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Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo
Autoren: Johannes Kaul
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einfach: Es geht nicht nur darum, wer sich den Weg zu Fuß auf 3700 und 5800 Meter Höhe selbst zutraut, sondern auch darum, bei wem die Laborwerte stimmen, bei wem der Betriebsarzt nickt und bei wem er sein Veto einlegt.
    In Abstimmung mit Hubert Schwarz’ Fitnesstrainern hat inzwischen jeder von uns WDR-Menschen mit seinem individuellen Training angefangen: Laufen, Gymnastik, Kraftübungen - und immer wieder der Frust, wenn bei allen notwendigen Vorbereitungen die Zeit für das Training wieder einmal zu knapp ist. In Gesprächen merke ich, dass sich kaum einer aus dem Kollegenkreis so richtig in die Karten sehen lässt. Auf jede Nachfrage erhalte ich die lakonische Antwort: »Doch, doch, ich bin da schon dran.« Mehr nicht. Im Gegenzug stellt man im Kollegenkreis einige Mutmaßungen darüber an, wie es mir in ein paar Wochen gehen wird: 67, und dann hoch auf 5800 Meter! Doch als Ruheständler habe ich fast alle Freiheiten: Weder Arbeitgeber noch Betriebsarzt verbieten oder erlauben mir etwas.
    Auch an anderen Schauplätzen ringt man in diesen Wochen heftig oder sitzt Konflikte manchmal einfach aus: Zwischen den Offiziellen des Kili-Nationalparks, der tansanischen Behördenzentrale
in Dar-es-Salam, der tansanischen Botschaft in Berlin und dem von unserer Idee begeisterten Jürgen Gotthardt, dem tansanischen Honorarkonsul in Hamburg, wird einerseits telefoniert, gefaxt und gemailt, was das Zeug hält... und andererseits lange wieder geschwiegen. Warum um alles in der Welt wollen die Deutschen live auf den Kili, wo man doch einen Film drehen könnte? Beim Filmen gäbe es keine Probleme. Noch fehlen viele Stempel, noch kennen wir nicht alle Beträge, die die Genehmigungen kosten sollen, noch wissen wir nicht, ob der tansanische Zoll mitspielen wird. Da heißt es: Geduld!
    Dann endlich bekommen wir einige Tage vor dem Abflug so etwas wie gelb-grünes Licht. Wenn alle mitspielen, könnte man die eine Tonne schwere Technik auf 3700 Meter hochbekommen, und von dort aus dürften wir dann von Montag bis Freitag per Satellit senden. Nur für die letzte Etappe auf 5800 Meter brauchen wir eine Miniaturausrüstung mit tragbarem Funkgerät.
    So soll es denn sein, beschließen wir in Köln und sind allesamt gleichzeitig euphorisch und skeptisch. Viele Fragen sind auch dann noch nicht beantwortet, als wir schon längst im Flieger zum Kilimandscharo-Airport sitzen.

Die eigene Motivation
    Während des Flugs habe ich endlich einmal einige Stunden für mich, in denen ich wie in einem Film noch einmal alles an mir vorbeiziehen lasse, woran ich mit vielen gutwilligen WDR-Mitarbeitern in den letzten Wochen getüftelt habe.

    Bei den Ersten zu sein, in der aktuellen Berichterstattung - mit diesem Ziel habe ich mich als TV-Reporter in den zurückliegenden Jahren immer wieder auseinandergesetzt. Eigene Wege zu finden, die nicht schon hundert Mal gegangen worden sind, das gehört zu meinem Job! Doch brauche ich als Beweis dafür, dass ich noch nichts verlernt habe, wirklich die Herausforderung, einen 5800 Meter hohen Berg zu erklimmen bzw. mich dort hinaufzuquälen? Was treibt mich in diesen Stress, was genau will ich mir oder anderen damit beweisen? Immer ein Stück weiter, immer ein Stück höher hinaus? Ist es die Eitelkeit, bei einem derartigen TV-Live-Versuch dabei zu sein, bei einer Premiere? Dass die Arbeit als Reporter immer mit Risiken verbunden ist, habe ich in über dreißig Jahren in meinem Job gewusst und wohl auch geliebt - bei der täglichen Programmarbeit in der Redaktion ebenso wie bei einer Live-Reportage über den ersten eigenen Fallschirmsprung aus 900 Metern Höhe oder bei Auslandseinsätzen im Irak und in Bosnien. Jetzt, auf dem Weg nach Afrika, schüttele ich diese Fragen erst einmal ab - wohl auch deshalb, weil ich keine eindeutigen Antworten finde.
    Ziemlich lange kaue ich dann doch noch auf der medienkritischen Frage herum, warum wir unbedingt auch noch die entlegensten Gebiete der Welt live für das Fernsehen erschließen wollen. Schließlich muss man ja nicht alles machen, was technisch mittlerweile machbar ist, und durch Liveschaltungen geraten auch die letzten noch vorhandenen Naturreservate in Gefahr. Erst die eigenen Eindrücke am Kilimandscharo haben mich davon überzeugt, dass es dort eine solch heile Wunschwelt schon lange nicht mehr gibt.

Ein ganz besonderer Berg
    Doch was macht den Kilimandscharo auch heute noch zu etwas ganz Besonderem? Ist es unsere fantastische Vorstellung von einem schneebedeckten
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