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historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc

Titel: historical gold 036 - Der Flug des Falken.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: kram
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Beschützerinstinkt ange sprochen worden war. Die Novizin hatte auch seine Lust geweckt. Im selben Moment, als er das begriff, verachtete er sich.

    Natürlich war ihm damals beim Verlassen Fontevailes bewusst gewesen, dass er sein Leben nicht in Keuschheit verbringen würde. Im Laufe der Jahre hatte er die Überzeugung gewonnen, keinen Verstoß gegen die Gebote der Kirche zu begehen, wenn er sich mit einer Frau vereinte, da ihm die Fleischeslust wie eine Gabe Gottes erschien, Freude und Zufriedenheit gleichermaßen schenken und emp fangen zu können. Jedoch ein Weib zu begehren, das sich dem Dienst des Allmächtigen weihen wollte, war in seinen Augen eine schwere Todsünde.
    „Hast du die Kleine mit den großen blauen Augen gesehen?" hörte er Guibert de Röche hinter sich fragen. „Wie schade, dass sie die Braut Christi werden will!"
    „Ja", stimmte der neben ihm reitende Gefährte lauthals lachend zu. „Sie sollte lieber einem Sterblichen das Lager wärmen!"
    Das Gelächter erstarb, als Adrian de Lancey den Kopf wandte und die beiden Reisigen kalt anschaute. Dieser Blick ließ einmal mehr erkennen, dass der Baron of Warfield, der einst das Dasein eines frommen Klosterbruders geführt hatte und für seine ungewöhnliche Duldsamkeit bekannt war, in seiner Umgebung keine gotteslästerlichen Bemerkungen duldete. Es war klüger, ihn nicht grundlos zu reizen.
    Je länger der Ritt nach Norden unter dem langsam verblassenden Mond jedoch dauerte, desto ärgerlicher wurde Adrian auf sich selbst, da er sich eingestehen musste, dass auch er sich sündhafter Gedanken schuldig machte.
    Meriel de Vere saß mit untergeschlagenen Be inen auf dem Strohlager und las, stumm die Lippen bewegend, in einem kunstvoll gestalteten Folianten. Die Lettern waren mit großer Sorgfalt gezeichnet, die Anfangsparagraphen mit wunderschönen vergoldeten Ranken und Miniaturen der Schöpfungsgeschichte ausgelegt und die Seiten mit Darstellungen von allerlei Getier und Pflanzen geschmückt. Die Pracht der Malereien beeindruckte Meriel, half ihr indes nicht, leichteren Herzens zu werden. Es fiel ihr schwer, Trost und Freude in den Worten der Heiligen Schrift zu finden, die Mutter Rohese ihr vor Ablegung der Ewigen Gelübde zur Erbauung übergeben hatte. Großzügig, wie die Priorin war, hatte sie ihr sogar gestattet, den Falken zu behalten, der jetzt schlafend auf der Sitzstange in einem Winkel der Kammer hockte.
    Wie jede vor dem Eintritt in einen Orden stehende Novizin nahm Meriel in den drei voraufgehenden Tagen nur noch am allgemeinen Gebet in der Kirche teil und hatte die übrige Zeit in der Abgeschiedenheit der Zelle im Gebet und mit Fasten zu verbringen. Als sie die Vorbereitung auf das Ewige Gelübde begann, hatte die Ehrwürdige Mutter sie ermahnt, tiefe innere Einkehr zu halten und das Gewissen gut zu erforschen. Bestimmt hatte die Oberin, der nichts entging, weder die kleinsten Verfehlungen einer Schwester noch die neuesten Ereignissen außerhalb der Stiftsmauern, auch gewusst, dass Meriel seit einiger Zeit von Zweifeln geplagt wurde.
    Behutsam klappte das Mädchen den Folianten zu, legte ihn auf die Erde und stand auf.
    Nachdenklich schritt sie langsam in der Kammer hin und her. Es stand ihr frei, sie zu verlassen, sich in das Gotteshaus zu begeben oder einfach nur im Hof zu bleiben und das nächtliche Firmament zu betrachten. Tagsüber hätte sie auch auf die Felder gehen und bei der Ernte helfen können.
    Wenn Meriel des Nachts die Augen Schloss, meinte sie, in der Enge des Raumes nicht atmen zu können. Unwillkür lich fragte sie sich, warum sie sich in der acht Fuß breiten und zwölf Fuß langen Zelle wie in einem Gefängnis vorkam, obgleich niemand sie hier eingesperrt hatte. Noch unbegreiflicher erschien es ihr, dass sie nicht fähig war, sich ins Gebet zu versenken. Die stille Zwiesprache mit Jesus Christus und der Gottesmutter hatte ihr stets Kraft gespendet, doch nun, da sie sich auf den bewegendsten Moment ihres Daseins vorbereiten sollte, fand sie keinen Zugang zu der labenden Quelle geistigen Trostes und fühlte sich leer und ausgebrannt.

    Eigentlich war sie nie überzeugt gewesen, zu einem Le ben in Armut und Keuschheit berufen zu sein. Auf die Vergangenheit zurückblickend, wurde ihr nun auch klar, wann die Zweifel die stärksten Formen angenommen hatten. Es war jener Tag, an dem sie den Hinterhalt am Fluss beobachtet hatte. Zeit ihres Aufenthaltes in Lambourn Priory hatte es nichts Ereignisreicheres gegeben, und sie

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