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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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Pfaffe sind.«
    Sie hatte bereits ein paar Drinks intus, doch die hatten ihr keine Entspannung gebracht, sondern lediglich ihre Verbitterung gefördert. Das Geld und ihre Gier danach erinnerten sie an ihren Selbsthass. Für Wyatt empfand sie nur höhnische Verachtung und wusste, dass die Sterne günstig für sie standen. »Leute wie ihr machen mich krank.«
    Wyatt zählte ihr Schein für Schein hin.
    »Ihr macht auf Bonnie und Clyde, dabei seid ihr bloß Abschaum. Da sind mir die, die ihren Alten umbringen, wesentlich lieber.«
    Wyatt sah sie aufmerksam an. Irgendwo da drin nagt der Neid, dachte er. Sie steckt in einer Sackgasse und meint, ihre Chancen im Leben verpasst zu haben. Er sah sich im Zimmer um: weiche Vorhänge vor den Fenstern, auf dem Boden ein weißer, flauschiger Kaminvorleger, Tapeten mit einem Hauch Rosa und viel weißer, kalt schimmernder Lack an den Fußleisten, Türen und an der Kamineinfassung. Kleine Porzellanfigürchen, Milchmädchen und Schäfer, arrangiert auf einer antiken Kommode. Die Couchgarnitur war neu und aus cremefarbenem Leder. Aus dem Radio tönte ein Dudelsender und ihre Lektüre, ein dicker Wälzer, trug den Titel ›Sirenengesang.‹
    »Zehntausend«, sagte er.
    Sie nippte an ihrem Sherry und starrte auf den zweiten Stapel Scheine auf dem Couchtisch. Ihre Fingernägel waren lange Krallen, hellrosa lackiert, und mit einem von ihnen fuhr sie nun zwischen die brettharten Schichten aus Haarspray, um sich am Kopf zu kratzen. Angewidert vernahm Wyatt dieses Geräusch.
    Sie sah zu ihm hoch. »Wieviel, sagten Sie?«
    Wyatt wiederholte es.
    Sie verschränkte die Arme. »Nein. Das reicht nicht. Zu gefährlich.«
    Ohne sie eines Blickes zu würdigen, packte Wyatt schweigend beide Bündel zusammen und steckte das Geld wieder in seine Tasche. Er war bereits an der Tür, als sie ihm nachrief: »Warten Sie.«
    Mit dem Rücken zu ihr, blieb er stehen.
    »Fünfzehntausend«, sagte sie.
    Wyatt kehrte noch einmal um. Er setzte sich, legte die zehntausend Dollar auf den Tisch und sagte: »Zehn.«
    »Sagen wir, zwölf.«
    Wyatt hatte sich ein Limit von fünfzehntausend gesetzt. Wichtig war, dass sie richtig heiß auf das Geld war, ob nun zehn- oder fünfzehntausend. Er wartete einen Moment, dann blätterte er noch einmal zweitausend Dollar hin.
    »Da haben Sie zwölf.«
    Gierig leerte Van Fleet ihren Sherry und füllte sich nach. Wyatt roch ihr abgestandenes Parfüm, den Zigarettenrauch und den süßen Sherry, und ihm wurde fast übel. Er wollte raus hier, aber schließlich war das erst der Anfang.
    Van Fleet verschränkte wieder die Arme. »Okay. Ich brauche drei Tage für die Vorbereitungen. Wir brauchen einen Raum, wir müssen es ankündigen und die Genehmigung der Bildungsbeauftragten einholen. Vor allem muss der Papierkram in Ordnung sein, nicht dass es nachher heißt, ich hätte das Angebot leichtfertig an die Bildungsbeauftragte weitergeleitet, weil ich gedacht habe, dass es in Ordnung ist.«
    »Ich verstehe.«
    »Rufen Sie mich morgen an.«
    Sie wollte gerade nach den Scheinen greifen, aber Wyatt war schneller. Sie verschwanden in seiner Tasche und Van Fleet rief entsetzt: »Nein!«, als würde sie der Verlust in Armut stürzen.
    Wyatt stand auf und sah sie an. Er holte das Geld wieder hervor. »Tausend sofort. Den Rest bekommen Sie am Tag der Aktion.«
    Er konnte sehen, wie sie in Gedanken Gewinn und Verlust kalkulierte. »Für den Fall, dass Sie vorhaben sollten, die tausend Dollar zu kassieren und mich an die Bullen zu verpfeifen, denken Sie immer daran: Zwölftausend sind besser als tausend, und — «, er deutete kurz auf seine Waffe, » — ich bringe auch Menschen um.«
    Van Fleets Mund verzog sich zu einem Schmollen und ihre Hand schnappte nach den tausend Dollar. »Sie finden allein hinaus.«
    Während der nächsten drei Tage wechselte Wyatt zwei Mal das Hotel. Mehrmals telefonierte er mit Van Fleet. Als sie endlich sagte, dass alles klar sei, rasierte er sich den Kopf und ließ sich in einem Schmuckgeschäft Ohrlöcher schießen und Ohrringe einsetzen. Er kaufte eine Jeans für hundert und ein Hemd für siebzig Dollar sowie schwarze Schnürstiefel mit gelben Nähten. In einem Surfer-Laden kaufte er eine Baseball-Kappe, bei einem Trödler eine abgewetzte Schultasche und in einem Antiquariat einige Bücher mit Titeln wie ›Stil — Wie man sich richtig ausdrückt‹ und ›Erfolg — Wir zeigen Ihnen, wie’s geht‹.
    Um halb eins am nächsten Tag wurde er von Van Fleet abgeholt.
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