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Hoellentrip

Hoellentrip

Titel: Hoellentrip
Autoren: Manuela Martini
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versucht hinaufzu klettern .
    Patricia-Mae will den Jungen festhalten, ihn vor dem Hinunterfallen bewahren. Doch der brüllt und tritt wild um sich, noch immer mit den Armen am Schrank hängend.
    „Lassen Sie ihn, Patricia-Mae!“, ruft Joanna. „Er verletzt sich doch!“
    „Lassen Sie ihn sofort los!“, wiederholt Joanna energisch.
    Da lässt die Schwester endlich von dem Jungen ab, der daraufhin sofort verstummt.

    Eine Weile rührte sich niemand, dann ließ der Junge die Schrankkante los und glitt langsam hinunter.
    „Du bist in Sicherheit“, sagte Joanna mit ruhiger Stimme, „Niemand hier tut dir etwas.“ Zum ersten Mal sah sie der Junge an . In seinem Blick stand die pure Angst. Joanna bat die Krankenschwester, zu gehen und der Junge verkroch sich ins Bett und zog die Decke über den Kopf. Sie blieb noch eine Weile neben ihm auf der Bettkante sitzen, ließ ihm die Decke als schützende Höhle und ging schließlich.
    Die nächsten vier Stunden mit den anderen Patienten verliefen erfolgreicher. Doch sobald sie ein paar Minuten Zeit hatte, sah sie bei dem Jungen herein. Eine Praktikantin versuchte mit ihm zu spielen, einmal waren zwei Kinder bei ihm, doch er nahm mit niemandem Kontakt auf.
    Als Joanna am Abend die Klinik verließ, fühlte sich müde und niedergeschlagen. Wie lange würde es dauern, bis der Junge zu sprechen begänne? Würde er es überhaupt tun? Sie vermisste ihre Supervisorin, von der sie sich Rat und Unterstützung holen könnte. Doch Jil Graham war nach E ngland gezogen und einen Ersatz hatte Joanna noch nicht gefunden.
    Vor dem Eingang blieb sie eine Weile stehen und sie genoss die w arme, feuchte Luft . Sie war ihr lieber als die kalte aus der Klimaanlage, sie hatte das Gefühl, ein bisschen zu entspannen. Dann fiel ihr Marc wieder ein, der sicher schon zu Hause wäre. Viel lieber wäre sie jetzt allein gewesen – oder mit einem Menschen zusammen, bei dem sie sich aufgehobener fühlen konnte, verstanden – ein Krankenwagen raste mit Blaulicht und Sirene heran und unterbrach ihre Gedanken. Sie sah, wie Sanitäter die Türen auf rissen und eine Trage herausschoben auf der ein Mann mit blutigem Gesicht lag. Er hatte schwarze Haut - w ie sie. Manchmal vergaß sie das.

    Joanna fuhr durch die Straßen der City hinunter zum Fluss, fand tro tz des Samstags einen Parkplatz und ging hinunter zum Riverside Quai. Ein paar Minuten Aufschub, dachte sie, bevor sie nach Hause fahren würde. Es roch wunderbar nach Moos und Fluss , und von den Cafés am Fuße der hohen Apartmenthäuser mit ihren spiegelnden Glasfassaden drangen Stimmen und Musik. Sie sah hinauf in die weißen Wolken. Möwen kreisten. Der Wind wellte die Oberfläche des Wassers auf der Wasservögel sich treiben ließen. Eine Weile stand sie so da, und spürte, w ie all das sie durchdrang, wieder stärkte und ruhiger machte. D ann stieg sie die Stufen zum hölzernen Quai hinunter und schlug die Richtung flussabwärts ein.
    Als sie gestern Abend spät nach Hause gekomme n war, hatte Marc auf dem Sofa gelegen, fern gesehen und mit glasigen Augen aufgeblickt als sie hereingekommen war.
    „Ohne dich läuft’s wohl nicht!“, hatte er gesagt. „Andere gehen um diese Zeit aus.“ Sie war wortlos ins Bad gegangen. E r hatte sich in den letzten Monaten verändert, interessierte sich nicht mehr für ihre Arbeit, im Gegenteil, er warf ihr vor, zu viel zu arbeiten. Auf ihre Frage hin, ob er Ärger im Büro habe, winkte er immer nur ab. Natürlich dachte sie an eine Affäre. Aber schließlich hatte sie dann doch nicht den Mut gehabt, ihn direkt zu fragen.

    Sie bemerkte, dass sie schon fast an der Victoria-Bridge angekommen war. An ihrer rechten Ferse brannte eine Blase. Sie wünschte sich, Joggingschuhe angezogen zu haben und kehrte um. Als sie an einer Ampel auf Grün wartete, donnerte ein Lastwagen vorbei, und sie stellte sich vor, wie der Junge mitten auf der Straße gestanden hatte. Woher war er gekommen? Und wer wollte ihn holen?

4

    Jane Denham hatte Recht: Die Kneipe Hotel Chinchilla sah genauso aus wie tausend andere im Land. Ein mehrstöckiges Eckhaus mit einem langen Balkon. Tamara parkte den Wagen vor dem Eingang, zwischen zwei Pritschenwagen. An die Hitze hatte Shane sich fast schon gewöhnt, aber nicht an die schwarzen Fliegen, die sich sofort auf ihn und Tamara stürzten als sie ausstiegen. Eine drückende Stille lag über Chinchilla. Selbst den Vögeln schien es zu heiß zu sein.
    „Ich hasse diese Kneipen“, s eufzte Tamara
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