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Historical Band 303

Historical Band 303

Titel: Historical Band 303
Autoren: Lucy Ashford , Michelle Willingham
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Näherinnen mit. Eine davon war Fleur. Sie hoffte, die Arbeit würde das arme Mädchen von ihrem Kummer ablenken. Rasch kümmerte sie sich mit ruhigen, geschickten Händen um die nötigen Reparaturen an einem der riesigen, seidenen Wandteppiche, die die Galeriewand schmückten. Derweil füllte sich die Halle beständig mit prächtig gekleideten und aufgeregt plaudernden Gästen – königliche Familien und Adelige aus allen Ecken Europas waren zur Zeremonie eingetroffen. Selbst Fleur zeigte eifriges Interesse und blickte sich mit großen Augen um.
    Prinzessin Pauline, Napoleons berüchtigt leichtlebige Schwester, verursachte den größten Aufruhr, als sie in einem tief dekolletierten Kleid aus beinahe durchsichtigem weißen Musselin am Arm ihres neuesten Liebhabers, eines stämmigen Gardisten, erschien. Hinter ihr wurde getuschelt, aber Sophie beteiligte sich nicht an dem Klatsch. Bin ich denn auch nur einen Deut besser als Pauline? Was ich mit Jacques getan habe, war schamlos, äußerst schamlos …
    Sie hatte ihre Arbeit gerade beendet und war dabei, ihre Nähsachen zusammenzuräumen, als Fleur plötzlich aufkeuchte. „Mam’selle Sophie. Oh, schauen Sie nur. Ist das nicht der attraktivste Mann von allen?“
    Müßig wandte sich Sophie um; die eitlen Gockel konnten sie nicht beeindrucken. Aber dann sah sie ihn. Schlicht, aber vornehm gekleidet, das Haar schwarz und lockig. Jacques. Ihr Straßenkünstler, den sie angebettelt hatte, sie zu lieben.
    Bei seinem Eintreten rief der Herold: „Jacques-Guillaume de Vevret, Comte de Claremont …“
    Insgeheim verfluchte sie Jacques, als Sophie mit den beiden Näherinnen zurück zum Palast ging. Mehr noch aber verfluchte sie sich selbst, weil sie so naiv gewesen war. Sie wollte sich gleich an die Arbeit begeben, denn es mussten immer noch Blumen in die Gemächer der Kaiserin gebracht werden – und Arbeit würde sie von ihrem Kummer ablenken. Doch die kleine Fleur und die anderen zogen sie hinaus auf den Balkon, von wo aus sie dem kaiserlichen Hochzeitszug zusahen, der über die Champs Elysées zog.
    „Mam’selle Sophie, die Kutsche!“, rief Fleur aufgeregt. „Sie ist ganz aus Gold und Glas, und, oh, ich kann Napoleons Braut sehen! Sie trägt einen roten Samtmantel mit goldenen Stickereien und ihre Krone funkelt so hell, dass sie nur aus Diamanten gemacht sein kann!“
    Die begeisterten Jubelrufe der Menge schallten zu ihnen herauf und mischten sich mit den Klängen der Orchester. Entlang den Ufern der Seine feuerte die Armee Salutschüsse ab.
    Dann marschierten Soldaten in prächtigen Uniformen vorbei und die arme kleine Fleur begann wieder zu weinen. „Mein Henri“, flüsterte sie. „Oh, mein armer Henri, er sollte hier sein.“
    Wortlos nahm Sophie sie in den Arm. Auch sie fühlte dort, wo sich ihr Herz befand, einen abgrundtiefen Schmerz. Jacques’ Worte klangen ihr immer wieder im Ohr: Zuweilen muss man sich unbekümmert ins Leben stürzen und es in vollen Zügen genießen, sonst ist es nicht lebenswert .
    Aber warum hatte er sie in dem Glauben gelassen, er sei ein armer Künstler? Gewiss hatte er, der Comte de Claremont, seinen Spaß daran gehabt, diese Rolle zu spielen. Ihr den Kopf zu verdrehen.
    Du dumme, törichte, Närrin, Sophie.
    Hinterher hieß es überall, es sei die prächtigste Hochzeit aller Zeiten gewesen. Der Louvre und die Hochzeitskapelle, so sagten alle, hätten eine einfach vollkommene Kulisse geboten. Napoleon hatte mit Adleraugen von seinem Thron aus die Räumlichkeiten begutachtet, doch nun, da alle Erinnerungen an Joséphine getilgt worden waren, gab es nichts mehr, das einen seiner berüchtigten schrecklichen Wutausbrüche auslösen konnte.
    Nach der Trauung kam das kaiserliche Paar in den Palais des Tuileries und die junge Kaiserin ließ nach ihren Kammermädchen schicken, um sich bei allen persönlich zu bedanken. Ihr Akzent war höchst bezaubernd. Sie hatte den roten Samtmantel inzwischen abgelegt, sodass man ihr wunderschönes Hochzeitsgewand bewundern konnte – eine hoch taillierte Robe aus weißem Tüll, der mit Perlen besetzt und mit Silberfäden durchwoben war. Ein gestärkter Kragen aus feinster Brüsseler Spitze vollendete das Kleid. Eine nach der anderen knicksten die Dienstmädchen vor der Kaiserin, doch sie ließ sie rasch wieder aufstehen. „Ich danke euch allen so sehr!“, sagte sie herzlich. „Diese Gemächer und die Blumen sind herrlich!“
    Fleur, so ungestüm wie immer, platzte heraus: „Wir dachten, Ihr
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