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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition)
Autoren: Brigitte Glaser
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Packer, und man trug die Couch
und den Glastisch und die zwei CD -Regale
und die komplette Stereoanlage und noch bedenklich viel mehr an ihm vorbei nach
draußen und fütterte einen schier unersättlichen Möbelwagen. Währenddessen lag
die Gurke lang und dunkelgrün vor ihm und begann ihn auf merkwürdige Weise zu
faszinieren, bis einer der Männer sie kurzerhand auf die Fensterbank legte, um
das Schränkchen wegzutragen, das ihm, wie er sich mit einem Mal entsann, auch
nicht gehörte. Nichts gehörte ihm.
    Bis auf die Küche.
    Er unterbrach seinen Spaziergang entlang der Promenade
und blinzelte durch den stärker werdenden Regen hinaus auf den Rhein. Das
Wasser lief ihm in den Nacken.
    Gut zwei Stunden waren vergangen, seit er losgezogen
war, immer den Fluss entlang, vom Dom hoch Richtung Rodenkirchen, kehrt und
wieder zur Bastei, den Wind als Gegner und als Freund, nass wie ein Lurch.
Lastkähne zogen durchs kräuselige Schwarz. Wie urzeitliche Krokodile, dachte
er, was ihn prompt daran erinnerte, dass sie auch die Dias von der
Amazonasfahrt mitgenommen hatte, alle fünf Kästen, und den Projektor und die
Leinwand obendrein.
    Aber er brauchte keine Bilder, um der Wirklichkeit zu
vertrauen. Er hatte immer noch die Gurke. Mitgenommen auf diese nächtliche
Streife. Nur, dass er diesmal einer Flüchtigen auf der Spur war, die er nicht
würde verhaften können. Musste sie laufen lassen.
    Hm.
    Warum die Gurke eigentlich nicht essen?
    Aber ja, mach aus der Niederlage einen Sieg! Streiche
die Gurke von der Liste deiner Animositäten, widme sie der Ausbrecherin, die
sich nicht geschämt hat, dein Herz noch obendrauf zu packen auf den Berg
gestohlener Erinnerungen. Sollst sie dir sonst wohin stecken, was? Allerdings,
mein Schatz! Ab heute sei die Gurke rehabilitiert, oft und gern verschlungen,
liebevoll verdaut, eine hochgeschätzte Kostbarkeit im Fundus all der
Rezepturen, die drei Meter Ikea-Regal gefüllt hatten, bis dem großen Raub auch
das Regal zum Opfer gefallen war.
    Marodeurin!
    Er beschnupperte die Gurke, zögerte und biss hinein.
    Ein Genuss!
    Wie hatte er nur jemals glauben können – mhhmmmm!
    Diese hier, das war kein Treibhausklon. Sicher vom
Gemüsemann auf der Neusser Straße, dessen Rasierwasser der Duft frischen,
feuchten Basilikums war, konspirativ herübergereicht wie eine Flasche guten
Weines. Hätte sie ihm eine solch phänomenale Gurke geschenkt, wenn sie ihn
nicht immer noch liebte?
    Knack, spritzender Saft im Mund. Mit jedem Stück
fühlte er die Lebensgeister in sich zurückfließen, atmete tief durch, biss ab,
verfiel in einen Fressrausch, ließ den Regen Beifall prasseln, bis ein
ungeheurer Blitz die Schwärze jäh zerriss und krachend niederging, direkt über
dem Dom.
    Für die Dauer eines Augenblicks war Köln in weiße
Gischt getaucht.
    Weltuntergang.
    Dann wieder gleichmäßig niederströmender Frieden.
    Romanus Cüpper grinste den Rest seiner Gurke an,
schüttelte das Wasser aus den Haaren und ging heim.
    Es war der 23. Juni.
    Mitternacht.
    BAZAAR
    Der Regen wurde dichter.
    Schritte schürften über Treppenmarmor, unregelmäßig,
aber beharrlich dem fünften Stock zustrebend. Der Urheber passierte idyllische
Szenen hinter verschlossenen Türen. Blaubeleuchtete Familien vor
Fernsehapparaten. Kinder, brav zu Bett gegangen, Licht aus, Küsschen, Decke
übern Kopf, Nintendo. Alte Paare, einander in den Wahnsinn schnarchend.
Unparteiisch nur das Treppenhaus, ein Niemandsland. – Und nun ein Jemand, der
sich anschlich in der Anonymität der Nacht.
    Der Jemand blieb stehen und keuchte. Vor ihm eine
Wohnungstür, einen Spaltbreit geöffnet.
    Regungslos verharrte die Gestalt, streckte dann
zögernd eine Hand aus, bis die Fingerspitzen das lackierte Holz berührten, um
den Kontakt gleich wieder zu verlieren. Mit kaum wahrnehmbarem Rauschen schwang
die Türe weiter auf und gab den Blick frei in einen anderen Zustand der
Dunkelheit, wie er nur bewohnten Räumen zu eigen ist, ein Schwarz voller
Andeutungen, Körperlichkeiten und wechselnder Standorte, eine vertraute, fremde
Welt.
    Wieder erstarrte die Gestalt. Sie schien zu überlegen.
Ihr Keuchen wurde heftiger.
    Dann setzte sie sich langsam in Bewegung, stieß die
Tür ganz auf, drang ein und verlor sich in der Lichtlosigkeit des
dahinterliegenden Raumes, als hätte es sie nie gegeben.
    CÜPPER
    Fast zu Hause.
    Tausend Gedanken führten in Cüppers Schädel ein
chaotisches Dasein, während sich der Magen unbeeindruckt an die Arbeit machte,
Säure
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