäßig und schön, dass ich meinen Blick nicht mehr abwenden konnte. Ich weiß noch, wie bedrohlich er wirkte, obwohl er nur Jeans und ein schmuddliges T-Shirt trug. Es schien, als wollte er allein durch seine körperliche Präsenz eine Kampfansage überbringen. Mutter zog mich aus dem Zimmer, warf die Tür zu und wir flüchteten zu meinem Vater, der sich im Raum nebenan aufhielt.
    Es sollte sich herausstellen, dass die Engel durch die verzweifelten Gebete der Menschen auf die Erde gerufen worden waren. Die geflügelten Heerscharen glaubten an das Gute in ihnen, dass die Menschheit sich ändern könnte und dass sie es wert waren, zu überleben.
    An jenem Tag nahmen die Engel den Kampf gegen uns auf. Obwohl sie sterblich waren und weitaus mehr menschlich als wir Dämonen, taten sie alles in ihrer Macht Stehende, um unseren Feldzug zu sabotieren. Sie schufen Verstecke für die überlebenden Menschen. Sie halfen ihnen, Lebensmittel anzubauen und alles Nötige selbst herzustellen. Und noch viel schlimmer: Sie glaubten daran, dass sie uns besiegen konnten.
    Vater reagierte umgehend. Er rief die Ratsversammlung ein und nahm Kontakt zu unserer Heimatdimension auf. Gemeinsam beschloss man, eine politische Behörde zu gründen, die sich einzig und allein der Erforschung und Ausrottung der Engel widmete. Dämonen aller sieben Rassen wurden ausgebildet und trainiert, die geflügelten Wesen zu töten. Andere beschäftigten sich ausschließlich damit, die Engel zu erforschen. Sogenannte Hauptquartiere, die über den ganzen Planeten verteilt errichtet wurden, dienten als Schaltzentralen für eine systematische Dezimierung der Engel. Ganz unbemerkt wich die Ausrottung der Menschheit in den Hintergrund. Plötzlich waren die Engel unser größtes Problem.
    Obwohl ich dank des Wohlstands meines Vaters niemals hätte arbeiten müssen, beschloss ich am Ende meines Teenager-Daseins , mich den Engelsjägern anzuschließen. Jenen kriegerischen Truppen, die dazu ausgebildet wurden, Engel im Kampf zu töten. Womit wir schließlich wieder bei meiner Vorliebe für bequeme Kleidung und schwere Stiefel angekommen wären.
    Obwohl meine Eltern es ganz und gar unerhört fanden, dass ich mich freiwillig mit dem Todfeind auf der Straße prügelte, so fand ich es immer noch sinnvoller, als den ganzen Tag vor dem Spiegel zu sitzen und über meine Garderobe nachzudenken . Es wäre überflüssig zu erwähnen, dass meine Eltern auch verzweifelt nach einem Ehemann für mich suchten, in der Hoffnung, mein Dasein als Ehefrau würde mir die Lust am Kämpfen nehmen. Wie amüsant!
    Endlich am Aufzug angekommen, versuchte ich zu verdrängen, welcher überaus würdige Lebensabschnittspartner mich bei meinen Eltern erwarten würde. Die Liste der Kandidaten, vor denen ich am liebsten schreiend davongelaufen wäre, wurde länger und länger.
    Die Türen gingen auf und ich betrat die hell erleuchtete Kabine. Der Knopf für P wie Parkhaus war schon gedrückt, wie praktisch. Eigentlich hatte ich nie wieder bei so einem Kuppeltreffen meiner Eltern erscheinen wollen. Ich hatte es meiner Mutter sogar ausdrücklich gesagt. Und nun?
    Ich drehte mich zur Kopfseite der Kabine, die komplett verspiegelt war. Ein blasses Gesicht mit traurigen braunen Augen sah mich an. Das dunkelgrüne Seidenkleid verlieh meiner sportlichen Figur ein paar sanfte Rundungen, trotzdem sah ich darin aus, als hätte ich es meiner großen Schwester geklaut. Auch das schwarze Haar mit dem tiefgrünen Schimmer wirkte durch die Haarspangen eher geknebelt als vorteilhaft zur Geltung gebracht.
    Ich seufzte und strich über die Narbe an meinem Oberarm. Ob sie jemals komplett verschwinden würde? Da wir Dämonen unsterblich waren, heilten unsere Verletzungen sehr viel schneller als die der Engel oder Menschen. Ich war im Kampf verwundet worden, was eigentlich nichts Besonderes war. Wir Engelsjäger trugen öfter kleinere Schnitte oder Schrammen davon, denn auch die Engel waren gut bewaffnet. In den meisten Fällen kämpften sie mit ihren Flammenschwertern, deren Klingen komplett aus Feuer bestanden, oder mit kleineren Dolchen und Messern, die sie warfen oder uns im Nahkampf in den Körper stießen. Daraus entstehende Verbrennungen
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