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Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo

Titel: Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo
Autoren: Johannes Kaul
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trainierter Körper mit seinen 67 Jahren auf die Anstrengungen, auf die Höhenluft reagieren wird? Will ich mir, will ich anderen - etwa meiner Familie oder den Berufskollegen - beweisen, dass ich noch lange nicht zum alten Eisen gehöre, dass ich so etwas noch schaffen kann?
    Antworten auf viele dieser Fragen werde ich - wenn überhaupt - erst am Kili selbst finden. Jetzt ist erst einmal Aktion angesagt, d.h. jeden zweiten Tag ein für mich ungewohntes, regelmäßiges Joggen. Nicht zu vergessen natürlich die journalistischen und technischen Vorbereitungen für die Tour. Zeit zum Reflektieren bleibt da nicht viel... und eigentlich bin ich darüber auch ziemlich froh.

Kapitel 4
    Die Geister des Kili
    »Ich glaube, dass da oben am Kili der Platz ist, an dem (nur) die Götter wohnen.« Immanuel Minja, 78 Jahre

    Sind es jetzt schon drei oder vier Tage, dass wir in dem Land sind, in dem der höchste Berg Afrikas steht? Die drei oder vier Tage waren vollgepackt mit Vorgesprächen, mit Recherchen für unsere geplante Live-Woche vom Kili-Anstieg, mit Nachfragen nach den notwendigen Antragsformularen und Stempeln sowie mit Absprachen mit Trägern, Guides und Offiziellen der tansanischen Nationalparkverwaltung. Nach den Fragen Rückfragen,
Warten, neue Absprachen und Termine. Nur ihn, den Berg, haben wir in den ersten Tagen unserer Kili-Reise noch nicht zu sehen bekommen. Wir halten uns in Moshi, Arusha und Marangu auf, befragen uns untereinander, fragen bei Einheimischen nach, wo er wäre, wenn man ihn denn sehen könnte. Doch abgesehen von einigen spärlichen Hinweisen - da, in dieser Richtung, oder dort, hinter dieser dicken Wolkenbank müsste er eigentlich sein - müssen wir uns mit Ansichtskarten aus den Andenkenläden zufriedengeben, auf denen viel blauer Himmel, ein zum Greifen nahes Panorama des Kili mit seiner schneeweißen Gipfelregion und - je nach Standort des Fotografen - manchmal noch ein Serengeti-Elefant als schmückender Bildvordergrund zu sehen sind.

Ein Berg ziert sich
    Im Kollegenkreis beginnen ironische Mutmaßungen über Existenz oder Nichtexistenz des 5800 Meter hohen Berges. Dabei ahnen wir noch nicht, dass sich der Allerhöchste auch in der darauffolgenden Gipfeltourwoche noch bis zum vorletzten Tag versteckt halten würde. Aber da auf unseren Flugtickets unübersehbar als Zielort der Kilimandscharo-Airport eingetragen war, schließen wir aus, in einem anderen, »Kili-freien« afrikanischen Land gelandet zu sein.
    Doch journalistisch zählt nur die eigene Recherche, und so fragen wir uns in Marangu über Träger, Bergführer und Nationalparkverantwortliche durch, wer in der Umgebung dieses
Orts, aus der die meisten Träger und Guides stammen, uns bei unserer Kili-Suche weiterhelfen könnte. »Seht mal zu, dass ihr den Immanuel erreichen könnt«, heißt es da. Gemeint ist Immanuel Minja, der wohl dienstälteste Guide für die Routen zum Kilimandscharo, 78 Jahre alt ist er und irgendwo in den Bergen unterhalb des Kili ansässig.
    Es folgt die Spurensuche nach dem Mann, der 1974 als Träger angefangen hat und Mitte der 1990-Jahre zum Chef-Guide aufstieg. Seinen Sohn David treffen wir in Marangu, dem Ort, vom dem aus man in den Kili-Nationalpark gelangt. David versichert uns, in zwei Tagen könne er uns zu seinem Vater in die Berge begleiten, das sei nicht allzu weit von hier entfernt.

25 000 Aufstiegswillige pro Jahr
    Zwei Tage später fahren wir mit einem Allradauto los. Immanuels Sohn reagiert etwas ratlos, als wir nach 15 bis 20 Minuten Fahrzeit ungeduldig werden: Der Weg wird immer steiler, manchmal ist er so eng wie ein Fußweg, das Auto quält sich langsam nach oben. Unsere Gesichter werden immer blasser, der Weg, die Schaukelei, die Motorgeräusche wollen nicht aufhören. Immer häufiger fragen wir, wie weit es denn noch sei, immer erstaunter Davids Reaktion: Gleich, gleich sind wir da. Dann schlägt auch noch das Wetter um: Nebelfetzen, Regenschauer, es ist kaum noch etwas zu sehen, als wir am Ende der Marterstrecke auf eine einzeln stehende Hütte stoßen - Immanuels Wohnsitz in den Bergen.

    Er führt uns in seinen Wohnraum, ein kleines Zimmer, das nur spärlich durch ein bisschen Tageslicht erhellt wird. Einige alte Holzstühle stehen hier, es ist kalt, draußen hören wir den Regen und die Graupelschauer. Am Tisch prangt ein großes Bild: »Der Herr ist mein Licht und meine Rettung. Wen sollte ich fürchten« ist da auf Englisch zu lesen. Daneben liegt ein Handy, und mittendrin treffen
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