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Hinterhalt am Schwarzen Fels

Hinterhalt am Schwarzen Fels

Titel: Hinterhalt am Schwarzen Fels
Autoren: Stefan Wolf
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sie gar nicht.«
    »Kein Kontakt?«
    »Woher denn! Anna Dingsbums war
Bachheyms zweite Frau, lebt jetzt mit Riesenabfindung auf Mallorca und hat
einen Spanier geheiratet. Einen ehemaligen Stierkämpfer. Sein letzter Stier hat
ihn mit dem Horn aufgeschlitzt. Pablo — oder so — hat nur knapp überlebt.
Seitdem ist er geheilt von seinem Job.«
    »Braver Stier!«
    »Den haben sie garantiert
erschossen.«
    »Allein wegen des Stierkampfs
sollte man ganz Spanien aus der EU (Europäische Union) rausschmeißen.«
    »Leo, seit wann bist du
Tierschützer?«
    »Bin ich nicht. Aber diese
öffentlichen Schlachthofdarbietungen sind doch zum Kotzen. Und die doofen
Touristen rennen jedes Mal hin.«
    »Damit sie was auf den
Videofilm kriegen«, mischte Livinski sich ein, »und zu Hause was erzählen
können.«

    »Jedenfalls«, sagte Landres,
»hat sich Hendriks Mutter nach der Scheidung um den Jungen nie mehr gekümmert.
Seit er zwei war, nicht mehr. Neulich hat er — kaum zu glauben — ihren Namen
verwechselt. Hat den der dritten Frau genannt, als er von seiner Mutter sprach.
Aber es ist ihm noch aufgefallen.«
    »Schlimm!«, meinte Kunze. Doch
sein Ton verriet, dass es ihn im Grunde nicht interessierte. »Du bist also ab
morgen auf Klassenfahrt, hähäh.«
    Landres nickte. »Und ihr werdet
auch dort sein: in der Jugendherberge. Wir sehen uns, aber wir kennen uns
nicht. Lediglich, dass ich euch unauffällig den Typen zeige, den ihr vermöbeln
sollt. Und, bitte, nicht zimperlich! Armbruch. Kieferbruch. Sozusagen
krankenhausreif. Ihr sollt ihn aus dem Verkehr ziehen. Es muss natürlich
aussehen wie ein zufälliger Streit.«
    »Damit Hendrik freie Hand
hat?«, fragte Livinski schlau.
    »Könnte man sagen. Es geht um
ein Mädchen. Aber Rache ist auch im Spiel.«
    »Ist ja irre.«
    »Ihr kriegt jetzt jeder 500 als
Anzahlung, den Rest nach Erledigung. Sämtliche Spesen übernimmt Hendrik auch.
Wie man in einer Jugendherberge eincheckt, wisst ihr?«
    »Mann, Landres«, knurrte Kunze.
»Wir sind von dieser Welt. Bin jahrelang als Rucksacktourist unterwegs gewesen.
Als Langzeitarbeitsloser ist man dafür doch geschaffen. Ich glaube, ich habe
sogar noch ‘nen Jugendherbergsausweis.«
    »Wie heißt unser Prügelknabe?«,
wollte Livinski wissen.
    »Er wird Tim genannt, auch von
den Paukern, heißt aber Peter Carsten.«
    Die beiden hatten keine Frage
mehr und Landres griff in die Tasche nach dem Geld.

4. Ganz früh
im Adlernest
     
    Auf Tims innere Uhr war
Verlass. Sie weckte ihn zwei Minuten vor fünf. Vor dem Läuten konnte er also
den Wecker ausschalten, der mit grün schillernden Leuchtziffern vom Nachttisch
herübergrinste.
    Im Adlernest, der engen
Internatsbude, war die Nacht noch gegenwärtig. Tim sah zu den Fenstervorhängen,
die seinem Bett näher waren als Klößchens Koje — aber auch draußen lag die
Morgendämmerung auf der faulen Haut. Oder würde es etwa ein dunkler,
verregneter Montag werden? Ein mieswetteriger Start in die Klassenfahrt?
    Tim gähnte — fast bis zur
Maulsperre — , schwang die Beine aus dem Bett und lief zum Fenster, wo er die
Vorhänge öffnete. Klößchen schnarchte leise, ab und zu murmelte er im Schlaf,
aber es schien nichts Wichtiges zu sein. Tim öffnete das Fenster. Kühle Luft
kam herein. Den weitläufigen Hof füllte suppendicke Dunkelheit. Die mächtige
Kastanie, die zurzeit ihre Früchte fallen ließ und auch mal einen Schülerkopf
traf — der prächtige Baum rauschte leise mit seinen Blättern. Tim beugte sich
hinaus. Aha! Im Osten, über dem fernen Wald, pinselte der junge Tag einen
silbrigen Strich an den Horizont. Vermutlich war schönes Wetter angesagt.
    Drüben im Paukersilo, wo die
Lehrer und Erzieher wohnten, waren noch alle Fenster dunkel. Gutes Feeling,
dachte der TKKG-Häuptling, wenn man der Erste ist. Früher Vogel fängt den
Braten, oder wie heißt das Sprichwort? Er reckte sich und atmete die frische Luft
ein bis tief in den Bauch. Auf dem Nachttisch stand eine Thermoskanne mit Tee —
eine nette Geste der Chefköchin, die ihn ins Herz geschlossen hatte. Trotz des
Warmhaltebehälters war der Darjeeling trinkfähig abgekühlt und Tim labte sich
mit einem großen Becher.
    »Klößchen! Aufstehen!«
    Keine Reaktion.
    Tim ging hinüber und riss ihm
die Bettdecke weg. »Aufstehen, Faultier! Klassenfahrt.«
    Klößchen grapschte mit
geschlossenen Augen um sich. Aber sein Plumeau (Bettdecke) lag schon auf
dem leer geräumten Schreibtisch.
    »Verflucht! Es ist kalt.«
    »Aufstehen,
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