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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Autoren: Silvia Roth
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wurde eindringlich. »Ich habe niemanden getötet, verstehen Sie das? Bislang nicht.«
    »Ich weiß«, hörte Verhoeven sich sagen, bevor er etwas dagegen tun konnte.
    »Die Frage ist nur, ob ich als Mörder …« Er unterbrach sich und bedachte den Bauch seiner Geisel mit einem spöttischen Blick, »… Verzeihung, als Doppelmörder in den Knast gehe oder als Vergewaltiger gesucht werde.«
    Verhoeven sagte nichts. Dafür war ihm die Botschaft, die hinter der Bemerkung steckte, viel zu klar.
    Ich habe niemanden getötet. Bislang nicht …
    Eine neuerliche Wehe schien den Körper seiner Frau zu durchlaufen, und dieses Mal öffnete Silvie die Augen. »Hendrik? «
    Verhoeven sah Kender an. »Hauen Sie ab.«
    »Sieh an, der treusorgende Gatte und Familienvater.« Sein
Teint war gebräunt und trocken. Eigentlich ein sympathisches Gesicht. »Ich möchte, dass Sie die Waffe hinter sich in den Flur werfen.«
    »Das kann ich nicht tun. Und das wissen Sie.«
    Er zögerte. »Das heißt, ich habe nur Ihr Wort?«
    Ihr Wort  …
    Verhoeven schluckte.
    »Sie werden lachen, aber das genügt mir«, sagte Kender, bevor er widersprechen konnte. Gleichzeitig stieß er seine Geisel so grob von sich, dass ihr Körper dumpf auf den Boden schlug.
    »Mama«, schrie Nina entsetzt und wollte auf ihre wimmernde Mutter zustürzen.
    Verhoeven hielt sie zurück. Er riss sie hinter seinen Rücken und legte auf Kender an, doch dieser war bereits aus dem Fenster. Und dann tat er etwas, von dem er wusste, dass es richtig war, auch wenn er es sich vermutlich nie verzeihen würde: Er griff zum Telefon und rief einen Krankenwagen.
    Erst danach informierte er seine Kollegen …

EPILOG
August
    Sein Körper fällt schwer in den kochend heißen Sand, der ihn aufnimmt wie einen lange vermissten Freund. Er streckt die Beine von sich und genießt die Hitze, die sich in die Poren des Stoffs brennt.
    Die Weite vor ihm wabert. Gleißendes Licht über den endlosen Dünen.
    Weiter hinten ein gekrümmter Horizont, jene Linie, die man nie erreichen wird, die einem davonläuft, wenn man mit offenen Armen auf sie zurennt, fast so, als habe sie Angst vor der Begegnung.
    Seine Hände graben sich in den siedenden Sand ringsum, er kann fühlen, wie die Hitze die feinen Nervenenden der Fingerkuppen trifft, wie sie ihm die Tränen aus den Augen schießen lässt, doch er gibt nicht nach. Noch nicht.
    Es ist so weit, wenn es so weit ist, und keine Sekunde früher   – das Einzige, was er von seiner Mutter gelernt hat.
    Sind Sie sicher, dass Sie nicht lieber im November …?
    Auf eine Reisezeit, denkt er, kommt es jetzt nicht mehr an.
    Zum ersten Mal also per Schiff statt im Flieger. Im gestohlenen Auto bis Genua, dann die Fähre. Dann wieder Auto. Kein Mietwagen dieses Mal, sondern ein gebrauchter aus Tunis. Optik wie vom Schrottplatz, aber ein gut gepflegter VW-Motor unter der Haube, der ihn sicher über die staubigen Pisten südwärts trägt. Zuletzt nur noch Offroad.
    Ist halt Qualität, ein Auto fürs Leben. Fürs Über leben sogar.
    Oder auch für die Fahrt in den Tod  – wer weiß das so genau?
    Auf seiner hutlosen Stirn brennt die Sonne mit tausend Nadelstichen, als er sich mühsam hochstemmt. Weiche Knie, aber den Blick stur geradeaus, in die konturlose Weite gerichtet. Dieses Mal werden ihm die Kollegen nicht sagen, wie braun er geworden ist. Wenn sie jetzt über ihn sprechen, wird es nicht länger um Farben gehen. Aber das macht nichts. Sie sind ihm ohnehin schon fast abhandengekommen, aus den Augen, aus dem Sinn. Sagt man nicht so? Ihre Gesichter sind nicht viel mehr als ein paar indifferente Flecken auf der Leinwand seiner Erinnerung.
    Nicht jede Erfahrung ist dazu angetan, einen Akzent zu setzen.
    Das tun nur wenige, auserwählte.
    Ein heißer Wind streift sein Gesicht. Wie ein Atemzug. Eine Aufforderung.
    Komm. Geh mir entgegen. Geh einfach los. 
    Eines Tages, das weiß er, wird er es tun.
    Wann das sein wird?
    Keine Ahnung.
    Vielleicht heute.
    Vielleicht morgen.
    Geh ruhig, Schatz. Hab ein bisschen Spaß, ja?
    Er lächelt. Weit draußen tuckert der Ausflugsdampfer vorbei. Oder doch nicht? Er kneift die Augen zusammen. Nein, kein Boot. Nur Sand. Sand und ein toter Käfer zu seinen Füßen. Bald werden andere kommen und den Kadaver wegtragen. Das, was die Glut von ihm übrig gelassen hat. Der Sommerhimmel über ihm surrt wie ein Schwarm hungriger Insekten, er lauert darauf, dass ein weiterer Toter die sandige
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