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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Autoren: Eoin Colfer
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liegt hübscher Teppich, schokoladenbraun mit Goldfaden. Stinkvornehm. Und die Bar ist aus poliertem Walnussholz, das dem Trinker Vertrauen in den Barmann einflößt, noch bevor er diesen überhaupt zu Gesicht bekommt. Irish Mike und acht seiner Jungs sitzen in der Lounge, die Knarren vor sich auf dem Tisch. Und mittendrin Zebulon Kronski, der Geschichten aus dem Krieg erzählt. Ich glaube, gerade schwadroniert er davon, wie wir uns kennengelernt haben, in dem Suk draußen vor dem UN -Hauptquartier im Libanon, wo sich Zeb illegal als Schönheitschirurg betätigte und religiösen Fanatikern zu mehr Standhaftigkeit verhalf.
    »Also jedenfalls kommt Daniel McEvoy hereinspaziert, gerade als ich einem Milizionär eine Fettspritze in den Schwanz jagen will.«
    Mike lacht, aber seine Honks lachen nicht mit, weil sie mich im Gegensatz zu ihm entdeckt haben. Sie springen auf, greifen nach ihren Waffen. Zwei verwechseln ihre Schießeisen und streiten sich wie kleine Kinder darum, bis einer tatsächlich ein Foto aus der Brieftasche zieht.
    Es ist beschämend.
    Mikes erster Impuls ist, ebenfalls aufzuspringen, aber er hält sich zurück. Schließlich ist er der Boss.
    »Daniel, mein Junge«, sagt er. »Setz dich doch.«
    Ich tigere ein paarmal um den Tisch, präge mir die Sitzordnung ein, speichere die Stuhlpositionen ab, falls ich Möbel umwerfen muss.
    Mike ist nervös. »Setz dich, verdammt noch mal. Du bist kein Spaniel.«
    In der guten alten Zeit hätten seine Jungs über so was noch laut gelacht, aber inzwischen bin ich eine bekannte Größe, und deshalb kommt es ihnen jetzt vor, als hätte man einen Gorilla im Zimmer freigelassen.
    Ich setze mich zwischen Mike und die Bar, behalte rechts die Tür im Blick und links Zeb, für den Fall, dass ich ihm was auf die dämliche Rübe geben muss, weil er den Karren hier an die Wand fährt.
    »Mike«, sage ich und setze eine traurige Miene auf. »Tut mir leid wegen deiner Mutter.«
    Mike hat sich ein mit Spitze gerahmtes Bild seiner alten Ma ans Revers geheftet. Wenn das irischer Brauch ist, dann habe ich noch nie davon gehört, dabei habe ich über zwanzig Jahre in dem Land gelebt.
    »Ja, sie war eine großartige alte Dame.«
    »Wieso sitzt du nicht im Flugzeug?«
    Mike wird rot, als hätte ich ihm durch die Blume vorgeworfen, dass er lieber hier mit mir einen Kleinkrieg eröffnet, als seine Mutter in der guten alten Heimat zu beerdigen. Wobei ich natürlich genau das getan habe. Das Problematische an dieser Situation ist, dass Mike so gut wie alle Karten in der Hand hält. Nur meine Einstellung dazu kann er nicht kontrollieren, und diese letzte Karte werde ich ihm erst überlassen, wenn es gar nicht mehr anders geht.
    »Ich bin in Irland nicht unbedingt gerne gesehen. Bei der Einreisebehörde hängt ein Foto von mir. Damals war ich mit den Jungs und ein bisschen Semtex unterwegs.« Er erwähnt die Jungs, damit ich weiß, dass von der IRA die Rede ist, wobei ich mir das beim Stichwort Semtex schon fast gedacht hatte.
    »Ja, könnte problematisch werden. Warum kommen wir nicht direkt drauf zu sprechen, warum ich hier bin?«
    Mike hat Freude an ein bisschen Theater, und deshalb schmerzt ihn meine Bitte. Und dieser Schmerz wiederum zeigt sich in seinem Gesicht, was dank Mikes Kneipenschlägerkartoffelkopf aussieht, als würde jemand einen unförmigen alten Schwamm ausdrücken.
    »So einfach ist das nicht, mein Freund«, sagt er und tastet nach dem Bild von Ma Madden an seinem Revers. »Ich bin in Trauer. Ich leide unter Schweißausbrüchen, Durchfall und starken Stimmungsschwankungen. Seit gestern bin ich betrunken.«
    Seine Jungs brummen voller Mitgefühl. Sie klingen wie der Wirklichkeit entrückte Mönche.
    Zeb meldet sich zu Wort. »Dagegen hab ich was. Drei Dosierungen, zweimal täglich. Sind allerdings Zäpfchen, musst sie dir schön tief reinschieben.«
    Tarantino ist der Mann für so was, wobei ich ihm die Dreiecksschießereien, die er manchmal einbaut, nie abgekauft habe. Wen packt schon dermaßen die Wut, dass er losballert, obwohl der Lauf einer Pistole auf den eigenen Kopf gerichtet ist? Aber allmählich glaube ich, wenn Zebulon Kronski einer von den dreien ist, ist einem auch egal, ob man lebend aus der Situation rauskommt. Zeb würde den Dalai Lama dazu bringen, Delphine zu erschießen. Ich brech mir hier einen ab, um ein bisschen Oberwasser zu gewinnen, und er kommt mit Zäpfchen.
    »Tu mir einen Gefallen, Mike«, sage ich rasch. »Schieb den kleinen Wichser hier vor
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