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Himmel, Polt und Hölle

Himmel, Polt und Hölle

Titel: Himmel, Polt und Hölle
Autoren: Alfred Komarek
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weg. Dann bleibt die Sache mit dem
Gemeindehaus und der Feuerwehr, der gestohlene Hahn und das tote Reh, der Löwe
vom Kriegerdenkmal, die Buttersäure in der Schule und dein ruinierter Wein. Ich
erzähl dir einfach, was ich so vermute. Und sei nicht gleich beleidigt, wenn
du auch eine Rolle dabei spielst.“
    Der Mesner lachte. „Doch schön, wenn ich einmal im
Leben nicht übersehen werde.“
    „Also, der Pfarrer hat mich darauf gebracht. Er
sagt, es ist auch seine Schuld, daß aus dem Bartl, dem Fürst und dir Verlierer,
Außenseiter geworden sind. Kommt das so hin?“
    „Naja, jeder macht sich sein Leben selber. Aber Verlierer
ist schon das richtige Wort für uns, für alle drei. Wir haben uns gegenseitig
nichts vorspielen müssen.“
    „Und dann hat der Pfarrer gemeint, euch wären ein
paar bsoffene Gschichten schon zuzutrauen.“
    „Da hat er nicht unrecht. Aber wenn diese Vorfälle
wirklich zusammenhängen, kann's nicht stimmen.“
    „Warum nicht?“
    „Das Reh und - mein Wein. Da hört sich der Spaß
nämlich auf.“
    „Ganz meine Meinung. Aber es könnte natürlich sein,
daß jemand Hirngespinste mit der Wirklichkeit verwechselt. Im Vollrausch ist
man ein anderer Mensch, im Delirium erst recht.“
    „Realitätenverlust ist der Fachausdruck dafür.“
    „Oder so ähnlich.“ Polt zog eine Spielkarte aus der
Tasche. „Kannst du was damit anfangen?“
    „Natürlich. Die Pique Dame vom Franzi. Er hat viel
darauf gehalten.“
    Polt gab dem Mesner die Karte. „Da, lies.“
    „Ich war's, schreibt er“, murmelte Halbwidl. Dann
blickte er auf, und in seinem alten Bubengesicht war ein Lächeln, das Polt nicht
deuten konnte. Wortlos und mit ruhigen Händen zerriß der Mesner die Karte in
kleine Fetzen, die er zu Boden fallen ließ.
    „Sag einmal, spinnst du?“
    „Nicht mehr als andere.“ Der Mesner roch an seinem
Weinglas. „Ist dir das schon aufgefallen, Simon? Das Glas ist leer, aber die
Seele vom Wein ist immer noch drin. Die ersäuft erst später im Abwaschwasser.“
    „Könnte vom Franz stammen, dieser Satz.“
    „Sehr gut. Setzen!“ Der Mesner füllte die Gläser.
„Und jetzt weiter, Herr Gendarm.“
    „Wenn du meinst. Du hast einmal gesagt, daß vielleicht
jemand den Leuten im Wiesbachtal etwas heimzahlen will. Gibt's einen
einzelnen, dem man das alles zutrauen kann?“
    „Naja. Einer fällt dir wahrscheinlich genau so ein
wie mir: der Paratschek, noch dazu, wo die Sache mit dem Löwen passiert ist.
Andererseits, Simon, er kann's auch nicht sein. Das Reh..., meinetwegen, einem
frustrierten Jäger trau ich alles mögliche zu. Aber das Weinfaß, weißt du? Der
Paratschek ist ein boshafter Mensch, aber kein gemeiner Verbrecher.“
    „Gelegenheit hätte er dazu gehabt.“
    „Ja, schon. Aber ich kann nicht daran glauben. Wer
war das wirklich mit dem Weinfaß, Simon? Das ist die Frage. Wer tut mir so was
an?“
    Es blieb lange still im Preßhaus. Nur eine große
Fliege summte.
    „Du“, sagte Polt dann, „du selbst hast es dir
angetan.“
    Firmian Halbwidls Gesicht zeigte Erstaunen oder Erschrecken.
„Das mußt du mir aber genauer erklären.“
    „Ich Versuchs. Handfeste Beweise gibt es bis jetzt
aber keine, und recht muß ich auch nicht haben, das sage ich gleich dazu. Na
gut. Der Firmian Halbwidl als Gemeindearbeiter. Fleißig für zwei, voller
Ideen. Wird gekündigt, weil er Unruhe stiftet mit seinem Ehrgeiz. Der Feuerwehrmann
Halbwidl wird dem Hauptmann zu vorlaut und muß gehen. Firmian, der
Hilfsbereite, bringt die Jäger auf seinem Traktoranhänger zum Wald, nimmt eine
Kurve zu eng, der Anhänger kippt in den Graben. Die Jäger verjagen ihn mit
Schimpf und Schande. Aber du bist hart im Nehmen und hast Humor. Das läßt dich
viel ertragen, noch dazu, weil du ja Mesner bist, was Besonderes eben. Einer,
der das Vertrauen des Pfarrers hat, der viel über die Leute im Dorf weiß, und
einer, der - den Pfarrer einmal ausgenommen - viel öfter der Amalie nahe ist,
als irgendwer sonst. Und dann der Schock. Der Pfarrer will dich nicht mehr haben.
Du weißt genau, daß er nur eifersüchtig ist, daß er einfach die Macht seines
Amtes ausspielt, damit er dich kaltstellen kann. Du mußt ihn gehaßt haben
dafür. Die Enttäuschungen und Demütigungen deines Lebens tun jetzt so weh, daß
es nicht mehr zum Aushalten ist. Aber dann hat der duldsame Firmian eine
boshafte Idee: Sollen doch alle, die ihn gekränkt haben, zu spüren bekommen,
wozu er fähig ist. Erst einmal reagierst du dich noch halb
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