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Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Hochsommermord: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Jochen Frech
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Eingangstür geöffnet werden würde, machte er einen Schritt nach vorne.
    »Zu wem, sagten Sie, möchten Sie?«
    Er musste sich beherrschen, während er zurück an die Sprechanlage trat und der Dame zum zweiten Mal erklärte, wer er sei und dass er heute seinen Dienst hier antreten wolle.
    »Das ist allerdings nur möglich, wenn ich das Gebäude betreten darf.«
    »Werden Sie nicht frech. Es ist meine Pflicht, Besucher dieses Hauses sorgfältig zu kontrollieren!«
    »Schon gut«, beruhigte Kepplinger die Frau. »Also, wohin?«
    »Dritter Stock, Zimmer dreihunderteins.«
    »Danke.«
    Nachdem er den ersten Treppenabsatz erklommen hatte, blickte er hinter einem Empfangsschalter in die kritischen Augen einer bebrillten Endfünfzigerin mit hochgestecktem Haar. Er nickte freundlich und wandte sich rasch von ihrem stra fenden Blick ab in Richtung Treppe. Genau so habe ich sie mir vorgestellt, dachte er und wunderte sich darüber, wie viel die Stimme eines Menschen über seinen Charakter und sein Aussehen verraten konnte. Wie es wohl klingt, wenn ich spreche, fragte er sich, während er an die bevorstehende Unterhaltung mit seinem neuen Chef dachte. Auf einem Treppenabsatz stand eine Metallskulptur. Er hielt einen Moment inne.
    Es war anders, als er es sich vorgestellt hatte.
    Die herrliche Aussicht auf den Bodensee, der bis an eine Anlegestelle an das Grundstück heranreichte. Es roch nach Zitronengras. Die Frühjahrssonne spiegelte sich in den verrosteten Skulpturen im Garten. Ein überdimensionales Fischskelett, das an einem Galgen hin und her baumelte. Zwei Hühner aus alten Hufeisen zusammengeschweißt. Ein lebensgroßes Krokodil, dessen Panzer aus schweren Ketten bestand und aus der Distanz betrachtet verblüffend echt wirkte. Ihr Mann fertige sie aus Altmetall an, schwärmte sie. Mittlerweile habe er eine ganze Armee von Schweißgeräten und Werkzeugen.
    Er sagte, dass ihm die Figuren gefallen würden.
    Sie saßen sich in bequemen Sesseln gegenüber und tranken Tee. Es war angenehm, mit ihr zu sprechen. Sie war freundlich, gebildet und erzählte von ihren Erlebnissen, die sie während ihrer Auslandseinsätze als Psychologin bei Ärzte ohne Grenzen gesammelt hatte. Später räumte er ein, dass er unsicher sei, ob er hier richtig wäre und ob es etwas bringen würde.
    Sie lächelte.
    »Moritz, probieren Sie es einfach aus. Wenn Sie erzählen möchten, tun sie es. Wenn nicht, reden wir über Politik, Literatur, was auch immer. Oder Sie gehen einfach wieder. Sie sind der Boss.«
    Ihm fiel ein, dass er am Abend, oder besser in der Mittagspause, seinen Wagen abholen musste, der noch vor dem griechischen Restaurant abgestellt war.
    »Möchten Sie einen Kaffee?«, die Stimme der vielleicht dreißigjährigen Sekretärin, die ihn im dritten Stock empfing, klang wesentlich freundlicher als die des Empfangsdrachen. Ihre Augen lächelten ihn über die Ränder einer schmalen, randlosen Brille an, während sie ungehemmt an ihrem Kaugummi kaute. »Der Chef kommt sicher gleich.«
    »Gerne«, erwiderte er. »Wenn es keine Umstände macht.«
    »Umstände?« Die Frau erhob sich schmunzelnd und drückte einen der Bedienknöpfe des Kaffeevollautomaten, der in der Ecke stand. Das Mahlwerk bereitete mit einem enormen Lärmpegel die passende Pulvermenge zu.
    »Wenn Sie wüssten, wie viel Kaffee hier getrunken wird«, übertönte sie den Krach und griff nach einer Tasse. Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Franzi, also eigentlich Franziska, wir können uns doch duzen, wenn du jetzt hier anfängst.«
    Er griff nach der gepflegten Hand, die sich weich und warm anfühlte. Unwillkürlich dachte er an Valerie.
    »Klar, natürlich«, sagte er. »Moritz, Moritz Kepplinger.«
    »Herr Kepplinger.« Eine sonore Männerstimme schallte durch das Zimmer. Moritz musste seinen Kopf heben, um dem Mann, der energisch vor ihn trat, in die Augen blicken zu können. Er schätzte seine Körpergröße auf über zwei Meter.
    »Brandstätter, mit ä und zwei te«, stellte sich der Riese vor. Die Hand, die er jetzt schüttelte, war doppelt so groß wie die der Sekretärin, und der Griff so fest, dass eines seiner Fingergelenke knackte. Kepplinger machte das nichts aus, er erwiderte den Druck. Gleichzeitig fragte er sich, ob sein neuer Chef beabsichtigte, ihn damit zu beeindrucken.
    »Moritz Kepplinger«, seine Stimme klang nicht halb so laut wie die seines Vorgesetzten. »Ich bin der Neue«, fügte er hinzu, nachdem ihm nichts Besseres einfiel.
    »Na dann, kommen
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