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Himmels-Taler

Titel: Himmels-Taler
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gut bewährte er sich im Verlies, weil ihm Spinnweben und Ratten nichts ausmachten. Dort ruhte er zumeist seine müden Knochen aus, was für eine gewisse Atmosphäre sorgte, die nicht jeder erheiternd fand. Neben seinem Faible für Unheimliches besaß Mark einen sehr nützlichen hohlen Fingerknochen, mit dem er nach seinem Freund Chex pfeifen konnte, wenn er eine Reitgelegenheit brauchte.
    »Vielleicht setze ich dich auch auf die Liste«, meinte Dolph.
    »Liste?«
    Dolph erklärte ihm, wie er seine Mutter dazu bringen wollte, daß Grundy Golem ihn auf seiner Queste als Gefährte begleitete.
    »Du bist doch auch erwachsen, nicht wahr? Dann müßtest du auch geeignet sein. Bei dir bekommt sie einen echten Anfall!«
    »Ausgezeichnete Idee«, stimmte Mark zu. »Vielleicht kann ich auch noch ein paar Namen beisteuern. Wie wäre es denn mit Cumulo Fracto Nimbus?«
    »Ausgezeichnet!« rief Dolph. »Das wird sie wirklich fertigmachen!« Fracto war der König der Wolken, ein Schlechtwetterfreund von Sturm und Hagel. Man wußte nie, wann er einen Orkan loslassen und mit seinen Blitzen Feuer legen würde. Schon die bloße Vorstellung, daß Fracto über ihren Teppichen schweben könnte, würde Königin Irene in einen Zustand weiblicher Panik versetzen.
    »Dann wären da noch Hardy Harpyie und Xap Hippogryph«, meinte Mark. »Ganz zu schweigen von Stanley Dampfer.«
    »Phantastisch!« stimmte Dolph begeistert zu. »Die treiben sie in den Wahnsinn! Sie wird vor Entsetzen nicht mehr wissen, wo ihr der Kopf steht.«
    So war es beschlossene Sache. Mark krabbelte wieder unter das Bett, das für seine Knochen ein ebenso bequemer Ruheort wie der Keller war, und Dolph stellte seinen magischen Spiegel auf den Wandteppich in Ivys Zimmer ein. Leider ließ sie ihn gerade ungesteuert laufen, und es war nichts Interessantes los.
     
    Am nächsten Tag begann er mit seinem Programm. »Mark Knochen«, sagte er. »Den möchte ich als Begleiter.«
    Irene nickte. »Ja, ich glaube, das ist eine ausgezeichnete Wahl.«
    »Na gut, wie wäre es denn mit Cumulo Fracto Nim… Wie bitte?«
    »Mark ist erwachsen, reif und erfahren«, sagte Irene. »Auf seinen Schultern ruht ein gewitzter Schädel. Er ist Chex Zentaur eine große Hilfe gewesen. Außerdem gibt es bei ihm keine Ernährungsprobleme. Ich kann dich nur zu deiner Luzidität beglückwünschen, die du bei seiner Auswahl bewiesen hast.«
    Dolph wußte nicht, was ›Luzidität‹ bedeutete, aber er wußte sehr wohl, daß das Wort ihm nicht gefiel. Wie konnte sie nur in den ersten Namen einwilligen, den er ihr nannte? Das war einfach nicht fair! Jetzt hing er mit dem wandelnden Skelett fest! »Äh, ja«, sagte er. Vielleicht wollte Mark ja gar nicht mitkommen.
    Zurück in seinem Zimmer aber kam er zu dem Schluß, daß es vielleicht besser war, bei seiner verunglückten Wahl zu bleiben. Mark war schließlich ein anständiger Kerl; zum einen glaubte er nicht nur an das Ungeheuer unter dem Bett, er half ihm sogar aus. Das machte ihn auf eine Weise kindhaft, die wirklich wichtig war. Er würde alles für andere tun, und Geheimnisse konnte er auch für sich behalten.
    Und so arrangierte man sich: Dolph würde auf seine Queste gehen, um das Geheimnis des Verschwindens des Guten Magiers zu lösen, und Mark Knochen würde ihn begleiten. Jetzt würde das Abenteuer beginnen.

2
Botschaft
    Am nächsten Morgen brachen sie auf und nahmen den Verzauberten Pfad nach Osten. Für einen Menschen war es ein zweitägiger Marsch, deshalb hatte Irene Dolph einen riesigen Rucksack mitgegeben, der vollgestopft war mit belegten Broten, Socken zum Wechseln, einem kleinen magischen Spiegel und ähnlichen unnützen Gegenständen mütterlicher Fürsorge. »Denk daran, daß du dir jeden Morgen das Gesicht waschen sollst«, hatte sie ihn ermahnt. »Auch hinter den Ohren. Vergiß das nicht!« Bei diesen Ermahnungen wäre Dolph vor Widerwillen am liebsten gestorben.
    Mark nahm nichts mit, denn er brauchte weder Nahrung noch Kleidung. Er war ein magisches Wesen, für das andere Gesetze galten. Je müder Dolphs Beine vom langen Marsch wurden, um so mehr beneidete er das Skelett.
    »Was hält dich am Laufen?« fragte er.
    »Magie. Und dich?«
    Ein tolles Gespräch! Offensichtlich besaßen Skelette keine besonders ausgeprägte Vorstellungskraft. Das war auch nicht weiter überraschend, wenn man an ihre hohlen Schädel dachte.
    »Ich habe Hunger«, sagte Dolph.
    »Deshalb hat deine Mutter dir auch belegte Brote eingepackt.«
    Diese
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