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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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Ihnen noch ’nen guten Rat, was die Sache mit Ihrer Frau betrifft — tragen Sie’s mit Fassung. Ich mach’s genauso.«
    »Sie Mistkerl.«
    »Mit dieser einmaligen Zahlung hat es sich für Sie erledigt. Ich bin kein Halsabschneider.«
    Der Mann erhob sich. Er schien noch bleicher und schmaler. Vielleicht wächst er ja über sich selbst hinaus und legt sie selber um, dachte Stolle. Er könnte sie warnen. Aber was ging ihn das eigentlich an.
    Der Typ blieb im Türrahmen stehen. Er wirkte wieder verkniffen, düster und fragte: »War das nun Bockmist, was ich gehört habe, dass Sie Leute für Geld umlegen?«
    Stolle lehnte sich in seinem Sessel zurück, faltete die Hände hinter dem Kopf und grinste. »Wer weiß.«

    FÜNF

    Tatsächlich hatte Stolle in den letzten drei Jahren vier Auftragsmorde ausgeführt. Eine untreue Gattin, ein Junkie, der die Tochter eines Fabrikanten auf Crack gebracht hatte, ein Investmentbanker, der plötzlich so was wie ein Gewissen entwickelt hatte und vor einem Untersuchungsausschuss aussagen wollte, ein Bankräuber, der verdächtigt wurde, einen Cop erledigt zu haben. Zwei — Banker und Junkie — gingen als Unfall durch, der Mord an der Gattin wurde einem missglückten Einbruch zugeschrieben, der an dem Bankräuber einer Unterweltfehde.
    Stolle führte nur Auftragsmorde über Dritte aus. Er traf sich nie mit den Klienten und die Klienten erfuhren nie, wer engagiert wurde. Trug er seinen Privatschnüffleranzug, legte er Wert auf persönlichen Kontakt mit seiner Kundschaft. Ihm gefiel die Tatsache, dass man ihn brauchte, und so sprang dabei mehr als nur Geld für ihn heraus. Doch er hatte keinerlei Interesse an einem Treffen, wenn er seinen Killeranzug trug. Die banalen Motive dieser Klientel, ihre Ängste, ihre Gier, ihre Wut waren für ihn ohne Belang.
    Es war eine durchaus befriedigende Arbeit, jedoch hatte er diesbezüglich keinerlei Ambitionen. Vier Aufträge in drei Jahren waren ausreichend. Den Hintergrund erkunden, das Lauern auf den richtigen Moment, die Rasanz in der Ausführung — er kam dabei auf seine Kosten, doch es war nicht vergleichbar mit dem einzigartigen, prickelnden Gefühl, das ihn bis in die Haarspitzen ergriff, wenn er tat, was er am besten konnte: Leute aufspüren.
    Dabei war es nicht einmal nötig, auf die Pirsch zu gehen, um dieses Hochgefühl zu erzeugen. Vieles ließ sich vom Sessel aus erledigen, Faxe lesen, in Akten blättern, sich in Mircofiches vertiefen.
    Meistens ging es um Liebhaber, Ehegatten oder säumige Schuldner, die sich abgesetzt hatten. Stolle wandte stets sein Standardverfahren an und eine Erfolgsquote von siebenundachtzig Prozent gab ihm Recht: Er fing immer von hinten an. Wo und mit wem wurde die Person zuletzt gesehen? Er verteilte Fotos, sprach mit Angehörigen, Freunden, Feinden, Hotelangestellten, Taxifahrern, Busfahrern, Reiseagenten. Er prüfte Passagierlisten. Wenn das nicht zum Ziel führte, nahm er sich den Papierkram vor und suchte über Kreditkartenbons, Strafzettel, Anträge für Reisepässe und Travellercheques nach einer Spur. Hatte jemand einen neuen Ausweis beantragt, fing Stolle an zu graben. Es gab immer einen Bürokraten, der hatte, was Stolle benötigte.
    Er liebte die Jagd, genoss aber auch die heimlichen Vorteile: Da eine schnelle Nummer mit einer zahlungsunfähigen Kundin, dort ein Blowjob, wenn er mal wieder eine Sechzehnjährige aufgespürt hatte, die mit ihrem Freund abhauen wollte, oder auch Schweigegeld von Leuten, die Mittel veruntreut hatten und selbstredend nicht gefunden werden wollten.
    Stolle besaß die Gabe, sich in die Leute, denen er nachspürte, hineinzuversetzen. Er wusste, dass angesichts wachsender Mobilität ein Fremder selbst in einer Kleinstadt keine Neugier mehr weckte. Also konzentrierte sich Stolle nicht auf die Frage, wer war fremd, sondern wie verändert sah die von ihm gesuchte Person jetzt aus. In der Regel verfielen die Leute dabei ins krasse Gegenteil. Sein letzter Fall zum Beispiel, ein Rechtsanwalt, der mit Geldern aus einem von ihm verwalteten Treuhandfond getürmt war. Den Porsche hatte er gegen ein Fischerboot und einen Pick-up eingetauscht, an die Stelle von Designerkluft waren Jeans und Jesuslatschen getreten, seine Residenz in South Yarra hatte er zugunsten einer Strandhütte aufgegeben. Selbst die stets glatt rasierten Wangen hatten eine Veränderung durch Bart und Sonnenbräune erfahren. Nur hatte der Mann seine Gewohnheiten und Vorlieben nicht aufgeben können. Er liebte Tennis,
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