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Himmel, Polt und Hölle

Himmel, Polt und Hölle

Titel: Himmel, Polt und Hölle
Autoren: Alfred Komarek
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Sie eine erfahrene Frau sind, die sich auskennt mit dem Leben. Dem armen
Firmian Halbwidl ist ein ganzes Weinfaß mit Essigsäure verdorben worden. Können
Sie sich bei uns im Wiesbachtal jemanden vorstellen, der so was fertigbringt?“
    Frau Habesam überlegte nicht lange. „Nein. Da muß
eher ein Mensch dran glauben. Aber passiert ist es. Also war's ein Verrückter.
Wollen S' nicht doch was kaufen, Herr Polt? Seife könnt vielleicht nicht
schaden.“
    „Dreck ist gesund und härtet ab.“
    „Dann können S' ja gleich mit dem Bartl Bruderschaft
trinken. Haben Sie übrigens gewußt, Inspektor, daß er in jungen Jahren in Breitenfeld
in die Mittelschule gegangen ist? Leicht hat er es zu Hause aber nicht gehabt.
Wenig zu essen, jede Menge Prügel. Sein Vater, der Gregor, war Händler in der
Gegend. Stinkreich und so geizig, daß er am Ende erfroren ist, weil er im
Winter nicht geheizt hat.“
    „Und der Bruno?“
    „Der hat seinem toten Vater alles heimgezahlt. Der
Name Barrl hat einmal was gegolten im Wiesbachtal. Der Bruno hat damit Schluß
gemacht, hat mit dem Lernen aufgehört, Hof und Weingärten versoffen und eine
Frau geheiratet, die sonst keiner genommen hat. Nach dem ersten Kind ist sie
gestorben. Ich seh den Bartl noch vor mir, wie er am offenen Grab gestanden
ist. Wieder jemand weniger, hat er gemurmelt. Ich hab eigentlich geglaubt,
daß er ihr bald nachgehen wird.“
    „Und das Kind?“
    „In irgendeinem Heim.“
    „Freunde hat er nie gehabt, der Bruno?“
    „Da kennen Sie das Dorf schlecht, Inspektor. Wer
nichts hat, ist nichts. Und so einem weicht man besser aus.
    „Aber der
Halbwidl und der Fürst, die waren doch in den letzten Jahren ganz gut mit dem
Bartl. Und dann noch die Amalie Pröstler!“
    „Warum nicht? Hat keiner dem anderen was vormachen
müssen. Naja, bei der Frau Pfarrersköchin hat wenigstens das Äußere gestimmt.
Aber jetzt ist die schöne Larve weg. Wann ist denn endlich das Begräbnis?“
    „Weiß nicht.“
    „Das kennt man, von der Gendarmerie. Ist der Halbwidl
übrigens noch Mesner? Oder hat der Pfarrer den alten Kerzlschlucker endlich
hinausgeschmissen?“
    „Warum endlich, Frau Habesam? Der Firmian ist doch tüchtig in seinem Amt.“
    „Der bessere Pfarrer, nicht wahr? Der bessere Bürgermeister
war er auch schon einmal, als Gemeindearbeiter. Lassen S' mich in Ruhe mit
dem.“
    „Es mag ihn halt keiner so recht. Aber einen
richtigen Feind hat er nicht, oder?“
    „Höchstens sich selber. Wollen S' nicht doch was
kaufen, Herr Inspektor?“
    „Ein anderes mal.“ Polt setzte sein Fahrrad in Bewegung.
    „Falsche Richtung! Die Karin wohnt da hinten.“
    „Ich will aber nach Hause, endlich.“
     
    Polt hatte das Fahrrad den ganzen Weg über neben
sich her geschoben. Als er zu Hause ankam, war er todmüde. Er räumte Franz
Fürsts Habseligkeiten in eine leerstehende Kammer, in der früher Kaninchen
gehalten worden waren. Dann kramte er die schmale Broschüre hervor, die ihm
der Lehrer einmal gezeigt hatte. Der Hut auf dem Umschlag war ihm inzwischen
ebenso vertraut wie dieses seltsame Wort: Revolit. Da war alles drin, vom
idealistischen Anfang bis zum ausweglosen Scheitern.
    Unwillkürlich suchte Polt nach Ansatzpunkten für
seine eigenen Gedanken. Wer
andere erniedrigt, zeigt damit, daß er niedrig ist, las er, oder Versöhnung
ohne Veränderung ist ein billiger Trost. Veränderung ohne Versöhnung aber
bleibt krampfloaft und führt leicht zum Terrorismus. Ja, und dann noch: Das
schlimmste Übel, an dem die Welt leidet, ist nicht die Stärke des Bösen,
sondern die Schwäche des Besseren.
    „Danke, Franz Fürst“, murmelte Simon Polt, „und zur
Hölle mir dir.“
     
    Mein
ist die Rache
     
    Am nächsten Morgen machte Polt eine für ihn neue Erfahrung.
Er fühlte deutliches Unbehagen, als er in seine Uniform schlüpfte. Auf dem Weg
zur Wachstube sah er, daß die Tür zum Kirchenwirt schon offenstand, trat ein
und bestellte Kaffee.
    „Na, Simon?“ Franzgreis schaute Polt aus
verschwollenen Augen an, es war für ihn wohl spät geworden, gestern. „Eilig
hast du es heute aber nicht mit der Arbeit.“
    Der Gendarm nickte nur.
    „Schnapserl gefällig? Hilft manchmal.“
    „Mir nicht.“ Polt zahlte und ging.
     
    „Guten Morgen, Simon!“ Harald Mank warf einen Blick
auf die Uhr. „Nicht aus den Federn gekommen, wie? Was macht übrigens die Karin
Walter?“
    „Woher soll ich das wissen? Gibt's was Neues?“
    „Der Kratky wird ungeduldig, du sollst ihn
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