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Höllenzeit

Höllenzeit

Titel: Höllenzeit
Autoren: Jason Dark
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fauchte wie eine wütende Katze. Ich folgte ihm, und er wollte mir kriechend entkommen, um sich im Dunkel des großen Raumes zu verstecken. Er war kein Mensch mehr, das Böse hielt ihn umklammert, es hatte endgültig die Oberhand gewonnen. Auch das Kreuz hatte es nicht geschafft, ihn zu retten, sondern sich neutral verhalten. Es hatte ihn nicht zerstört, ihm aber auch nicht die alte Gestalt zurückgegeben.
    Ich holte ihn ein.
    Auf der Seite war er liegengeblieben, den Kopf halb erhoben, der Atem pfiff über seine Lippen.
    Er bot einen schlimmen und auch widerlichen Anblick. Mir war es nie so aufgefallen wie in diesem Augenblick. Die verbrannte Haut schimmerte, sie schien von einer Ölschicht bedeckt zu sein. Weiße Maden bewegten sich in den Fleischresten. Und die Verwandlung schritt leider fort. Auch auf der noch gesunden Haut schimmerten blaue Flecken wie Hinweise auf die Beulenpest. Es machte ihm nichts aus. Bruder Shiram lachte mir entgegen wie jemand, der bereits voll und ganz zur anderen Seite gehörte.
    Es war ein böses, finsteres Lachen, das all die Scheußlichkeiten in sich vereinigte, zu denen er stand.
    Er kroch weiter.
    Ich hielt ihn nicht auf, aber ich folgte ihm.
    Plötzlich drückte er seinen Körper zusammen. Er zog dabei die Beine an, stemmte sich blitzschnell mit den Händen ab und schnellte einen Moment später in die Höhe.
    Da war er wie eine männliche Furie, denn gleichzeitig löste sich aus seinem Maul ein furchtbarer Schrei. Es klang wie bei einem Angriff, doch das wollte er nicht.
    Er lief von mir weg. Sein Ziel war die Tür, die in diesem Augenblick mit einer kaum faßbaren Vehemenz aufflog. Sie rammte nach innen, ein Schwall feuchter und gleichzeitig kalter Luft fauchte in den Raum, der den schwefligen Gestank mitbrachte, den ich ebenfalls kannte.
    Ich blieb stehen.
    Hinter mir hörte ich die Stimmen meiner beiden Partner. »Mein Gott, sie sind da!« keuchte der Monsignore. »Wir haben es nicht geschafft.«
    Ich schaute zurück.
    Pater Ignatius stand ebenfalls kerzengerade auf der Stelle. In seinen Augen flackerte die Furcht. Auch er empfand es als schlimm, daß die Helfer Luzifers diese Schwelle überschritten hatten.
    Der Sturm fegte durch den Raum. Heißer Atem aus Untiefen der Hölle umwehte mich.
    Ich duckte mich, aber Bruder Shiram stellte sich aufrecht hin. Er wippte auf den Zehenspitzen. Dann schrie er: »Ich komme! Ich komme zu euch, Freunde…«
    Seine Stimme kippte über und ging gleichzeitig unter im Brausen des Sturms.
    Ich hörte etwas anderes.
    Hufgetrappel.
    Und es klang so, als würde jemand mit einem Holzknüppel gegen Gebeine schlagen…
    ***
    Im ersten Augenblick war ich so überrascht, daß ich es versäumte, Shiram zu verfolgen. Das Hufgetrappel hatte mich aufmerksam werden lassen. Hatte mir nicht mein Freund Ignatius von den Horror-Reitern berichtet? Er hatte gespürt, daß sie kommen würden, er hatte mit ihnen gerechnet, denn sie waren es, die immer wieder das Böse schützten, und gerade in dieser Gegend waren sie schon des öfteren aufgetaucht.
    Ich sah sie nicht, doch das hohle Klappern der alten Hufe malträtierte meine Ohren.
    Shiram war weitergegangen und hatte mittlerweile die Tür erreicht. Er ging nicht hindurch. Dicht vor der Schwelle blieb er stehen.
    Sehr langsam drehte er sich herum, weil er mich noch einmal anschauen wollte.
    Ich sah ein Monster vor mir.
    Die Haut der gesunden Gesichtshälfte hatte sich zusammengezogen.
    Sie nahm einen schwarzen Ton an, dabei sandte sie einen verbrannten Geruch aus, bei dem sich mir der Magen zusammenzog. Auch die rechte Körperhälfte zeigte jetzt diese Verbrennungen. Sie hatten das Bein bereits hinter sich gelassen, setzten sich fort, kletterten höher, um auch die Hüfte zu passieren, und die bereits schwarz gewordenen Fingernägel sahen aus, als würden sie jeden Moment abfallen und als vertrocknete Würmer vor seinen Füßen liegenbleiben.
    Er gehörte jetzt nicht mehr zu den verschiedenen Seiten. Das Böse hatte ihn herübergeholt.
    »Komm in die Höhle, Sinclair!« schrie er mir krächzend entgegen. »Los, komm her…«
    Er winkte mit beiden Händen, verbeugte sich dann spöttisch und deutete in die Halle hinein.
    Dort hatte sich kaum etwas verändert, doch etwas fiel auf: Die Tür war nicht mehr geschlossen. Die Gewalten der Hölle hatten sie aufgerissen und bliesen ihren Atem in die Halle hinein.
    »Willst du nicht, Sinclair?«
    »Keine Sorge, ich komme!«
    »Nein, John, nein!« schrie Ignatius gegen den
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