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Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo
Autoren: Johannes Kaul
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Kili-Requisiten
    Dieser Erfolg ermutigt mich dazu, ein paar Posten auf der Checkliste zu streichen: die vorgesehenen Gamaschen für Felsund Geröllpassagen beispielsweise, oder auch den Schlafsack, den ich mir nicht kaufe, sondern ausleihe - denn wann werde ich nach dem Kili je wieder an einem Ort mit Temperaturen von minus fünfundzwanzig Grad zu tun haben?
    Bleibt noch die Entscheidung für oder gegen das hochmoderne Trinksystem mit Schlauch und Mundstück. Bequem soll
es sein, da man es beim Bergangehen als eine Art »Nuckelflasche« benutzen kann, was man - nebenbei gesagt - jedoch unbedingt vorher üben sollte. Doch einen Nachteil hat das viel gepriesene Trinksystem: Am letzten Tag, beim letzten Kili-Anstieg, kann ich es nicht verwenden, weil die Zuleitung bei den Temperaturen, die in der Gipfelregion herrschen, einfriert. Gekauft habe ich das Ding trotzdem, geübt habe ich damit auch, saugen und immer wieder saugen. Doch eingesetzt habe ich es kein einziges Mal, friedlich ruht es jetzt als Kili-Requisite in einem Kellerraum.
    Einen Posten auf der Checkliste habe ich nicht gestrichen, sondern schlichtweg vergessen, und das wird mir erst eine halbe Stunde vor dem nächtlichen Aufbruch zum Gipfel schmerzlich bewusst: die Fleece-Mütze oder Sturmhaube. Dass ich meine Ohren heute noch habe, verdanke ich einzig der Tatsache, dass sich meine Mitwanderer meiner erbarmen: Titus leiht mir seine Ohrschützer, eine Gruppenkollegin, die ihre Kili-Tour auf 4700 Meter Höhe beendet, gibt mir ihre Pudelmütze mit auf den Weg. Und so geht es dann schließlich mitten in der Nacht auf die letzte, auf die Gipfeletappe. Und so viel auch zu meinem selbstbewussten Umgang mit dem Arbeitsmittel »Checkliste«!

Kapitel 3
    Träume und Hoffnungen
    »Ich möchte meiner Lebensgefährtin auf dem Gipfel einen Heiratsantrag machen.« Thomas H., 39 Jahre

    Der Countdown bei den Kili-Vorbereitungen läuft weiter: Konferenzen, Protokolle und Briefwechsel bei uns vom Fernsehen, zur gleichen Zeit bereiten sich an vierzehn verschiedenen Orten in Deutschland die Mitglieder unserer Wandergruppe auf ihr eigenes Kili-Abenteuer vor. Denn vierzehn Menschen haben sich im April dazu entschlossen, den Weg auf den Kili anzupacken, sich ein paar Monate körperliche Fitness anzutrainieren und
sich mental darauf einzustellen, den Berg zu erklimmen. Was für diese vierzehn Menschen noch dazukommt - und was keiner der Beteiligten in der Heimat so recht einschätzen kann -, ist die Tatsache, dass sie sich auf dem Weg nach oben fünf Tage lang von mir, dem Fernsehreporter, und von unserem ARD-Aufnahmeteam begleiten und beobachten lassen wollen.
    Dass sie wegen der Dreharbeiten mal auf uns, mal auf unsere Technik warten müssen, ist allen in der Gruppe klar. Was es aber bedeuten kann, fünf Tage lang nie ganz allein zu sein, sondern sich immer in einer Gruppe von Menschen zu bewegen, mit ihnen zu reden, mit ihnen zu schweigen, und dabei auch einmal das Bedürfnis zu verspüren, sich ein Stück von der Gruppe zu entfernen, ohne dass der neugierige Reporter Fragen nach dem Warum und Wieso stellt - das ahnt so recht niemand.
    Und was bereits hundertfach in Medienseminaren diskutiert wurde: Die Anwesenheit einer Fernsehkamera verändert die Realität. Jeder reagiert anders als sonst, auch wenn fast alle Beteiligten dies zunächst einmal abstreiten.
    Was wird passieren, wenn es einem in der Vierzehnergruppe nicht so gut geht, wenn er ans Aufgeben denkt? Ja, bei den Siegern dabei zu sein, die sich in ein paar Monaten erschöpft, aber glücklich auf dem Kili-Gipfel präsentieren und den Daheimgebliebenen mittels TV beweisen: Ich bin oben, ich hab’s geschafft - diese Vorstellung fällt leicht, beflügelt... Aber was geschieht, wenn es nicht mehr weitergeht, wenn ich als Gruppenmitglied ans Aufgeben denke, mich quäle - will ich dann noch eine Kamera, ein Mikrofon in meiner Nähe haben? Will ich dann noch neugierige Reporterfragen beantworten?

    Die Vierzehner-Gruppe - neun Männer und fünf Frauen -, aber auch wir, die Fernsehmacher, wissen ein paar Monate vor dem Start zum Kili wenig darüber, was uns allen in 3000, 4000 und über 5000 Meter Höhe widerfahren wird. Wir sind einfach nur neugierig auf uns und den Berg.

Ein Ja zum Kili
    Bei unserem ersten Treffen vier Monate vor dem Start erfahre ich dann etwas über meine Mitwanderer. Die Jüngsten sind gerade knapp über 30, fast die Hälfte der Gruppe gehört zur Rubrik Fünfzig oder sogar Sechzig plus... Und was sie
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