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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jochen Frech
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Valerie gar nicht mehr im Klaren. Dafür war zu viel Zeit vergangen. Er nahm sich vor, sie am Abend anzurufen und ihr von seinem ersten Arbeitstag in der neuen Dienststelle zu berichten. Die aufkommenden Zweifel, was er mit diesem Anruf bezwecken wollte, verdrängte er und ging zur Toilette.
    Lea Thomann verzichtete auf das übliche Feierabendbier am frühen Morgen. Gelangweilt lauschte sie den immer gleichen Gesprächen der Kollegen und trank hin und wieder einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. Am liebsten wäre sie aufgestanden und gegangen. Aber es gehörte sich, nach dem Nachtdienst im Kollegenkreis wenigstens noch eine Stunde beisammenzusitzen. Sie freute sich auf die dreieinhalb freien Tage, die vor ihr lagen. Andererseits wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie im Hinblick auf den Anruf von Frau Jessen zu wenig unternommen hatte. Sie hatte sich zwar nicht wieder gemeldet, aber das musste nichts heißen.
    Sie redete sich ein, alles habe sich geklärt. Kurz vor sieben erhob sie sich und schob Müdigkeit und die Ereignisse der Nacht als Grund vor, endlich gehen zu können. Im Büro holte sie ihre Sachen, fuhr ihren PC herunter und verließ das Polizeirevier.
    Kurz bevor sie den Stellplatz erreicht hatte, auf dem ihr gelber Mini parkte, blieb sie stehen. Sie folgte ihrem Bauchgefühl, drehte sich um und ging zurück in den Wachbereich des Polizeireviers. Ein Kollege der Folgeschicht studierte die Vorgänge der vergangenen Nacht. Als er sie bemerkte, deutete er mit dem Finger auf den Bildschirm. Mit der anderen Hand griff er nach einer Tasse.
    »Ganz schön was los gewesen heute Nacht.«
    Lea nickte. »Kann man wohl sagen.«
    Sie beugte sich über die Holztheke und deutete auf den betreffenden Eintrag. »Klick mal bitte da drauf«, sagte sie.
    Der Kollege öffnete die Datei und überflog den beschriebenen Sachverhalt.
    »Und?« Er blickte vom Bildschirm auf und musterte ihre Stirn. Offenbar hatte sie vergessen, einige der angekohlten Haare abzuschneiden.
    »Könntest du mir bitte einen Gefallen tun?«
    »Wenn es nichts Größeres wird.«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
    »Sorry!« Mit hochgezogenen Augenbrauen nahm er das Gespräch an. Lea drehte sich um und betrachtete die aktuellen Fahndungsplakate des Bundeskriminalamtes. Ihr Blick blieb an drei Bildern eines knabenhaften Jungen hängen. Dem Geburtsdatum zufolge war er bereits fünfundzwanzig. Der Gesuchte stammte aus Köln, war vor Jahresfrist zum Islam konvertiert und hatte sich einer terroristischen Vereinigung angeschlossen. Angeblich war er bereits an mehreren Attentaten und deren Vorbereitung beteiligt gewesen. Lea dachte an die Bombenanschläge während des Boston Marathons im Frühjahr. Sie versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, was einen jungen Mann dazu bewegen konnte, im Namen Allahs Gewalttaten zu verüben.
    »Hör mal!«
    Lea wandte sich ihrem Kollegen zu, der den Hörer auflegte und eine Notiz zu Ende schrieb.
    »Susanne Jessen ist vor einer halben Stunde mit einem Nervenzusammenbruch in die Psychiatrische Abteilung des Christophsbades gebracht worden. Ihr Exmann hat den Ärzten mitgeteilt, dass die gemeinsame Tochter der beiden seit Freitag vermisst wird.«
    »Was?«
    »Warum und wieso das erst jetzt bekannt geworden ist, habe ich nicht verstanden. Ich schicke auf jeden Fall mal eine Streife dort hin.«
    Während ihr Kollege die ersten Maßnahmen über Funk und Telefon erledigte, setzte sich Lea fassungslos auf einen Stuhl. Manuela. Damals hatte die Kleine sie während der Verabschiedung mit beiden Händen an der Jacke festgehalten.
    »Du musst die Kriminalpolizei verständigen!«
    »Nicht bevor ich weiß, ob an der Sache was dran ist«, antwortete der Kollege.
    »Da ist was dran, verdammt noch mal!«, schrie sie den erstaunten Kollegen an und rannte aus der Wache.
    Später ärgerte sie sich darüber, erneut die Fassung verloren zu haben. Am meisten aber ärgerte sie sich, dass sie selbst in der Nacht so wenig unternommen hatte.
    »Bitte halten Sie Ihren Dienstausweis gerade vor die Kamera«, forderte ihn eine überkorrekt klingende Frauenstimme auf.
    »Ja, einen Moment bitte.« Moritz Kepplinger kramte in seinen Taschen nach dem Ausweispapier. Er kam sich reichlich blöd dabei vor in dem Wissen, beobachtet zu werden. Schließlich fand er die gesuchte, von einer unfreiwilligen Vierzig-Grad-Wäsche nahezu unlesbare Plastikkarte und hielt sie vor die Kamera der Türsprechanlage.
    Da er erwartete, dass im nächsten Moment die
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