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Hirschkuss

Hirschkuss

Titel: Hirschkuss
Autoren: Jörg Steinleitner
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reagierte schnell: »Halt«, rief sie ihm hinterher. Achleitner blieb stehen und drehte sich um. Sofort lächelte er wieder sein schmieriges Lächeln. »Wie sah die Frau aus, von der Sie eben sprachen?«
    Der Mann kehrte zu den Ermittlern zurück und sagte triumphierend: »Dacht ich’s mir doch, dass Sie des interessiert. Ich schau nämlich viel Krimi im Fernseh und kenn mich aus.«
    »Schluss mit dem Gequatsche«, fuhr Anne den Dicken nun ungeduldig an. »Wie sieht die Frau aus, die Sie meinen?«
    »Sie hat einen perfekte Körper. Dunkler Hauttyp, langes schwarzes Haar, Locken, große, feurig-dunkle Augen, genau mein Fall halt – genau wie Sie, Frau Kommissarin.«
    »Ich bin Polizeihauptmeisterin«, antwortete Anne bestimmt. »Wann haben Sie die Frau zum letzten Mal gesehen?«
    »Des kann ich Ihne ganz genau sagen, weil da wollt ich sie anspreche. Ich hatt mir im Frühstücksraum einen Tisch direkt neben ihr organisiert, zwecks ungezwungener Kontaktaufnahme, Sie wisset schon …« Er zwinkerte vielsagend mit dem rechten Auge. »Aber … die war viel schneller fertig wie ich. Die ist dann raus wie ein Reh, und ich bin ihr hinterher, Jagdinschtinkt, Sie verstehen … aber des war dumm, weil ich hab sogar noch den O-Saft verschüttet. Aber wie sie an der Rezeption vorbei ischt, geb ich’s auf. Bin nicht hinterher. Ich dacht mir, die kommt schon wieder, die geht ja bloß jogge.«
    »Wieso joggen?« Nonnenmacher klang entrüstet.
    »Na ja, sie war im Laufhäs, also halt im Joggingdress, und ischt gleich vorm Haus losgejoggt. Und ich bin zwar sportlich …« Für diese Aussage erntete er ein dreifaches Schmunzeln, weshalb er anfügte: »… auch wenn man’s mir nicht ansieht … Aber schöne Frau hin oder her, anderscht als der Südländer braucht der Deutsche sein Frühstück. Deswegen bin ich zum Tisch zurück, und die Hasen vom Frühstücksraum haben die Sauerei mit dem O-Saft schon im Griff gehabt.«
    »Hasen«, wiederholte Kastner. »Ja, sind wir denn hier beim Playboy ?«
    »Und dann haben Sie die Frau nicht mehr gesehen?«, fragte Anne, ohne weiter auf die Hasen einzugehen.
    »Nein. Rieng ne va plus. Leider.« Sein Blick nahm plötzlich einen merkwürdigen Ausdruck an. »Meinen Sie, es ischt am Ende ein Verbreche passiert?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«, erkundigte sich Anne scharf. Dann nahm sie die Brieftasche aus dem Asservatenbeutel und zog das Foto mit dem küssenden Liebespaar hervor, das sie darin entdeckt hatten. »Ist das die Frau, von der Sie sprechen?«
    »Ja, das ist ja die Höhe!«, entgegnete der Mann plötzlich mit geradezu aggressivem Tonfall. »Dann ist die schon …! Ja so ein Scheißdreck! Diese … also die sind doch alle gleich. Also, das war’s dann.« Er drehte ab und lief, noch ein »Adele« über die Schulter rufend, zügig in Richtung des Hotelgebäudes.
    »Da schau her, Sepp, so schaut effektive Frauensuche aus«, wandte sich Nonnenmacher an Kastner: »Kaum weiß der Burschi, dass die Angebetete vergeben ist, ist er weg. Das kannst du von solchen schwäbischen Versandkaschperln lernen.«
    »Also, dieser Auftritt eben ging ja wohl gar nicht!«, meinte Anne empört. »So ein notgeiler alter Bock!«
    »Genau«, pflichtete Kastner bei. »Und ich finde auch komisch, wie der plötzlich so anders geworden ist, so ausfällig.«
    »Vielleicht behalten wir den mal besser im Auge.« Anne zog ihr Notizbuch aus der Tasche. »Achleitner, hat er gesagt, heißt er.« Sie schrieb es auf. Dann wandte sich ihr Blick wieder nach oben. »Ich denke, wenn uns die Eltern auch nicht sagen können, wo die Dame steckt, ist es an der Zeit, eine Vermisstenfahndung rauszugeben. Wir brauchen definitiv Verstärkung.«

Die Aktienhändler verhielten sich im Test noch egoistischer und risikobereiter als eine Gruppe von Psychopathen.
    Thomas Noll, Forensiker und Vollzugsleiter eines Schweizer Gefängnisses
    DREI
    Bereits am frühen Nachmittag desselben Tages durchkämmten auf Veranlassung Sebastian Schönwetters, des Kripochefs der nahe gelegenen Kreisstadt, dreißig zur Verstärkung aus München abkommandierte Polizeibeamte, unterstützt von vierzig ehrenamtlichen Feuerwehrmännern der Seegemeinden, den Bergwald oberhalb des Hotels. Neben einem Hubschrauber kamen auch speziell für die Suche Verschollener ausgebildete Mantrailer-Hunde zum Einsatz. Als einer der Suchhunde an den Slippern der Vermissten geschnuppert hatte und Hanna Nikopolidous Spur aufnahm, verbreitete sich in den Reihen der Ermittler
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