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Hochzeit im Herbst

Hochzeit im Herbst

Titel: Hochzeit im Herbst
Autoren: Nora Roberts
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und wahrscheinlich hatte sie eine Aktentasche bei sich.
    Nach und nach strömten die Passagiere auf den Flugsteig. Geschäftsleute mit gehetzten Blicken, denen wie mit Leuchtschrift auf die Stirn geschrieben stand, dass die Zeit drängte. Die Schlips-und-Kragen-Truppe, dachte Shane. Nicht für alles Geld der Welt würde er sich acht Stunden am Tag in einen Anzug zwängen. Eine attraktive Blondine in einer engen roten Hose ging an ihm vorbei. Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln, und Shane atmete mit Vergnügen die Duftwolke ein, von der sie eingehüllt war.
    Eine hübsche Brünette mit einem elastischen Gang und bernsteinfarbenen Augen kam an ihm vorüber. Und hier folgte Grandma mit einer riesigen Einkaufstasche und einem Lächeln von Ohr zu Ohr, das den drei Kindern galt, die auf sie zurannten und umgehend begannen, ihre Tasche zu plündern.
    Ah, da ist sie ja, dachte Shane, als ihm eine junge Frau mit hängenden Schultern und braunem Haar, das sie im Nacken zu einem kümmerlichen Knoten verschlungen hatte, entgegenkam. Wie erwartet hatte sie eine Aktenmappe bei sich, trug flache Schuhe mit dicken Sohlen und eine Brille, hinter der sie blinzelte wie eine Eule. Sie wirkte etwas verloren. Das musste sie sein.
    „Hey.” Shane setzte sein charmantestes Lächeln auf und winkte, was sie dazu veranlasste, so unvermittelt stehen zu bleiben, dass der hinter ihr laufende Mann mit aller Wucht gegen sie prallte. „Wie geht’s?” Da Shane ein zuvorkommender Mensch war, streckte er die Hand nach ihrer Aktenmappe aus. Sie sah ihn erschrocken an. „Ich bin Shane. Regan hat mich gebeten, Sie abzuholen. Sie ist nämlich im Moment ein bisschen im Stress. Wie war der Flug?”
    „Ich … ich …” Die Frau umklammerte ihre Aktenmappe mit beiden Händen und zog sie schützend an die flache Brust. „Lassen Sie mich in Ruhe, sonst rufe ich den Sicherheitsdienst.”
    „Keine Aufregung, Becky. Ich will Sie nur abholen und nach Antietam zu Regan bringen.”
    Sie riss den Mund auf und begann laut zu kreischen. Als Shane den Arm nach ihr ausstreckte, um ihr beruhigend die Hand auf die Schulter zu legen, schlug sie ihm mit einem Ausdruck wilder Entschlossenheit den Aktenkoffer auf den Kopf. Noch bevor er sich entschieden hatte, ob er lachen oder weinen sollte, spürte er, wie ihn jemand leicht am Ärmel zupfte.
    „Entschuldigen Sie.” Die hübsche Brünette von vorhin zog eine Braue hoch und musterte ihn eingehend. „Ich glaube, Sie warten auf mich.” Ihr Mund, weich und voll, wie Shane sogleich registrierte, verzog sich zu einem Lächeln. „Shane, sagten Sie eben, nicht wahr? Shane MacKade, nehme ich an, oder?”
    „Ja. Oh!” Er drehte sich um und schaute die Frau, die er irrtümlich für Rebecca gehalten hatte, um Verzeihung heischend an. „Entschuldigen Sie”, begann er, doch sie ergriff bereits die Flucht.
    „Wahrscheinlich war das das Aufregendste, was sie seit langer Zeit erlebt hat”, bemerkte Rebecca lächelnd. „Ich bin Rebecca Knight”, fügte sie hinzu und streckte ihm die Hand zur Begrüßung hin.
    Rebecca Knight entsprach zwar nicht ganz seinen Erwartungen, doch bei näherem Hinsehen erwies sich, dass er mit seinen Vorstellungen auch nicht völlig danebengelegen hatte. Abgesehen von den bernsteinfarbenen Augen wirkte sie tatsächlich wie eine Intellektuelle, angefangen von den praktischen Schuhen bis hin zu der Tatsache, dass sie das Haar so kurz geschnitten trug wie ein Junge. Obwohl er langhaarige Frauen bevorzugte, musste er zugeben, dass ihr die Frisur ausgezeichnet stand, weil sie ihre ausgeprägten Gesichtszüge vorteilhaft betonte.
    Und mager war sie wahrscheinlich auch, was sich allerdings in Anbetracht des hüftlangen Sakkos und der Hose, beides in einheitlichem Schwarz, nicht ganz leicht beurteilen ließ.
    Lächelnd nahm er die feingliedrige Hand, die sie ihm hinhielt. „Regan hat behauptet, Sie hätten braune Augen, aber das stimmt nicht.”
    „So steht es zumindest in meinem Pass. Geht es Regan gut?”
    „Ja, sicher. Sie hat nur im Moment ein bisschen viel um die Ohren. Kommen Sie, ich nehme Ihnen das ab.” Er griff nach der Reisetasche, die sie sich über die Schulter gehängt hatte.
    „Nein danke, lassen Sie nur. Und Sie sind also ihr Schwager.”
    „Ja.” Er nahm sie am Arm und geleitete sie zum Terminal.
    Er hat einen festen Griff, registrierte sie. Und keine Scheu vor körperlicher Berührung. Nun, das war in Ordnung. Sie würde nicht anfangen zu kreischen wie die Frau vorhin … und
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