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Hilfe, die Googles kommen!

Hilfe, die Googles kommen!

Titel: Hilfe, die Googles kommen!
Autoren: Tobias Mann
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Helfer vor dem Rechner und ließ tippen – es war dann also letztlich eher »begleitetes Twittern«, aber immerhin.
    Man braucht davor keine Angst zu haben. Twitter ist für alle Beteiligten eine saubere Sache. Das ist auch der Grund, warum so viele von Natur aus öffentlichkeitsscheue Promis den Mi­krobloggingdienst für sich entdeckt haben. Von Kultregisseur Oliver Stone (@theoliverstone) über Paris Hilton (@ParisHilton) bis hin zu Steve Martin (@SteveMartinToGo) twittern sich die Stars die Seele aus dem Leib. Da gewinnt man in einem Tag oft persönlichere Einblicke in das Leben der Reichen, Berühmten und zuweilen auch Schönen, als man mit einem Jahresabonnement von Bunte und Gala zusammen bekommen kann. Einige der sonst so Unnahbaren nutzen den Dienst auch dazu, aggressiven Paparazzi das Geschäft zu versauen, indem sie via Twitter Babybilder, Hochzeitsfotos, Partyschnappschüsse sowie Aufnahmen aus der Entzugsklinik und/oder aus dem Gefängnis einfach selber in die Welt hinausschicken. Demi Moore und Ashton Kutcher haben ihre gesamte Trennung bei Twitter ausgebreitet. Haben Sie nix von gehört? Na, dann lesen Sie wohl immer noch Das neue Blatt und sind nicht bei Twitter.
    Glauben Sie mir, Sie sollten sich schleunigst anmelden, bevor die Sache wieder vorbei ist. Denken Sie nur, wie anders unsere heutige Sicht auf Persönlichkeiten der Weltgeschichte sein könnte, wenn wir über Twitter ganz unmittelbar ihre individuellen Befindlichkeiten erfahren hätten:
    @napoleon: Waterloo ist ein Drecksloch. Wäre ich besser mal auf Elba geblieben. #schlacht #keinspass
    @marieantoinette: Fühle mich ohne Ludwig sehr kopflos. ­#libertefraterniteegalite
    @ludwig_xiv: Hätte jetzt Lust auf nen Habsburger mit Tomaten und Käse. #fastfoodinversailles
    @dschingiskhan: Hu! Ha! #grrrrr
    @cheguevara: So’n Kapitalist will mein Foto auf T-Shirts drucken. Ha, als ob das jemand kaufen würde. ROFL! #textilrevolution
    @bismarck: War heute angeln. Hab den Fisch nach mir benannt und wieder reingeschmissen. #fischtaufe
    @deraltefritz: Auf geht’s, Follower! Heute ist Kartoffelbefehl! Man bringe mir eine Fritteuse! #fastfoodinpreussen
    @grosseralexander: Drei, drei, drei – bei Issos Keilerei. #reimevomschlachtfeld
    @heinzerhardt: Ich steh im Regen und muss zittern, das Handy ist zu nass zum Twittern. #nochngedicht
    Als selbst der Papst Ende 2012 ankündigte, unter dem Usernamen @pontifex zu twittern, war ich natürlich sehr überrascht. Die Internetgemeinde jubelte »Halleluja! Der Papst macht mit bei sozialen Netzen« – erfreulich, da Katholiken bis dato im Internet eher im Bereich der asozialen Websites aufgefallen waren. Denken Sie an die Asis von kreuz.net. Auf einmal waren die Hetzer offline, aber ihr oberster Hirte online wie nie. Viele brave Kirchgänger in aller Welt fragten sich natürlich verängstigt: »Der Papst twittert? Was ist das für eine Sauerei? Darf man das denn als Katholik? Und verstößt das nicht sogar gegen den Zölibat?« Na klar darf ein Kirchenmann twittern. Der Papst muss es sogar. Wo heute schon alle Daten in der Cloud, also in der Wolke, gespeichert werden, kann die Kirche den Himmel doch nicht kampflos der IT-Branche überlassen. Auf einmal hatte Zwitschern nicht mehr nur etwas mit Messwein zu tun. Die spannende Frage war nun, welche Tweets der Vatikan senden würde. Anfänglich waren es viele Segnungen und religiöse Aphorismen.
    Ich persönlich hätte mir ja eher etwas in dieser Richtung gewünscht:
    @pontifex: Schöne Deckenmalereien hin oder her – in der Sixtinischen Kapelle zieht’s wie Sau! #hechtsuppe
    @pontifex: Bin ganz stolz. Hab seit dem letzten Konklave nicht geraucht! #luckystrike
    Seine Internetaktivitäten haben Benedikt dann aber wohl dermaßen überfordert, dass er zurückgetreten ist. Der Pontifex war letzten Endes auch auf Twitter mit seinem Latein am Ende. Was vom nächsten Papst noch kommt, weiß Gott allein. Vielleicht erfahren wir irgendwann via Twitter auch persön­liche Dinge aus dem Vatikan. So ein Einblick wäre spannend. Schließlich könnte auch die Bibelexegese mit Twitter-Protokollen zwar nicht völlig anders, zumindest aber authentischer ausfallen:

    @Old_Jakobus: Jesus hat Wasser zu Wein gemacht – super. Leider sehr lieblich. Das gibt nen dicken Kopf. #schaedelsprenger
    @Young_Jakobus: Hatten Brot für 12. 5000 wurden satt. Himmlisches Catering. Aber wo ist die Worscht! #himmelhilf
    @Matthaeus_rockt: Er versucht übers Wasser zu gehen. Gott, ist der voll!
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