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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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mich. Ich fertige nur grobe Skizzen. Wo liegt das Problem? Ich meine, eine Farm zu mieten und ein paar Ballen Heu zu besorgen kann doch nicht so schwer sein.«
    »Dern, der Grund, warum ich im Gegensatz zu meinesgleichen nicht nur draußen, sondern auch am Leben bin, ist folgender: Ich nehme mir die groben Skizzen vor und betrachte sie Strich für Strich.«
    »Ach«, rief Dern ungehalten und winkte mit der rechten Hand ab, die linke tätschelte unterdessen Theas Knie. So beiläufig die Geste auch schien, sie sollte Wyatt davon abhalten, ein Auge zu riskieren, und Thea daran erinnern, wer momentan ihre Garderobe und Miete finanzierte.
    »Kommen wir zur Kunstsammlung«, sagte Wyatt.
    »Ein Versicherungsjob. Ein stinkreicher Viehzüchter aus dem Westen hat das ganze Anwesen voller Antiquitäten und Ölgemälde. Alles Originale und sehr alt.«
    »Sie sagen das so, als wären Sie überzeugt, dass ein Gemälde allein deshalb wertvoll ist, weil es in Öl gemalt und unten signiert ist. Zuerst muss ich mir die Sammlung ansehen.«
    »Nanu, warum bin ich jetzt nicht überrascht?«, rief Dern. »Klingt denn keiner meiner Vorschläge verlockend? Lässt nicht einer das alte Herz höher schlagen?« Er sah Harbutt an. »Du hast gar nicht erwähnt, dass dein Freund ein solcher Waschlappen ist, Mike.«
    Wyatt löste sich von der Wand. »Ich hab noch nicht nein gesagt, Dern. Geben Sie mir die Adressen, dann nehm ich alles unter die Lupe. Sollte eine Sache infrage kommen, melde ich mich bei Ihnen. Aber das wäre nur der Anfang. Wir brauchen die nötige Ausrüstung, Fahrzeuge, einen Schlupfwinkel. All das kostet Geld. Haben Sie welches?«
    Dern machte ein finsteres Gesicht. Seine Haut glänzte. Dies war kein Zeichen von stabiler Gesundheit oder Enthusiasmus, es war der Schweiß, den er produzierte. Sein Enthusiasmus hatte sich verflüchtigt, war zermahlen worden unter den Stempeln, die Wyatt den Fakten knallhart aufdrückte. Dern zog ein Notizheft aus seinem Jackett und kritzelte etwas darauf. »Ich kann fünftausend lockermachen«, sagte er, riss das Blatt heraus und reichte es Wyatt.
    Wyatt steckte es ein. »Sehr gut. Wir treffen uns morgen wieder. Selbe Uhrzeit.«
    »Hier?«
    Wyatt schüttelte den Kopf. »Nein, ich ziehe es vor, nicht länger als nötig am selben Ort zu bleiben. Harbutt wird Sie auf dem Laufenden halten.«
    Als sie gegangen waren, legte sich Wyatt aufs Bett und starrte an die Decke. Weiß gestrichener Rauputz, hier und da Wasserflecken. Das Zimmer erinnerte an eine Gefängniszelle — mönchisch, nüchtern, schmuddelig. Er dachte an Dern und die Frau. Dern war ein Windbeutel. Thea könnte zum Stolperstein werden. Er traute ihr nicht über den Weg. Sie trug eine Menge Kränkungen mit sich herum und könnte leicht alle gegeneinander ausspielen.
    Dann dachte er an eine andere Frau, Anna Reid, die ihm vor einigen Monaten in Melbourne die Suppe versalzen hatte. Sie war berechnend, behielt selbst unter Druck die Kontrolle, ein echter Profi. Auch bei ihr stand der Job an erster Stelle, und dabei war er ihr im Weg gewesen. Sie hatte ihre eigene Agenda. Schließlich war er ihr auf die Schliche gekommen und hatte ihre Pläne durchkreuzt. Allerdings zu spät, um noch zu verhindern, dass er, seines Refugiums, seines Basislagers beraubt, die Flucht antreten musste. Er hätte sie umbringen sollen. Schließlich war es ein wichtiger Artikel in Wyatts Bekenntnis, niemandem eine zweite Möglichkeit zu geben, ihn aufs Kreuz zu legen. Aber etwas hatte ihn davon abgehalten, das Vielleicht-hätte-es-was-werden-Können, das damals in der Luft lag, und die Tatsache, dass er sie verstehen konnte und in ihr den Partner, nicht den Gegner sah.
    Die, die sich Thea nannte, hielt keinem Vergleich stand.
    Zwei Stunden verbrachte er so. Als es gegen acht Uhr an seiner Tür klopfte, wusste er instinktiv, wer es war. Bullen pochten niemals zaghaft an Türen.
    Er stand auf und öffnete. »Du machst einen Fehler.«
    Zur Sicherheit verschränkte sie schon mal die Arme. »Willst du mich nicht wenigstens hereinbitten?«
    Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern schob sich an ihm vorbei ins Zimmer. Ihr Gehabe war betont affektiert, sie warf die Schultern zurück, schoss scharfe Blicke auf ihn ab und setzte das falsche, schiefe Grinsen einer Ehefrau auf, die sich gezielt daneben benehmen will. Wyatt checkte die Lage draußen und schloss dann die Tür. »Du hättest nicht kommen sollen.«
    »Ein Drink wäre jetzt genau das Richtige. Du hast uns vorhin nicht
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