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Hintergangen

Hintergangen

Titel: Hintergangen
Autoren: Rachel Abbott
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Szenerie hatte etwas Tragisches. Ein festlicher Anlass, offensichtlich als Feier oder romantisches Stelldichein gedacht, endete mit einer Leiche und einem schier endlosen Strom von Männern in weißen Overalls. Tom sah es bildlich vor sich: zum Toast erhobene Gläser, ein heimliches, vielversprechendes Lächeln, vielleicht ein Kuss. Was also war schiefgegangen?
    Ein junger Tatorttechniker mit bleicher Haut und pickligem Gesicht hob den Blick von seiner Ausrüstung, die er gerade zusammenpackte, und schob die Brille auf der Nase hoch.
    »Viel ist da nicht, Sir. Wir haben ein paar Fingerabdrücke, können sie aber lediglich mit denen des Opfers vergleichen. Das einzig Brauchbare, was wir gefunden haben, ist ein sehr langes Haar. Wurde im Badezimmer entdeckt. Ein rotes Haar – keine Ahnung, ob das was zu bedeuten hat. Wir lassen es überprüfen und melden uns dann bei Ihnen. Wenn wir Glück haben, ist vielleicht noch was von der Wurzel dran. Und dann ist da noch das Messer.«
    Tom warf einen rätselnden Blick zum Bett.
    »Aufgrund des offensichtlichen Mangels an Blut kann ich bloß vermuten, dass er nicht erstochen wurde.«
    »Nein – wurde er nicht. Darum ist das mit dem Messer auch etwas seltsam. Es lag auf dem Nachttisch, direkt neben ihm. Keine Spur von Blut, keine Fingerabdrücke. Es stammt aus einem Set in der Küche. Ich glaube, man würde es ein Ausbeinmesser nennen, es ist also sehr scharf – so wie es aussieht, wurde es erst kürzlich geschliffen.«
    »Eine Idee, wozu es hätte verwendet werden können?«
    »Absolut keine, fürchte ich. Wir nehmen es aber mit und machen noch ein paar Tests, vielleicht kommt ja was dabei heraus.«
    Tom nickte dem anderen Techniker zu, der lässig an der Wand lehnte, offensichtlich fertig mit seiner Arbeit.
    »Danke, Jungs. Und bei der Putzfrau haben Sie die Fingerabdrücke genommen?«, fragte Tom.
    »Ja – alles fertig. Die ist allerdings ganz schön durcheinander. Wir überlassen es Ihnen, von ihr zu erfahren, wer unter normalen Umständen in diesen Raum kommt, dann können wir deren Abdrücke ausschließen.« Mit einem entschlossenen Klicken klappte der junge Techniker seine Zaubertasche zu. »Also, wir sind dann fertig. Nur noch die Tücher eintüten, wenn Sie so weit sind, und dann gehen wir.«
    Tom wandte sich dem Bett zu, wo ein mächtiger Mann mit ebenso mächtigem Bauchumfang über der Leiche gebeugt stand und über eine Halbmondbrille spähte. Arme und Beine des Verstorbenen waren mit dunkelroten Tüchern an die vier Pfosten des Betts gebunden, der Mund geknebelt. Der Körper war nackt und für einen Mann in Hugo Fletchers Alter gut in Form. Stumm starrte Tom die Leiche an. Erst Champagner, dann eine Art Fesselspiel. Sah aber nicht nach einer typischen Form von BDSM aus. Körperliche Spuren von Unterwerfungspraktiken oder Sadismus waren nicht zu erkennen.
    Da Tom den Gerichtsmediziner bisher nicht kennengelernt hatte, ging er hinüber, um sich vorzustellen. Er hatte Gerichtsmediziner schon immer gemocht und noch keinen getroffen, der nicht ein wenig spleenig gewesen wäre.
    »Schönen Nachmittag. DCI Tom Douglas. Danke, dass Sie den Tatort für mich noch unberührt gelassen haben, aber ich glaube, jetzt können wir ihm die Hände und Füße losmachen.«
    »Rufus Dexter. Die Hand schüttle ich Ihnen jetzt lieber nicht«, sagte der Gerichtsmediziner und schwenkte eine behandschuhte Hand, die weiß Gott wo gewesen war, in Toms ungefähre Richtung. Er beugte sich herüber, um mit dem Losbinden zu beginnen, während ein Mann von der Spurensicherung auf der anderen Bettseite anfing.
    »Merkwürdige Sache, Tom. Er ist festgebunden, also Fremdeinwirkung? Wahrscheinlich. Sexuelles Motiv? Die Tücher deuten jedenfalls darauf hin. Ob er bloß daran gestorben ist? Glaub ich nicht. Ist aber möglich. Kein Hinweis darauf, dass er gerade zugange war. Der Penis ist sauber – ich würde sagen, der war seit der letzten Dusche in keiner Frau drin. Muss ich aber noch überprüfen. Möglicherweise oral? Keine Ahnung.«
    Tom unterbrach den Informationsfluss.
    »Anzunehmen, dass es eine weibliche Person war, meinen Sie nicht?«
    »Hmm. Vermutlich. In der Glotze kam der mir eigentlich immer recht hetero vor. Haben Sie mal was läuten hören, von wegen, er hätte auch nur das leiseste Interesse an Männern? Dachte ich nicht, obwohl, alles ist möglich. Keine Anzeichen dafür, dass jemand auf ihm, um ihn herum war – Männlein oder Weiblein. Bett ist unberührt. Ich habe mir seinen
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