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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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zu reißen. »Was hältst du von einem Weckanruf morgens um drei?«
    »Geht klar.«
    »Okay. Tony Baggio, Lebensmittelhändler in Cheltenham.«
    »Fuck! Nein! Kann das nicht jemand anderes erledigen?«
    »Mostyn, du schuldest mir was. Morgen früh um halb vier holst du ihn ab. Er hat etwa sieben Riesen dabei, also nehm ’ne Knarre mit. Sorg dafür, dass Tony mit dem Zaster unbehelligt zum Markt gelangt.«
    »Herrgott, Boss, die Mafia jagt diese Typen kreuz und quer durchs Land.«
    »Erst schießen, dann fragen.«
    »Schon gut. Und was noch?«
    Stolle schob ihm eine Akte rüber. »Das hat Zeit. Ameribank ist der Auftraggeber. Sie brauchen Informationen zu den Namen, die hier drin stehen. So viel Hintergrund wie möglich. Aktivier alle Kontakte, Sozialversicherung, Katasteramt, Kfz-Steuerbehörde, Finanzamt, Sicherheitsbehörden. Sag ihnen, sie sollen es direkt an mich faxen. Aber nicht vom Büro aus! Und — cash bei Lieferung.«
    Stolle beobachtete, wie Mostyn die Akte nahm und das Büro verließ. Sah man ab von seinem abenteuerlichen Namen und seiner Bruchlandung im Fall Wyatt, war Mostyn einer der Besten, flinke Hände und sicherer Instinkt, was Menschen betraf. Der missglückte Versuch, Wyatt zu schnappen, war eher ein Beweis für Wyatts Fähigkeiten als ein Nachweis für Mostyns Unfähigkeit.
    Stolle duldete ein gewisses Maß an Unehrlichkeit bei seinen Leuten. Es blieb ihm nichts anderes übrig. Vor sieben Jahren hatte er eine Firma namens Securicor gegründet. Offiziell verkaufte er Überwachungskameras und Alarmanlagen, tatsächlich aber überfiel er kleinere Firmen. Man fand seine Adresse in den Gelben Seiten und rief ihn an, um sich ein Angebot machen zu lassen. Stolle erschien mit besorgter Miene, Polaroidkamera und einem Notizblock. Er notierte die Anzahl und Position von Türen und Fenstern, vermaß Räume und Winkel und fertigte für die Interessenten kleine Modelle oder Zeichnungen polaroidgetreu an.
    Was er nicht illustrierte, sich dafür aber umso besser einprägte, waren Typ und Größe des jeweiligen Schlosses, Fenstermaße, Lage an einer Seitenstraße, Informationen über die Nachbarn, Standort des nächsten Polizeireviers, Antworten auf die Fragen in welche Richtung Einbahnstraßenverkehr floss oder ob genügend Platz zum Rangieren eines Kleinlasters vorhanden war. Hinterher schrieb er einen Bericht und nannte Unsummen an Kosten, die den Interessenten nur abschrecken konnten. Dann wartete er einige Wochen. Sollte sich in der Zwischenzeit eine andere Firma um die Sicherheit gekümmert haben, dann war nichts zu machen. Außer einem langen Gesicht, wie seine Mutter zu sagen pflegte. Aber meistens hatten es die Inhaber nicht so eilig und Stolle stattete irgendwann dem Gelände einen Besuch ab und nahm mit, was er kriegen konnte.
    Eines Nachts fand das durch den Schlagstock eines Wachmannes ein jähes Ende. Stolle kam davon, litt aber sechs Monate unter schrecklichen Kopfschmerzen.
    Vor zwei Jahren gründete er SecureSafe. Das Geschäft war mehr oder weniger legal. Er führte seinen Kunden ausschließlich Spitzenprodukte aus dem Bereich der Sicherheitstechnik vor, installierte aber Imitationen aus irgendwelchen thailändischen Ausbeuterbetrieben. Fakes funktionierten eben genauso gut wie die Originale.
    Mehr oder weniger.
    Meistens.
    Hin und wieder gab es den üblichen Beschwerdebrief eines verschaukelten Kunden oder einen unflätigen Anruf auf dem Anrufbeantworter, aber wenn er so etwas nur lange genug ignorierte, erledigte sich das von selbst.
    Bis der Enthüllungsjournalismus Wind davon bekam und diese Schnüfflerbande anfing herumzustochern. Bewaffnet mit Mikrofonen und Videokameras, besetzten sie seinen Vorgarten, belagerten sein Geschäft, drückten sich die Nasen an den Glastüren seines Büros platt; eine hysterisch kreischende Reporterschnepfe bombardierte ihn drei Tage lang mit Fragen, Fragen, Fragen. Schließlich fuhr er ihr in die Parade, drängte sie zur Seite und versuchte, das Kameraobjektiv mit der Hand zu verdecken. »Finger weg von der Ausrüstung!«, krakeelte sie. »Und wenn Sie mich anfassen, krieg ich Sie dran wegen Körperverletzung.«
    Nie zuvor hatte Stolle eine derart ohnmächtige Wut verspürt. Unfähig, sich zu äußern, hätte er am liebsten die Kamera pulverisiert, die bleiche Schwuchtel dahinter platt gemacht und der überdrehten Schlampe die Kleider vom Leib gerissen.
    Jetzt hieß seine Firma schlicht ›Stolle Investigations‹. Er schaltete keine Anzeigen. Äußerste
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