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Hoellischer Verrat

Hoellischer Verrat

Titel: Hoellischer Verrat
Autoren: Kira Licht
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einen niedrigen Sessel fallen. Was bildete er sich eigentlich ein? Glaubte er, nur weil er gut aussah, würde ich ihm zuliebe das brave Püppchen spielen, das sich alles sagen ließ und kicherte, wenn er seine Unverschämtheiten über mir ausschüttete? Sollte er sich doch verlaufen in den vielen Gängen!
    Ich wartete noch eine Weile, bis ich unten die schwere Eingangstür ins Schloss fallen hörte. Endlich, er war weg, dieser schwer einzuschätzende potenzielle Lebensabschnittsgefährte, der so offensichtlich gar kein Interesse an mir hatte. Jetzt, wo ich wusste, dass wir wieder unter uns waren, schlich ich über die langen Gänge zurück Richtung Speisesaal. Schon auf der breiten Treppe, die in das untere Stockwerk führte, entdeckte ich meine Eltern, die schon wieder tuschelnd in der Eingangshalle herumstanden. Ich erwartete bereits das übliche Donnerwetter, doch als ich näher kam , strahlte meine Mutter mich herzlich an. Kaum hatte ich einen Fuß auf den steinernen Boden der Eingangshalle gesetzt, kam sie auf mich zu und hielt mir einen gefalteten Zettel entgegen.
    »Ich freue mich so für dich, Kind«, sprudelte es aus ihr heraus, noch bevor ich nach dem beschriebenen Stück Papier greifen konnte.
    »Wieso?«, fragte ich vorsichtig.
    »Er hat dir eine Nachricht hinterlassen«, sagte Mutter und ihre Stimme hatte einen leicht euphorischen Klang. Mein Vater im Hintergrund lächelte dazu schief. Ungewollt beeindruckte mich dieser Ausbruch an emotionaler Mimik mehr als der Vielleicht-Liebesbrief in meiner Hand. Ich wusste nicht, wann ich Vater das letzte Mal so verschmitzt hatte lächeln sehen.
    »Nun lies schon«, drängelte meine Mutter.
    »Weißt du etwa, was drinsteht?«
    »Nein, aber das macht es ja so spannend.«
    »Ich weiß nicht …«, druckste ich herum. »Vielleicht ist es etwas sehr Persönliches, was er mir schreibt. Und außerdem, wieso hat er es mir nicht in der Bibliothek gesagt? Von dort komme ich gerade.«
    Mutter hatte offensichtlich keine Lust, sich länger meine Einwände anzuhören. Stattdessen wollte sie mir doch tatsächlich den Zettel wieder aus der Hand schnappen. Weil ich grundsätzlich schneller war als sie, hatte ich die Hand zurückgezogen, bevor sie ihr Ziel auch nur ansatzweise erreichen konnte.
    »Wir sind immerhin deine Eltern, Kind! Wir dürfen alles lesen, was dir ein Fremder schreibt.«
    »Ach, er ist ein Fremder? Ich dachte, er wäre auf dem besten Weg einer von den neuen Ratsberatern zu werden. Gehört er dann nicht auch irgendwie zur Familie?«
    »Nun werde mal nicht frech, Fräulein.«
    »Und außerdem …«, holte ich weiter aus, »… bin ich wohl aus dem Alter heraus, in dem ihr ungefragt meine Tagebücher lesen konntet.«
    »Das haben wir nie getan«, schnaufte meine Mutter. Vater sagte lieber gar nichts.
    »Gib es auf«, erwiderte ich. »Ich weiß es.«
    Mutter schnaufte erneut höchst unelegant. »Das hier sind aber keine Tagebücher«, sagte sie plötzlich.
    Ich knüllte den Zettel in meiner geballten Faust zusammen. Eigentlich interessierte es mich sowieso nicht wirklich, was er mir schrieb. Was sollte es schon Großartiges sein? Er war unverschämt und kalt, ich war unfreundlich gewesen, was also hätte er mir zu sagen gehabt?
    »Ich bin müde«, sagte ich. »Ich werde mich mal auf den Weg machen.«
    Mutter guckte zwar beleidigt, sah aber wohl ein, dass die Nachricht für mich und nicht für sie bestimmt war , und verabschiedete sich von mir. Auf dem Weg zum Auto fing Jaro mich mal wieder ab.
    »Wo hast du gesteckt? Eli sagte, sie hat mehrmals versucht, dich zu erreichen und dein Telefon war immer aus!«
    »Soso«, grinste ich. »Eli sagt das also … hm?« Eli war die Enkelin von Mutters Schneiderin. Sie war halb Blutdämonin, halb Diploidin und wirklich bildhübsch. Jaro und sie hatten sich hier in der Villa bei einer Anprobe kennengelernt. So wie es aussah, hatte er sich Hals über Kopf in sie verliebt. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass mein Bruder, dieser unverbesserliche Weiberheld, zu solcherlei tiefen Gefühlen fähig war.
    Jaros Augen begannen zu glänzen. »Wir haben uns schon zwei Mal getroffen, sie ist bezaubernd!«
    »Sei bloß lieb zu ihr.«
    »Ich bin lieb zu ihr!«
    »Na gut …«
    »Und wo hast du nun gesteckt? Deine Kleider sind fertig für die zweite Anprobe und Eli wollte mit dir einen Termin ausmachen.«
    »Ich hatte viel zu tun …«
    »Ach wirklich?«, fragte Jaro. »Glaubt man den Berichten, die bis in meine Abteilung dringen,
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