Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler
Autoren:
Vom Netzwerk:
endlich das Schloß am letzten Tag, als der Magier noch anwesend war. Da saß Humfrey in seinem Studierzimmer und sah so aus, als wäre er mindestens hundert Jahre alt (was er auch war). Einmal hatte der Magier eine Überdosis vom Elixier des Jungborns abbekommen und war in ein junges Kind verwandelt worden; Dolph hatte herzlich lachen müssen, als er das Ereignis im Wandteppich sah. Aber dann hatte der Magier eine Möglichkeit gefunden, wieder sein richtiges Alter herzustellen. Unten war die Gorgone und stellte gerade Gorgon-Zola-Käse her, indem sie durch ihren Schleier die Milch anschaute. Und da war auch ihr Sohn Hugo, etwa fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, der gerade die Anbringung eines Käfigs voller Drachen auf der Brücke über dem Schloßgraben beaufsichtigte: eine der Herausforderungen der sich nahenden Fragesteller. Alles schien völlig in Ordnung zu sein.
    Dolph ließ die Szene vorspulen, konzentrierte sich auf den genauen Zeitpunkt der Abreise. War er eigentlich der erste, der den Teppich auf diese Weise benutzte? Bestimmt hatte sein Vater doch auch schon daran gedacht! Vielleicht aber auch nicht, denn schließlich war das Rätsel ja nie gelöst worden. Alles in allem waren die Erwachsenen nämlich ganz schön blöd. Deshalb brauchten sie auch Antworten vom Magier.
    Vielleicht war das auch der Grund, weshalb sie so eifersüchtig über das Geheimnis des Storchs wachten: sonst könnten die Kinder auf die Idee kommen, den Storch herbeizurufen.
    Plötzlich verschwand das Bild. War irgend etwas am Teppich kaputt? Ivy würde ihn auf den Müll werfen, wenn das der Fall sein sollte! Hastig spulte Dolph zurück – und da war das Bild auch schon wieder. Es lag nicht am Teppich, irgend etwas löschte die Bilder aus.
    Langsam spulte er wieder vor, wobei er gleichzeitig Humfrey, die Gorgone und Hugo überprüfte. Das war möglich, weil der Teppich immer mehrere Bilder gleichzeitig zeigte; er ließ sich zwar nicht gleichzeitig auf verschiedene Zeiten oder Orte einstellen, aber er zeigte statt dessen immer mehrere Szenen, die zu einer bestimmten Zeit und zu einem bestimmten Ort gehörten. Humfrey grübelte immer noch über seinem Wälzer – er schien sein Studierzimmer nie zu verlassen! –, während die Gorgone gerade in der Küche einen versteinerten Käsesalat zubereitete und Hugo in seinem Zimmer Mischfrüchte heraufbeschwor. Das war sein Talent, aber er war nicht besonders gut darin; das Obst war meistens mißgestaltet und von merkwürdiger Färbung.
    Inzwischen stellte ein Elf in einer Werkstatt gerade irgendeine Art Gerät auf, offensichtlich auf Humfreys Anweisung. Auf dem Schloßgelände gab es meistens die verschiedensten Wesen, die dort ihren Jahresdienst ableisteten, um ihre Antworten zu erhalten, so daß es Humfrey nie an Helfern fehlte.
    Doch irgendwas an dem Projekt des Elfs ging schief. Plötzlich stieg Rauch auf. Hustend wich der Elf zurück. Der Rauch dehnte sich aus, füllte das ganze Gewölbe. Da richtete sich die Gorgone schnüffelnd auf; sie rief Humfrey etwas zu (der Teppich hatte zwar keinen Ton, doch sah Dolph, wie sich ihr Mund öffnete), worauf der Magier sich zögernd von seinem Wälzer löste und die Treppe herunterschlurfte. Gleichfalls erschien Hugo, eine Staude blaugesprenkelter Bananen im Arm, die er gerade herbeigezaubert hatte, und gemeinsam gingen sie dem Rauch nach.
    Doch der Rauch wartete nicht erst auf sie. Er verdoppelte seine Anstrengungen und hatte schon bald mehrere Räume und Gewölbe ausgefüllt. Der Elf gab gestenreiche Erklärungen ab, aber der Rauch kam schon dicht hinter ihm her. Nicht nur das: Er umkreiste sie, damit sie ihm nicht entkamen.
    Dolph begriff, daß dies kein gewöhnlicher Dampf war – es war heiliger Rauch! Schwer zu sagen, was eine große Wolke davon ausrichten konnte.
    Der Magier Humfrey wirkte verärgert. Er machte eine Geste, und gemeinsam eilten die vier in ein anderes Gewölbe. Eifrig machte der Qualm sich an die Verfolgung.
    Das Zeug war völlig außer Kontrolle geraten! Wie sie sich durch die Türöffnung quetschten, tat er das gleiche. Schon im nächsten Augenblick war das Gewölbe voll davon, und es war nichts mehr zu erkennen.
    Diesmal spulte Dolph weder vor noch zurück. Wenige Minuten später wurde der Qualm immer dünner und löste sich auf.
    Aber Humfrey, die Gorgone und Hugo waren verschwunden. Nur der Elf war noch übrig, und es war nicht zu übersehen, wie entsetzt er war. Offensichtlich hatte er die anderen im Qualm verloren und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher