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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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Ganze wurde von einem etwa drei Meter hohen elektrischen Zaun geschützt.
    Der Ort wirkte verlassen. Ein Einbruch schien unproblematisch. Die benachbarten Häuser waren von Bäumen umgeben, es gab mehrere Ausgänge und kein Wachpersonal, nicht einmal einen Hund. Da drin war sein Geld. Dreihunderttausend Dollar. Das würde ihm wieder auf die Beine helfen, ihn in die Lage versetzen, ein Haus zu kaufen, von wo aus er in Ruhe den nächsten großen Job planen könnte. So wie früher.
    Doch es war zwecklos. Selbst wenn er die Zeit und die finanziellen Mittel hätte, niemals könnte er einen Bruch bei den Mesics allein durchziehen. Ebenso wenig konnte er eine Gang zusammenstellen, es gab niemanden mehr, dem er vertraute. Alle wollten ihm ans Leder. Melbourne war zu heiß. Victoria war zu heiß. Vielleicht konnte er in sechs Monaten zurückkommen, vielleicht auch erst in einem Jahr.
    Wyatt fuhr zurück in die Stadt. Ihm kam eine Idee. Keine neue, aber eine unsinnige Idee, geboren aus der Verzweiflung, deshalb hatte er sie immer verworfen. Jetzt ließ er sie zu, und sie verdichtete sich langsam zu einer Möglichkeit.
    Auf seiner Farm auf der Mornington-Halbinsel waren Geld und eine Waffe versteckt, und zwar sehr gut. Selbst wenn die Polizei und neugierige Reporter das Haus auf den Kopf gestellt haben sollten, konnte er sich nicht vorstellen, dass sie das Versteck gefunden hatten. Das Haus mit dem wundervollen Blick auf das Meer und Phillip-Island. Sie konnten das Versteck nicht gefunden haben. Es war seine letzte Chance.

    SIEBEN

    Vor sechs Wochen war Stolle eingestiegen, mit dem, was die Kundin ihm hatte liefern können: den bürgerlichen Namen, Wyatt, und Lake, einen Namen, den er gelegentlich benutzte; dann eine alte Adresse, eine Beschreibung und die Namen zweier Männer, mit denen er kürzlich noch zusammengearbeitet hatte. Beide waren tot. Ein Foto gab es nicht.
    Die Personenbeschreibung, die die Kundin abgegeben hatte, war präzise und detailliert, aussagefähiger als das, was er normalerweise zu hören bekam.
    »Wyatt ist groß, hat dunkles Haar und dunkle Augen, einen verschlossenen, mitunter sogar schwermütigen Gesichtsausdruck, als wäre er ständig auf der Hut. Oder einsam. Können Sie damit was anfangen?«
    »Sie machen das ganz hervorragend«, hatte er ihr versichert. »Erzählen Sie weiter.«
    »Er ist schlank und doch kräftig. Seine Bewegungen sind elegant und fließend.« Sie errötete nicht einmal. »Ein bisschen wie John Cassavetes, der Schauspieler, wenn auch nicht ganz so von sich eingenommen. Er kann sich blitzschnell seiner Umgebung anpassen. Ist er unter Rechtsanwälten, wird er selbst zu einem. Inmitten einer Gruppe von Hafenarbeitern wird er von denen nicht zu unterscheiden sein. Eine Brille, andere Kleidung, das Haar ein wenig anders gekämmt, man muss zweimal hinschauen, um ihn wiederzuerkennen.«
    Das kann ja heiter werden, hatte sich Stolle gedacht. »Und warum sind Sie hinter ihm her?«
    Die Frau war seinem Blick ausgewichen. Ein sicheres Zeichen, dass sie es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen wollte. »Es ist zu seinem Vorteil. Und vor allem: Es eilt. Er muss bis spätestens Mitte November in Brisbane sein.«
    Rechtsanwältin? Stolle war sich nicht sicher gewesen. Er hatte ein paar Takte gewartet, dann vorsichtig gefragt: »War er im Knast? Vielleicht auf Bewährung? Ist die Polizei hinter ihm her?«
    Sie hatte ihm einen vernichtenden Blick zugeworfen. Stolle stand nicht auf Brünette, er bevorzugte langbeinige, lockere Blondinen. Die klassische Blondine ist in der Regel freizügig und unkompliziert. Allerdings, so hatte er einräumen müssen, hatte diese Frau aus Brisbane einiges zu bieten, angefangen bei den schlanken Fesseln bis hin zu ihrem fein geschnittenen Gesicht und dem tiefschwarzen Haar. Sie weiß, was sie will, und bekommt es auch, hatte sich Stolle gedacht. Ihre einzige Schwachstelle scheint dieser Wyatt zu sein.
    »Ich kann auf Ihre Diskretion zählen?«
    »Inwiefern?«
    »Finden Sie ihn und erzählen Sie niemandem, dass ich Ihnen den Auftrag erteilt habe. Dann bekommen Sie zehntausend extra. Bar auf die Hand.«
    »Zehn Riesen?«
    »Wenn Sie ihn mir in Brisbane übergeben. Ich sollte jedoch noch erwähnen, dass er knallhart und gefährlich ist. Wenn Sie’s ausplaudern, wird er Sie früher oder später drankriegen. Auch vom Gefängnis aus.«
    »Ich mag es nicht, wenn man mir droht«, hatte Stolle sich empört.
    »Keiner droht Ihnen. Ich erwähne nur, wozu er fähig ist, und
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