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Historical Band 298

Historical Band 298

Titel: Historical Band 298
Autoren: Blythe Gifford Terri Brisbin
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er es bereuen würde. Aber er konnte diesen armen, hilflosen Waisenjungen nicht auf der Straße zurücklassen. „Wir sorgen selbst für unseren Unterhalt. Hast du Geld für Unterkunft und Verpflegung?“
    „Ein paar Schilling.“
    Er seufzte. Die Antwort hatte er erwartet. Jetzt hatte er einen mittellosen Waisenjungen mit geringen Lateinkenntnissen am Hals, der eigentlich in eine Lateinschule gehörte. „Dann musst du eben dafür arbeiten.“
    „Das werde ich. Versprochen!“ John nickte und lächelte schon wieder über das ganze Gesicht. Dann aber sah er Duncan an und runzelte nachdenklich die Stirn. „Und was ist, wenn sich mein Latein verbessert hat? Werdet Ihr mich dann aufnehmen?“
    Eines musste man dem Jungen lassen, er war ganz schön hartnäckig. Aber diese Augen schienen etwas Persönlicheres zu fordern als nur Unterrichtsstunden. Etwas, das Duncan nicht zu geben bereit war. Niemandem. „Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir deinen Master aussuchen können.“
    „Ist Euer Latein so gut?“
    Frecher Kerl. Er musste seinen Schneid bewundern, auch wenn er beleidigend war. „Als ich hier anfing, erhielt mein Latein eine besonders lobende Erwähnung.“
    Die Antwort war ein spitzbübisches Grinsen. „Vielleicht, weil keiner Euer Englisch verstehen konnte.“
    Duncan versetzte ihm einen leichten Schlag auf den Arm. „Dein Latein muss besser werden, Little John. Nicht mein Englisch. Aber wenn du bereit bist, daran zu arbeiten, sorge ich dafür, dass du am Ende diese Flachländer hier in Latein unterrichten kannst.“
    „Ihr mögt die Leute aus dieser Gegend hier nicht, oder?“ John warf ihm unter langen Wimpern hervor einen seltsamen Blick zu.
    Seltsam. Noch nie waren Duncan die Wimpern eines Mannes aufgefallen. „An manchen Tagen hasse ich sie. Und sie mögen mich auch nicht besonders.“
    „Hasst Ihr mich auch?“
    Der Bursche hatte alle möglichen Gefühle in ihm geweckt, nur dieses nicht. „Nein, Junge, dich hasse ich nicht.“ Er legte ihm die Hand auf den Kopf und zerwuschelte die goldblonden Locken. Einige Strähnen wanden sich um seine Finger. „Du musst noch ein bisschen erwachsener werden. Aber wenn du gerade nicht jammerst oder schmollst, habe ich dich fast gern.“
    John schenkte ihm ein solch strahlendes Lächeln, dass Duncan ein ganz eigenartiges Gefühl in der Magengrube verspürte.
    Alys de Weston beobachtete, wie Justin Solays Hand drückte. Aber ihre Tochter reagierte nicht darauf. Als die Stunden sich dehnten und die Kerzen immer kürzer wurden, hatte Alys ohne Erfolg versucht, ihren Schwiegersohn aus der Wöchnerinnenkammer zu scheuchen.
    Immer ein Dickkopf, dieser Mann.
    Sie hatte keinem gesagt, dass Jane verschwunden war. Solang seine Frau in den Wehen lag, hätte Justin sowieso an nichts anderes denken können. Und das Kind war immer noch so zart und zerbrechlich, dass sie alle nur damit beschäftigt waren, den kleinen William am Leben zu erhalten.
    William und seine Mutter.
    Also hatte sie nichts gesagt, um die anderen nicht zu beunruhigen. Aber sie selbst? Sie machte sich Sorgen.
    „Kommt“, flüsterte sie und zupfte an Justins Tunika. Seit Tagen hatte der Mann nichts gegessen und noch weniger geschlafen als seine Frau. „Solay schläft jetzt, und Ihr müsst etwas essen.“
    Sie drängte ihn, die Stufen hinunterzugehen, die in die halbdunkle, verrauchte Küche führten. Die Küchenmagd war eingeschlafen, während sie auf die Befehle der Burgherrin gewartet hatte. Und so trug Alys selbst die Suppe auf.
    „Justin“, sagte sie, als er lustlos Brot und Käse kaute. „Jane ist verschwunden.“
    Sein abwesender Blick verriet ihr, dass ihre Worte ihn nicht erreicht hatten. „Was meinst du mit ‚verschwunden‘?“
    Er war ein wundervoller Mann und ein guter Eidam. Aber manchmal waren Männer wirklich schwer von Begriff. „Verschwunden. Sie ist fortgelaufen, und ihre Kleider hat sie hiergelassen.“
    Jetzt hatte sie seine Aufmerksamkeit. „Wann?“
    „An dem Tag, als das Kind geboren wurde.“
    „Und bis jetzt hast du nichts gesagt?“
    „Hättest du mir zugehört?“
    Er schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid. Solay, das Kind … ich habe es noch nicht einmal bemerkt.“
    Sie tätschelte seinen Arm. „Du hättest nicht einmal bemerkt, wenn die Sonne auf die Erde gestürzt wäre.“ Ihre ältere Tochter war eine glückliche Frau.
    „Bist du sicher? Hast du nach ihr gesucht?“
    „Überall auf dem Burggelände. Ich weiß, dass sie nicht heiraten wollte, aber
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