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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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Hand drückend): »Oder das!«
    Sie (mir ein Modell in die rechte Hand drückend): »Und das!«
    Ich (bewegungsunfähig, Schweißtropfen auf der Stirn, in der Stellung eines auf geputzten Tannenbaums): »Ich bitte Sie —«
    Er (das Plagiat eines Regenbogens wie eine Standarte schwenkend, begeistert): »Nun, haben wir das Richtige?«
    Ich (am Ende meiner Kräfte): »Wenn Sie meinen?«
    Er und Sie (mich zur Kasse drängend): »Wunderschön! Prachtvoll! Wir gratulieren.«
    Ich (schwach): »Aber die Farben —«
    Sie: »Wie geschaffen als Kontrast zum schwarzen Haar!«
    Ich (mit erwachendem Widerstand): »Die Dame ist brünett!«
    Er: »Um so besser!«
    Sie: »Um so reizvoller!«
    Er: »Um so stilechter!«
    Ich (nur vom Drang beseelt, das Freie zu suchen): »Packen Sie es ein!«
    Sie (zum Abschied, tröstend): »Der Dame steht es selbstverständlich frei, das Modell nach den Feiertagen umzutauschen!«
    Ich (voll plötzlicher Hoffnung): »Ist das wahr?«
    Er (kameradschaftlich): »Sorgen Sie sich nicht! Kein Mann kauft beim erstenmal das Richtige!«
    Nun, da ich es zu dem ersehnten Paket gebracht hatte, war ich noch unruhiger. So federleicht es war, es hing wie ein Ziegelstein an meinem Arm. Am liebsten hätte ich es in die nächste Mülltonne geworfen.
    Ich war ein hoffnungsloser Idiot. Ich hatte die Hälfte meines Weihnachtsgeldes dafür ausgegeben, mir die Weihnachten zu verderben; denn daß eine Blamage unausbleiblich war, stand außer Zweifel.
    Wenn ich mich wenigstens für das andere Modell entschieden hätte. Zum Teufel ja! Das war richtig entzückend gewesen. Und billiger. Nahezu um ein Drittel billiger. Und wenn ich umkehrte? Wenn ich das schillernde Zeug, das mir die beiden Halunken aufgeschwatzt hatten, zurücktrug und das andere nahm? Sie würden mir den Restbetrag bestimmt nicht zurückgeben. Sie würden mir eine Gutschrift ausstellen, und die würde ich verfallen lassen.
    Hm! Genaugenommen hatte das andere Kleid auch seine Tücken. Es ähnelte oben in verteufelter Weise einem Schmetterlingsnetz. Hm! Am Ende war das jetzige doch das bessere? Wer kannte schon die Seitenkanäle des weiblichen Geschmacks? Vielleicht wurde das Ganze wider jede Vernunft ein Bombenerfolg? Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zur Überzeugung, daß ich doch kein Idiot gewesen war. Der Kragen? War der Kragen nicht außerordentlich originell? Ich konnte nicht anders: ich schlüpfte in das nächste Haustor und riß das Paket auf, um mir Klarheit zu verschaffen.
    Das hätte ich nicht tun dürfen. Ich hätte mir die traurige Gewißheit ersparen können, doch ein Idiot gewesen zu sein.
    In diesem Zustand der Niedergeschlagenheit verfiel ich auf die Idee, mit einem sensationellen Coup alles wiedergutzumachen. Ich würde ihr einen Pelz kaufen, ein Stück aus der Spitzenklasse. Einen Nerz oder einen Ozelot! Wenn ich mein Sparkonto bis auf den letzten Groschen ausräumte und auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld des kommenden Jahres Vorgriff, mußte es gelingen.
    Ich sah alles vor mir: ihren süßen Schreck, das auf flammende Entzücken, den seligen Jubel und die Liebe, die weiche, zärtliche, leidenschaftliche, wilde Liebe, mit der sie es mir danken würde. Und ich? Ich würde bescheiden abwinken und sagen: »Verzeih, daß es diesmal nur eine solche Kleinigkeit sein konnte!«
    Beim Kürschner betreute mich Beate, ein Mannequin, das mir vor Jahren etwas anderes angeboten hatte als Pelze. Ich muß gestehen, daß mir eine neutrale Verkäuferin lieber gewesen wäre.
    »Diese Lammfelljacke ist äußerst billig«, sagte sie maliziös.
    »Der Preis ist Nebensache«, erklärte ich mit Nachdruck.
    »Oh — ich wußte nicht, daß du dich so angenehm verändert hast.«
    Daraufhin war das Verkaufsklima untertemperiert.
    »Du bist verheiratet?« versuchte sie mich wieder aufzuheitern, während sie in einem Seehund vor mir auf und ab trippelte.
    »Wie kommst du darauf?«
    Sie schnalzte mit der Zunge: »Für die Freundin also! Schade, dann war ich damals offenbar zu früh dran.«
    »Wir mißverstehen uns«, sagte ich kühl.
    »War das nicht auch damals so?«
    Ich schlug meinen Mantelkragen hoch.
    »Ich glaube«, sagte ich, »ich werde die Sache noch einmal überschlafen müssen. Vielleicht komme ich morgen wieder.«
    »Kaum«, sagte sie und war plötzlich uninteressiert, »du bist ja doch der alte geblieben.«
    Ich sah ein, daß ich die Idee mit dem Pelz begraben mußte. Es lag ein Makel darauf. Und schuld daran war Beate, die mir die
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