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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
Autoren: Tobias O. Meißner
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passte zusammen. Die Karibik, die Exotik und der ganze Scheiß. Dunkle Haut und Augen eben.
    Beim Aussteigen ließ sie einen vorbeitrottenden zottigen Schäferhundrüden an sich schnuppern und spreizte noch extra im Rock die Beine, damit das arme, dumpfe Vieh das Himmelreich nicht nur riechen, sondern auch kurzsichtig und wenigstens grau in grau sehen konnte. Der Köter reagierte so, dass ein Pavlov seine helle Freude gehabt hätte, wenn ein Pavlov zu so etwas fähig gewesen wäre. Sie genoss die biologischen, rein instinktiven, unsteuerbaren und unaufhaltsamen Wirkungsmechanismen, die ihr Körper nur einfach aufgrund seines physischen und chemischen Daseins selbst bei den unterschiedlichsten Ausprägungen des vermeintlich starken Geschlechts in Gang setzte. Sie hatte Macht, ungeheure Macht. Und sie würde diese Macht über den Zenit hinaus weiterstoßen und nicht, wie der kümmerliche Versager Sisyphos, kurz vorm Höhepunkt schlappmachen.
    Sie überließ den geröteten, erbärmlichen Taxifahrer ihrem Trinkgeld und seinen peinigenden Phantasien und ging rasch durch die orchestral lärmende Flughafenhalle Tegels zum Terminal durch. Berlin war für diese Aufmachung zu kalt oder aber sie doch noch nicht heiß genug, jedenfalls wollte sie sich nicht die Blase verkühlen und dadurch ihre Soll-Rechnung gefährden. Die Lufthansa-Maschine, die sie erst einmal nach Frankfurt bringen sollte, stand schon bereit, Flug 2426 in der vulkanverseuchten, flammroten Abenddämmerung. Das Dröhnen der Motoren, des Windes und der Zuträgerfahrzeuge ließ ihre Haare wehen, und sie erlebte sich selbst rauschartig als Königin Pest aus der modernen Fassung eines Klassikers. Ihr Lächeln hatte die süße Schärfe einer Dextrose-Infusion, und hinter ihren vollen Lippen war eine dicke braune Soße aus Verdauung und Verrat.
    Sie blinzelte, irritiert von diesen in den Sand gesetzten inneren Bildern, und passierte grüßend die dumm lächelnde, barbiehafte Stewardess.
    Sie fragte sich distanziert, ob der Tod bereits begann, in ihrem Hirn zu wühlen, bevor er ihren Körper nahm.
    Obwohl der junge Mann keine Reservierung hatte, war es ihm möglich, eine Passage zu finden, die ihn so schnell wie möglich zum Ort des Grauens brachte: mit dem Flugzeug nach Frankfurt, von dort aus mit einem anderen Flugzeug nach Bogotá und wiederum von dort aus mit etwas, das sich ebenfalls Flugzeug nannte, aber mehr Ähnlichkeit mit einem Dreirad hatte, nach Barranquilla. Er hatte eine Hin- und Rückflugkarte gebucht und dafür fast das gesamte Geld der Rosenmacher hinblättern müssen. Vorher hatte er noch überlegt: War es überhaupt ratsam, nach Berlin zurückzukehren? Sollte er nicht besser nach Irland gehen oder ins Landesinnere von Spanien? Aber während der U-Bahn-Schwarzfahrt Richtung Tegel war ein Musiker zugestiegen und hatte auf einer zerstoßenen Klampfe gegen ein paar Groschen alte Dylan-Songs zum Besten gegeben, und auf einem Bretterzaun am Flugfeldrand klebte ein Konzertankündigungsplakat für Faith No More, und der junge Mann hatte nicht anders gekonnt, als sich einzugestehen, dass seine Gefühle für diese Stadt dem nahe kamen, was andere Menschen Liebe nannten. Also hin und zurück. Und dazwischen eingeklemmt, wenn alles glattging, das Nehmen einer weiteren Hürde auf dem Weg nach unten, oder das endgültige Verspielen von Seele.
    Der Flug nach Frankfurt war bei Weitem nicht so langweilig wie erwartet, denn im hinteren Teil der niedrigen Preisklasse masturbierte eine gutaussehende Blondine mit einem lauwarmen Wiener Würstchen, und der junge Mann begann schon fast, sich schier den Hals verrenkend, an gute Vorzeichen zu glauben, bis er jedoch auch einmal auf ihr Gesicht achtete, das verzerrt und angeekelt war wie bei jemandem, der Abfall durchwühlt, weil er seinen Ring verloren hat.
    Frankfurt war glücklicherweise so gut geheizt, dass er seine Jacke nicht vermisste. Am Flughafenkiosk gab es nicht einmal richtige Cola, nur Pepsi, und sogar die war noch lauwarm, aber er stürzte sie gierig hinunter und registrierte nicht ohne freudige Überraschung, dass von den bisherigen Mitfliegern außer ihm und einem aknegesichtigen Yuppie auch das mysteriöse blonde Nuttchen mit Kolumbiens nationaler Fluglinie Avianca weiterflog. Sie wirkte auf den ersten Blick wie eine, die auch zum Karneval wollte, und zwar, um einen reinzumachen, aber der junge Mann glaubte keinem ersten Blick mehr, seit er im Wiedenfließ gewesen war.
    Er vertrieb sich die Zeit bis zum
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